Ausstellung 80 Jahre Befreiung
Ein künstlerischer Appell gegen Vergessen

- Schoenangerer und Angerbauer-Goldhoff (re.).
- Foto: Angerbauer
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Ausstellung „80 Jahre Befreiung“: 45 Künstler reflektieren in ihren Arbeiten die Schrecken der Vergangenheit.
STEYR. Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkriegs haben die Steyrer Künstler Johannes Angerbauer-Goldhoff und Andreas Schoenangerer die Ausstellung "80 Jahre Befreiung" organisiert und kuratiert.
Was ist die zentrale Botschaft der Ausstellung?
Schoenangerer: Die Befreiung vom Nationalsozialismus war ein internationales Gemeinschaftsprojekt. Die Thematik betrifft seither alle Menschen für alle Zeiten. Wir zeigen in dieser Ausstellung unterschiedlichste künstlerische Zugänge an öffentlichen Orten der Begegnung. Wenn wir die Fähigkeit pflegen, uns nicht von einfachen Antworten verführen zu lassen, unbequemen Tatsachen ins Auge zu sehen und aus Vergangenem zu lernen, besteht durchaus die Hoffnung, dass sich derart furchtbare Zeiten nicht wiederholen müssen.
Wie ist die Idee zur Ausstellung entstanden?
Angerbauer-Goldhoff: Mitte Jänner erhielt ich aus den Büros von Bürgermeister und Kulturabteilung die Anfrage, ob es nicht möglich wäre, das 80-jährige Jubiläum der Befreiung im Rahmen der Rathausgalerie zu thematisieren. Da ich mich mit diesem Thema, durch meine Arbeit am Goldbegriff - siehe Nazigold - bereits seit Jahrzehnten beschäftige, hat es natürlich einen besonderen Stellenwert für mich. Also führte ich spontan fünf Telefonate und verlagerte zwei bereits fixierte Projekte ins nächste Jahr. Es waren dies die 7. Lemniskate - mit Ulrike Asamer und Erich Fröschl ab Mitte Juni und die erstmals vom Kollegen Andreas Schoenangerer kuratierte Ausstellung von August bis Oktober. Somit konnten ganze 17 Wochen dem Thema 80 Jahre Ende des 2. Weltkriegs und Befreiung vom Nationalsozialismus gewidmet werden. Kollege Schoenangerer arbeitet unabhängig davon an einem interaktiven Kartenprojekt, das Orte der Erinnerung und verborgene oder verschwundene Strukturen - beispielsweise Lagergebäude und Stollenanlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus sichtbar machen soll. So war schnell klar, dass wir diese Ausstellung zu zweit kuratieren werden.
Gibt es auch „Nebenschauplätze“ neben dem Rathaus?
Neben den „gewohnten“ Räumlichkeiten - den Gängen im ersten und zweiten Obergeschoß wird auch der Rathaus-Hof miteinbezogen. Dort wird sich eine interaktive Installation mit Wirklichkeit und Bildgewalt auseinandersetzen. Im Dominikanerhaus werden im Hof, im Arkadengang und den Vitrinen im Eingangsbereich bis Oktober durchgehend Arbeiten von 15 Künstler:innen gezeigt. Unser besonderer Dank geht an dieser Stelle an Sabine Gamsjäger vom Bildungszentrum Dominikanerhaus, die unser Projekt voll unterstützt. Zusätzlich ist eine Intervention im öffentlichen Raum geplant, für die wir allerdings noch an der Finanzierung arbeiten.
Was erwartet die Besucher, was wird gezeigt?
Schoenangerer: Es erwartet sie eine vielschichtige Zusammenstellung von 45 künstlerischen Positionen aus den Bereichen Malerei, Grafik, Fotografie, Objektkunst, Installation und audiovisuellen Medien.
Ein besonderes Anliegen war uns auch - im Rahmen unserer Möglichkeiten - die Beteiligung von Künstler:innen mit biografischen Wurzeln außerhalb Österreichs, wie Russland und den USA, England, China, Syrien und dem Iran. Die Ausstellung soll zum Dialog anregen und ist daher auch mehrfach zweigeteilt angelegt.
Zusätzlich zum Rathaus wird der Dominikanerhof zum Ausstellungsort. Die Eröffnung am 12. Juni wird sich zwischen diesen beiden Orten abspielen: Begrüßung und Einführung finden im Rathaus statt. Daran schließt die Feier im Dominikanerhof an - mit Festrede, musikalischer Umrahmung und Videoscreening.
Die Ausstellung im Dominikanerhof bleibt durchgehend bis Oktober bestehen, während in der Rathausgalerie ein Wechsel stattfindet: Am 4. September wird dort die Sonderausstellung „Colors divided, fields united" der gebürtigen Russin Xenia Ostrovskaya und der US-Österreicherin Heidi Zednik eröffnet. Neben einem Auszug aus ihrem bisherigen Schaffen, zeigen sie eine gemeinsame raumgreifende Installation, die die Zeit der Teilung der Stadt Steyr von Mai bis Juli 1945 thematisch aufgreift.
Was wünschen Sie sich, dass Besucher aus der Ausstellung mitnehmen - besonders die jüngeren Generationen?
Angerbauer-Goldhoff: Lernen aus der Vergangenheit. Dass es sehr schnell und leicht passieren kann, dass man verblendet und manipuliert wird. Daraus dann ganz großes Leid über die Menschheit gebracht wird. Gerade in der Kunst steckt die Möglichkeit, hinter die erscheinende Realität zu blicken, damit die Wahrheit zu erkennen. Dieses Lernen aus der Vergangenheit ist heute wichtiger als je zuvor.
Infos: Ausstellung "80 Jahre Befreiung" ab 12. Juni in der Rathausgalerie und im Dominikanerhaus. Infos: human.gold/kovid21-13
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