Islam: Priester drückten in St. Pölten die Schulbank
ST. PÖLTEN (red). Die Diözese St. Pölten bringt das Großthema Islam ihren Priestern nahe. Im Rahmen der September-Priesterfortbildungswoche sind alle Priester innerhalb der nächsten vier Jahre an der Teilnahme verpflichtet. „Das Thema wird immer wichtiger und dringlicher“, erklärt Weihbischof Anton Leichtfried, zuständig für die Weiterbildung von Priestern der Diözese St. Pölten. Mit hochkarätigen Referenten habe man im Bildungshaus St. Hippolyt sich sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Islam beschäftigt.
Es sei der Versuch, diese Religion aus verschiedenen Sichtweisen zu betrachten. Nach einem Grundkurs über das Basiswissen zum Islam wurde die politische Situation im Nahen Osten und in Nordafrika näher erläutert. Weiters sprach der Ludwigsburger Religionsphilosoph Jameleddine Ben Abdeljelil über den „Islam von innen“. Auch heikle Themen wie die Konversion von Muslimen zum Christentum wurden besprochen. Wobei Weihbischof Anton Leichtfried darauf hinweist, dass Taufen erst nach einem einjährigen Katechumenat möglich sind. Auch das Verhältnis Islam und Christentum am Beispiel der Landeshauptstadt St. Pölten war ein Aspekt, etwa anhand der Fragen „Wo gibt es Moscheen und Gebetsstätten?“ Abschließend wurden diese Inhalte mit Blick auf den eigenen christlichen Glauben reflektiert.
Weihbischof Leichtfried stellte fest, es sei unter den Priestern ein großes Bedürfnis nach mehr Wissen über den Islam und seine verschiedenen Strömungen unter den Geistlichen da. Priester aus verschiedenen Kontinenten erzählten von ihren Erfahrungen: vom friedlichen und guten Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen in Uganda bis hin zur ständigen Bedrohung durch die Terrormiliz Boko Haram in Nigeria. Auch hierzulande brauche es immer mehr Informationen, da die Zusammenarbeit und Begegnungen der Religionen schon in vielen Bereichen im Gange sei: in der Schule, in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz.
In Wien oder Vorarlberg wäre der Umgang mit Muslimen schon geläufiger, in ländlichen Gegenden der Diözese St. Pölten sei das neu. Aber die rund 500.000 Muslime in Österreich würden sowohl ein Faktum darstellen als auch Herausforderungen an uns selber bedeuten. So müsse man als Christ vielleicht plötzlich Fragen wie diese beantworten? „Habt Ihr drei Götter“ - in Anlehnung an den Glauben an den dreifaltigen Gott. Oder: „Was passiert bei der Taufe?“ Oder: „Wer ist Jesus eigentlich für Euch?“ Da müssten dann Christen plötzlich Antworten auf Basisfragen des Glaubens geben. Und diese Begegnungen könnten für die eigene, christliche Religion sehr fruchtbar sein.
Der Islam sei jedenfalls Realität, egal ob es uns gefalle oder nicht. Dem müsse man sich stellen, die Zeit des „Monopols“ des Christentums bzw. der Kirche sei vorbei. Wenngleich Weihbischof Leichtfried einräumt, dass Veränderungen immer anstrengend seien und Neues auch Ungewissheit bedeute. Dort, wo es Kontakte und Begegnungen gibt, dort komme Positives in Bewegung. Er sei erfreut, dass die Priester der Diözese solch großes und lebhaftes Interesse zeigten. „Denn sich eine ganze Woche mit einem Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu beschäftigen, ist sicher nachhaltig“, zieht der Weihbischof ein zufriedenes Resümee. Mehr Wissen würde überdies einen respektvollen Umgang unter Christen und Muslimen fördern. Innerhalb der nächsten Jahre vier Jahre werden also alle Priester der Diözese St. Pölten sich intensiv mit dem Islam beschäftigen.
Neben dem Ludwigsburger Religionsphilosophen Jameleddine Ben Abdeljelil referierten der Grazer Professor Karl Prenner, „Die Presse“-Journalist und Orient-Experte Wieland Schneider, Johann Bruckner, Fachmann für Weltreligionen in Niederösterreich, Pater Josef Herget oder der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück.
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