Domplatz St. Pölten soll laut Stadler nicht "autofrei" werden

Bürgermeister Matthias Stadler und Stadtarchäologe Ronald Risy präsentieren bei einem Pressegespräch die archäologischen Befunde des Jahres 2015 und geben einen Ausblick auf die Grabungssaison 2016 sowie die Attraktivierung des Domplatzes. | Foto: Koutny
2Bilder
  • Bürgermeister Matthias Stadler und Stadtarchäologe Ronald Risy präsentieren bei einem Pressegespräch die archäologischen Befunde des Jahres 2015 und geben einen Ausblick auf die Grabungssaison 2016 sowie die Attraktivierung des Domplatzes.
  • Foto: Koutny
  • hochgeladen von Bezirksblätter Archiv (Johannes Gold)

ST. PÖLTEN (red). Bürgermeister Matthias Stadler ließ vor wenigen Wochen mit einer neuen Idee aufhorchen, am Domplatz einen Anziehungspunkt für die Innenstadt zu schaffen. Es sollen die archäologischen Funde dargestellt, ein gastronomisches Angebot geschaffen und ein architektonischer Akzent gesetzt werden. Damit werde der Multifunktionalität des Platzes Rechnung getragen und eine möglichst hohe Besucherfrequenz erzielt.

„Von den archäologischen Ausgrabungen wissen wir, dass im nördlichen Bereich des Domplatzes zur Zeit Aelium Cetiums ein römisches Badehaus stand, das in seiner Form und Größe einzigartig im gesamten Römischen Reich war und später als Kirche verwendet wurde. Ich schlage eine Erweiterung er vorgenommenen Planungen mit den ausgewählten Architekten für einen attraktiven Akzent am Domplatz vor. Die Jury und die Architekten sollen sich aufgrund der sensationellen archäologischen Befunde nochmals mit dieser Idee befassen. Wie das am Ende genau aussehen kann, müssen die Architekten sagen. Es soll ein Anziehungspunkt für die St. Pöltner und Touristen entstehen.“

Bürgermeister Stadler verweist darauf, dass die vorgelegten Visualisierungen eines Glasgebäudes die Darstellungen einer Idee sind, wie man die archäologischen Befunde präsentieren, ein gastronomisches Angebot schaffen und einen architektonischen Akzent setzen könnte. Jedenfalls soll die Neugestaltung des Domplatzes eine multifunktionale Nutzung ermöglichen und laut Stadler wird der Platz auch nicht autofrei werden, wie in einer Aussendung mitgeteilt wird.

Schaufeln, Kellen und Pinsel liegen bereit

Die Grabungsarbeiten wurden offiziell nach der Winterpause am 1. März mit vorbereitenden Arbeiten wieder aufgenommen. Geplant ist, die unmittelbar vor der Domkirche liegende, bereits im Vorjahr geöffnete Fläche noch vor Ostern abzuschließen. Danach konzentrieren sich die Arbeiten auf jenen Bereich, wo sich die ehemalige Doppelkapelle, respektive der Karner befand. Je nach Fortschritt der Arbeiten werden weitere Flächen geöffnet. Durch die Errichtung der Aussichtsplattform und anderen Veranstaltungen wird dem großen Interesse seitens der Bevölkerung wieder Rechnung getragen.

Zahlen und Fakten zur Grabungskampagne 2015 am Domplatz

2015 wurden 907 Tonnen Erdmaterial händisch mit Krampen und Schaufeln bzw. mit Pinsel und Kelle abgegraben. Das Fundmaterial 2015 aus mehr als 4.300 Einzelbefunden füllt allein ca. 123 Bananenkartons, die schätzungsweise mehr als 35.000 Einzelstücke enthalten. Darüber hinaus kamen 2.227 Kleinfunde, sowie 221 Münzen zum Vorschein. Mehr als 40.000 Fotos wurden aufgenommen.

Die Zahl der bisher geborgenen menschlichen Überreste liegt derzeit bei 9.821 Individuen, die fast alle anthropologisch untersucht sind. Dabei stellt die Freilegung von insgesamt 3.104 Individuen im Jahre 2015 einen absoluten Rekord dar.

