Landesgericht St. Pölten
Krankenpfleger verabreichte Schein-Impfungen
Um seine Spiel- und Drogensucht zu finanzieren, genügte es einem 58-jährigen, diplomierten Krankenpfleger aus dem Großraum St. Pölten offenbar nicht, Kokain an andere Personen zu verkaufen. Er nutzte zwischen November 2021 und Jänner 2022 auch seinen Einsatz in der Corona-Impfstraße „St. Pölten-Traisencenter“ als impfberechtigter Mitarbeiter der Notruf Niederösterreich GmbH, Impfungen an impfunwillige Personen vorzutäuschen und dafür je 100 bis 200 Euro zu kassieren.
ST. PÖLTEN (ip). Am Landesgericht St. Pölten musste sich der Mann gemeinsam mit 14 Mitangeklagten, großteils aus den Bezirken St. Pölten und Lilienfeld, wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten, wegen der Fälschung von Beweismitteln als Beteiligter, sowie wegen Suchtgifthandels verantworten.
Als Zweitangeklagter sah sich ein 48-Jähriger mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe als Vermittler fungiert und Impfmuffel in jene Kabine geschickt, in der der Erstangeklagte tätig war. Dort machten sie, laut Strafantrag, den Oberarm frei. Der Krankenpfleger habe das Serum jedoch ohne Nadel am Arm seiner „Kunden“, oder in den Mülleimer entleert, danach bestätigte er die Verabreichung der Impfung und verhalf den Personen so zu gefälschten Impfzertifikaten, die sie für den Zutritt einiger Bereiche benötigten.
Staatsanwalt Bernd Schneider rechnete die Einnahmen des Krankenpflegers und des Zweitangeklagten hoch. Die vorerst nachgewiesenen Beträge in Höhe von 13.500 bzw. 600 Euro müssen die beiden Beschuldigten als Verfall dem Staat zukommen lassen.
Ebenfalls als Vermittler, vor allem seiner Verwandtschaft, musste sich ein 44-jähriger Wiener verantworten, während die zwölf weiteren Beschuldigten „nur“ die Dienste des Impfberechtigten in Anspruch genommen hätten, um an gefälschte Zertifikate zu kommen. Zwei von ihnen bestritten die Vorwürfe, das diesbezügliche Verfahren schied Richter Markus Grünberger vorerst aus. Die anderen zehn Beschuldigten nahmen die Diversionsangebote, teilweise in Form von Sozialarbeiten, teilweise als Geldbußen an. Druck seitens der Arbeitgeber und ihres sozialen Umfeldes gaben sie als Hauptmotiv der kriminellen Aktion an.
Der unerlaubte Umgang mit Drogen, bzw. der Verkauf von Kokain war beim Hauptangeklagten ausschlaggebend für die bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die Grünberger mit Bewährungshilfe und der Weisung zur Suchtberatung ergänzte. Im Zusammenhang mit den Scheinimpfungen sprach er den Hauptakteur, sowie die beiden Vermittler nur wegen der Fälschung von Beweismittel als Beteiligte schuldig, zumal der Oberste Gerichtshof erst kürzlich entschied, dass eine versuchte vorsätzliche Gefährdung von Menschen eine vorhandene Infektion voraussetze, was hier nicht der Fall gewesen sei. Ihrem Anteil entsprechend erhielten die beiden Vermittler Bewährungsstrafen von fünf bzw. drei Monaten Haft, wobei sich die Geständnisse, beim Hauptangeklagten auch die Kooperation mit den Behörden entsprechend mildernd auswirkten. Die Urteile sind vorerst nicht rechtskräftig.
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