Babymord: Eltern vor Gericht

Der Vater des getöteten Babys | Foto: Probst
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ST. PÖLTEN (ip). Hinter einer blauen Mappe versteckte sich der, wegen Mordes an seinem dreieinhalb Monate alten Babys angeklagte Waldemar O., als er schwer bewacht in den Schwurgerichtssaal in St. Pölten geführt wurde. Auch die mitangeklagte Mutter des Säuglings, die mittlerweile wieder in Polen lebt, zeigte sich äußerst medienscheu und wies ebenso wie der polnische Kindesvater schon zu Beginn des Prozesses jede Schuld von sich.

Mutter bemerkte blaue Flecken

Mit grausamen Details konfrontierte Staatsanwältin Kathrin Bauer die Geschworenen. Ihren Ausführungen zufolge kam der kleine Maximilian im Oktober 2016 als Frühchen zur Welt. Ungewollt und ungeliebt von seinen Eltern wurde er am 23. Dezember in das Haus des Paares in St. Pölten geholt, wo es nach sechs Wochen unglaublicher Gewalteinwirkungen am 11. Februar 2017 zu tödlichen Verletzungen kam. Die Hauptfrage an die Geschworenen: Hat der 31-jährige Vater, der sich ab Mittag um seine beiden Söhne zu kümmern hatte, den Säugling derart misshandelt, dass es gegen 20 Uhr zu einer lebensbedrohlichen Situation kam und das Baby trotz umfangreicher medizinischer Maßnahmen in den Morgenstunden verstarb? Hat der Vater mit seiner „Betreuung“ den Tod des Kindes in Kauf genommen?
Der 26-jährigen Mutter seien, ihrer Aussage nach, blaue Flecken bei Maximilian aufgefallen und etwa ab Mitte Jänner habe der Kleine fast nur mehr geschrien und geweint. Für alles habe Waldemar Erklärungen gehabt, auch dafür, warum wichtige Kontrolltermine beim Arzt nicht wahrgenommen wurden. Eine Krankenhausrechnung in Höhe von 60.000 Euro habe er als Irrtum bezeichnet, obwohl das Fehlen einer E-Card die Kosten verursachte. Seine Mutter habe gemeint, Waldemar leide an „Lügensucht“ und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung. Das, vom Krankenhaus mitgegebene Kontrollgerät zur Atmungskontrolle des Säuglings habe man frühzeitig zurückgegeben, da es öfter zu Fehlalarmen gekommen sei. Sie selbst habe Maximilian sicher nie verletzt oder misshandelt.

Frühgeburt angeblich absichtlich herbeigeführt

„Der Vorwurf, für den Tod des eigenen Kindes verantwortlich zu sein, ist so ziemlich der größte Albtraum, der einer Mutter passieren kann“, meinte Verteidiger Wolfgang Blaschitz zum Vorwurf der Staatsanwältin, wonach der Frau die Verletzungen und die starke Wesensveränderung bei dem Säugling aufgefallen sein müssen. Sie habe nichts unternommen, keinen Arzt aufgesucht oder weitere Misshandlungen verhindert. Sie habe dem Mann am 11. Februar die beiden Kinder überlassen und sei zu einem „Damenkränzchen“ nach Wien gefahren und erst gegen Mitternacht nach Hause gekommen, obwohl sie zahlreiche Nachrichten vom Kindesvater erhalten habe, in denen er sie dringend aufforderte zurückzukommen. Auf Nachrichten wie „Komm zurück, beide weinen“, „Ich bin überfordert“, „Du hast Scheißkinder und ich bin alleine“ reagierte sie unter anderem mit „Geh mir nicht auf die Nerven!“.
„Höchstwahrscheinlich ist Ihr Max zu dieser Zeit schwerst verletzt worden und Sie haben weitergefeiert!“, meinte die vorsitzende Richterin Andrea Humer. Selbst die Nachricht um ca. 20 Uhr „Max stirbt komm zurück wir fahren ins Spital“ habe die 26-Jährige ignoriert, nachdem sie O. zuvor bereits mit Trennung und Polizei gedroht habe.
Sie habe ihm nicht geglaubt, meinte die Beschuldigte, sondern gedacht, er wolle sie nur nach Hause locken. Außerdem habe sie nicht gewusst, dass seine Mutter erst am späteren Nachmittag zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung kam.
Laut Aussage des Kindesvaters habe die 26-Jährige bereits kurz nach der Geburt kundgetan, dass sie die Frühgeburt absichtlich herbeigeführt und gehofft habe, dass Maximilian die erste Nacht nicht überlebt. Sie habe auch erwähnt, dass sie das Kind an die Wand schmeißen werde, wenn es in der Nacht weiterhin weine.

Mehrere Brüche und Schädeltraumatisierungen

Den Schuldzuweisungen des Angeklagten stehen vor allem die gerichtsmedizinischen Gutachten gegenüber. Ausgehend von dem Gutachten des Neuropathologen Herbert Budka stellte Gerichtsmediziner Wolfgang Denk fest, dass es bei dem Säugling bereits Wochen zuvor mehrmals zu massiver Gewalt gekommen sei. Arm- und Beinbrüche, Serienrippenbrüche, sowie wiederholte Schädeltraumatisierungen durch heftiges Schütteln führten zu massiven Schmerzen bei dem Kind, das sich nur durch Schreien bemerkbar machen konnte.
Etwa vier bis fünf Stunden, bevor O. am 11. Februar um 20 Uhr den Notruf wählte, sei das Kind an den Armen, am rechten Fuß und im Gesichtsbereich kräftig gepackt und intensiv geschüttelt worden. Danach sei es zumindest zweimal mit dem Kopf heftig gegen eine harte Fläche gestoßen worden. Die Gewalteinwirkung führte zu einer schweren akuten Schädeltraumatisierung mit tödlicher Atem- und Hirnlähmung.
Neben den massiven Vorwürfen von Staatsanwältin Bauer, wonach es bei der Kindesmutter um das Quälen oder Vernachlässigen des unmündigen, wehrlosen Säuglings geht, konfrontierte Humer die Angeklagten auch mit deren Vorleben. Demnach hat sich das Paar 2014 via Internet kennengelernt. Zunächst lebte der Fleischer mit der gelernten Frisöse in Deutschland. Einmiet- und Internetbetrügereien führten zu Verurteilungen. An eine Haftstrafe konnte sich der Pole, seiner Aussage nach, nicht erinnern. Seine Angabe, er habe in einer Fleischerei in St. Pölten Land gearbeitet, hielt einer Überprüfung nicht stand. Nicht zuletzt handelte sich der 31-Jährige in der Justizanstalt St. Pölten ein weiteres Verfahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ein. Von einem Mithäftling in der Untersuchungshaft auf einschlägige Tätowierungen wie „Meine Ehre heißt Treue“ angesprochen, hinterließ der Pole mit seiner Faust mehrfache Knochenbrüche im Gesicht seines Kontrahenten.

Volle Zurechnungsfähigkeit

Gerichtspsychiater Werner Brosch bescheinigte den beiden Angeklagten volle Zurechnungsfähigkeit. O. weise zwar eine kombinierte Persönlichkeitsstörung auf, sei emotional instabil und reagiere explosiv ohne an Konsequenzen zu denken, für eine Anstaltseinweisung gebe es jedoch keine Voraussetzungen. Die 26-Jährige die, laut Bauer, durch ein entsprechendes Einschreiten den Tod des Kindes verhindern hätte können, sei auffallend kritikarm und leide an einer beträchtlichen Selbstunsicherheit, wertet Brosch.

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