Zum Befund 2015

In den beiden ersten Teilflächen an der Westseite des Platzes, wo man sich strikt an einen Meter Ausgrabungstiefe gehalten hat, kamen ausgenommen eines neuzeitlichen Kalkbeckens vor allem Bestattungen zum Vorschein. Bemerkenswert ist eine frühmittelalterliche Grablege, die mit einer wunderschönen Scheibenfibel ausgestattet war.

Die dritte Fläche, unmittelbar vor der Südseite der Domkirche gelegen, erbrachte ein breiteres Spektrum an Befunden von der Römerzeit bis in die Neuzeit. Für die Römerzeit hervorzuheben sind eine fast vollständig erhaltene Fußbodenheizung von einem Meter Höhe, ein spätantiker Brunnen sowie eine den römischen Verwaltungspalast einrahmende Porticus, die über ein Fundament aus hunderten kleinen Rundhölzern errichtet wurde. Zwei Sammelgräber mit weit über 100 Individuen wurden ebenso freigelegt wie mehrere sogenannte Familiengräber mit bis zu 15 Individuen. Besonders spektakulär war die Entdeckung von mehreren Glockengießgruben, wo Glocken für die ehemalige Klosterkirche, den heutigen Dom, gegossen wurden.

Archäologie abseits des Domplatzes

Durch den nach wie vor anhaltenden Bauboom in St. Pölten wurden auch im letzten Jahr zahlreiche weitere archäologische Maßnahmen durchgeführt. Das Spektrum reicht von Künettenbeobachtungen bis hin zu richtigen archäologischen Grabungen im Vorfeld verschiedener Bauvorhaben.

1. Pottenbrunn
Im Vorfeld eines geplanten Wohnbauprojektes durch den Bauträger Heimat Österreich konnte ein bisher unbekanntes mittelbronzezeitliches kleines Gräberfeld entdeckt werden.

2. Maximilianstraße
Völlig überraschend kamen auf einer Fläche von 10.700 m² Siedlungsspuren vom späten Neolithikum, der frühen und mittleren Bronzezeit, sowie der römischen Kaiserzeit zu Tage, die sich im Nahbereich von ehemaligen Bachläufen befanden.

3. Diözese-Infopoint
Hier konnten weitere Teile des spätmittelalterlichen Klosterkomplexes freigelegt werden, sowie die ursprüngliche Raumordnung innerhalb des barocken Klosters.

4. Schulgasse
Die kleine Grabung im Innenhof der Liegenschaft Schulgasse 4 war insofern von Bedeutung, als der einzige bisher noch nicht archäologisch nachgewiesene innerstädtische römische Straßenzug in seiner Lage fixiert werden konnte.

5. Schmiedgasse 10
Hier wurde nachgewiesen, dass dieses Haus auf den Resten der spätmittelalterlichen Stadtmauer errichtet worden war.

Alle diese Untersuchungen sind nicht willkürlich initiiert, sondern aufgrund von geplanten Bauvorhaben aufgrund der Gesetzeslage durchgeführt worden. Sie bezeugen erneut, dass es notwendig ist, die vielen Bauvorhaben im Stadtgebiet von St. Pölten archäologisch zu begleiten und seitens des Magistrats für die jeweilige Bauherrenschaft eine konkrete Ansprechperson in diesen Belangen anbieten zu können.

Bürgermeister Matthias Stadler und Stadtarchäologe Ronald Risy präsentieren bei einem Pressegespräch die archäologischen Befunde des Jahres 2015 und geben einen Ausblick auf die Grabungssaison 2016 sowie die Attraktivierung des Domplatzes. | Foto: Koutny
So ist der Plan für 2016: Die grün eingezeichneten Flächen sollen in diesem Jahr archäologisch erkundet werden. | Foto: Koutny

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:34

Fische sind Glückskinder des Monats
Horoskop – das sagen die Sterne im Mai

Wir sind angekommen, im Wonnemonat Mai. Ob es für die zwölf Sternzeichen wirklich romantisch wird, das wissen Astrologe Wilfried Weilandt und Astroshow-Moderatorin Sandra Schütz. Und diesmal mit dabei: Violinistin Barbara Helfgott. ÖSTERREICH. Auf den Mai freuen dürfen sich alle Fische, die zählen nämlich – mit 100 Prozent in sämtlichen Bereichen – zu den Glückskinder des Monats. Ein wenig mehr Geduld müssen hingegen die Krebse haben. Die sind zwar die Pechvogerl des Monats Mai, haben es im...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.