Ein harter Kampf: Mensch gegen Teig!
Ich tausche Büro gegen Backstube und versuche mich einen Tag lang als Konditor bei Harald Taupe in Brückl.
Journalisten und Redakteure sind für viele Eigenheiten bekannt – früh aufstehen gehört wohl nicht dazu. Auch ich bin nicht dafür berüchtigt, im Morgengrauen bereits ansprechbar zu sein. Die erste Hürde wartet auf mich also schon lange, bevor ich meinen Dienst antrete: mein Wecker, der sonst um diese Uhrzeit beharrlich schweigt.
Zur Vorgeschichte: Immer mehr Kärntner arbeiten in Büros und verlieren die Vorstellung davon, wie es ist, handwerklich tätig zu sein. Ich will’s wissen, wie hart Tausende Kärntner ihr tägliches Brot verdienen, und gehe für einen Tag „richtig“ arbeiten. Über meine Erfahrungen lesen Sie in der WOCHE. Als Erstes will ich mich als Konditor verdingen. Der Brückler Meister Harald Taupe beweist Mut und nimmt mich in seiner Backstube auf.
Dort hat Meisterin Birgit Pötschger das Sagen. Für die St. Veiterin beginnt der Arbeitstag um zwei Uhr morgens. Nur unwesentlich später treffen die Gesellen Barbara Fasching und Oliver Fritz ein. Ich will nicht nachstehen und wage mich ebenfalls zu nachtschlafender Stunde ins „Verlies“ – wie die drei von der Backstube ihre Arbeitsstätte liebevoll nennen.
Ohne Umschweife kommt Birgit zur Sache. Sie überreicht mir Arbeitskleidung und zeigt mir meine erste Station: Eine Obsttorte muss belegt werden mit Erdbeeren, Kiwi und Mandarinenspalten.
Schneiden und Auflegen bereiten mir keine Probleme. Ich habe aber eine Frage: Die Form der Erdbeeren variiert auffällig – wie geht denn das mit der Symmetrie? Birgit lacht: „Die Torte wird stückweise verkauft – die Stücke müssen nicht alle gleich aussehen.“ Mit meinem fruchtigen Kunstwerk ist sie einigermaßen zufrieden – mit meinem Zeitaufwand nicht.
Nach dieser „Aufwärmrunde“ geht’s ans Aufdressieren von Windbeutel. Die Masse kommt mit Hilfe einer Spachtel in die Spritztüte, in engen Bögen kommt sie aufs Backpapier – für Birgit ist das eine Handbewegung. Klingt einfach, sieht einfach aus und birgt doch so viele Tücken: Zuerst verschwört sich die Spachtel gegen mich, die Masse landet überall, nur nicht in der Spritztüte, und dann macht mir die Form zu schaffen: Auch nach 20 Versuchen sehen meine produzierten Häufchen nicht wie Windbeutel aus. „Ich mache das ja seit 13 Jahren“, tröstet mich Birgit. – Und wieder die Sache mit der Geschwindigkeit …
Jetzt nimmt mich Oliver unter seine Fittiche: Ein Reindling soll entstehen; der Germteig steht im großen Behälter bereit. „Fünfmal 60 dag“, fordert Oliver. Alles klar! Ich will mir einen Batzen Teig herausholen, aber der Teig will nicht. In kleinen Mengen ist er durchaus zu zähmen, erstaunlich aber wie viel Kraft man benötigt, wenn es um mehrere Kilo geht. Endlich ist er ausgerollt. Jetzt wird er mit Rosinen, Zimt-Zuckermischung, Nüssen und Äpfel belegt. Das Fallenlassen der Zutaten ist einfach – das Zusammenrollen der Teigs, ohne alles wieder zu verlieren, wesentlich schwieriger.
Jetzt erinnern mich meine schmerzenden Beine daran, dass ich zur sitzenden Gattung der menschlichen Spezies gehöre – ich verdrücke mich wieder an meinen Schreibtisch.
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