Sonntagspredigt
„Gottes Barmherzigkeit und unsere Antwort“

Karl Sperker | Foto: Pfarre Sierning

Predigt von Karl Sperker, Dekanatsleitung Steyr und Pfarrer in Sierning

Liebe Leserin, lieber Leser!
Seit 20 Jahren heißt der heutige Sonntag „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“.
Gott ist barmherzig. Bei ihm gehen die Schranken niemals herunter. Gott macht nicht dicht. In der Liebe nicht und im Verzeihen nicht. Sein Herz bleibt offen.
Um diese Barmherzigkeit geht es. Als Zusage, dass wir uns des Erbarmens Gottes gewiss sein können, egal was wir ausgefressen haben. Gottes Erbarmen wird uns aber auch vor Augen gestellt als Maßstab für unser eigenes Handeln. 

Die Schranken

Als Kind im Vorschulalter hatte ich ein traumatisches Erlebnis mit Schranken. Mit Bahnschranken: Meine Mutter half im Nachbarort bei der Ernte und meine Schwester und ich sollten zu ihr gehen. Der Weg führte über vier, fünf Gleise bei einem Bahnübergang. Als wir beinahe drüber waren ging der Schranken zu. In Panik liefen wir zurück, ohne zu bedenken, dass der Schranken im Rücken – no, na – zeitgleich herunter ging.
Heute weiß ich, es schließen immer beide Schranken, oder sind eben offen. Das ist so, und es ist bei weitem nicht nur bei den Bahnschranken so!

Die Interessensschranken

In den Medien ist diese Wochen zu lesen wie sehr die Geld-Schranken zu Wirtschaft, Kultur und anderem weit aufgehen. Das ist gut und wichtig. Das Ziel ist die Vermeidung einer wirtschaftlichen und sozialen Tragödie.
Ebenfalls diese Woche war zu lesen, wie sehr die Schranken für die Flüchtlingsboote vor Italien herunten sind. „Abschottung gegen Migranten“ – schreibt der Stern.
Sind das zwei ganz verschiedene Schranken? Als Vorschulkind hätte ich vielleicht mit Ja geantwortet. Doch: Nein, es sind ein und dieselben Schranken der Barm­herzigkeit, die entweder beide offen, oder beide zu sind. Der Papst sagte es im Ostersegen noch deutlicher, als er die Staaten aufforderte, verhängte Wirtschaftssanktionen auszusetzen und die ärmsten Länder zu entschulden. Er weiß, dass der offene Geld-Schranken in der EU oder USA nicht wirklich Wirkung haben wird, wenn der Schranken zu den Armen und Verlierern herunten bleibt.
Ein anderes Beispiel: Am 19. April 1945, also heute auf den Tag genau vor 75 Jahren, wurden auf dem Sierninger Friedhof zehn ungarische Juden ermordet; erschossen. Juden und KZ-ler wurden gegen Kriegsende wie Tiere durch das Ennstal und das Steyrtal getrieben, in sogenannten Todesmärschen. Vom kath. Bildungswerk Großraming wurde zum Erinnern und Gedenken dieser Gräuel der letzten Kriegswochen ein Glockenläuten am Ostersonntag angeregt. Auch in Sierning läutete die große Glocke.
Der Großteil von uns sind Nachgeborene. An uns liegt es, mit Erbarmen auf einstige Mitläufer und Wegschauer zu blicken. An uns liegt es auch, in Stellvertretung unserer Vorgängergeneration, um Erbarmen zu bitten. Gott bitten und die Opfer und deren Nachkommen bitten. Nicht einmal und dann aus, sondern wiederholend, im Erinnern und Gedenken. Ich weiß, das ist nicht einfach.
Und ich weiß, oft wird gefordert, dass wir die damaligen Ereignisse doch endlich ruhen lassen, oder vergessen sollten. Doch nur was am Licht ist und am Licht bleibt, verliert die negative Wirkung. Die verstummende Bitte um Erbarmen und der fehlende Erweis von Erbarmen wären teuer. Unterbliebene Barmherzigkeit ist der Nährboden der nächsten Hartherzigkeit.
Erbarmen kurz gesagt:
Der Barmherzigkeitssonntag ist kein Kuschelbekenntnis zu einem weißbärtigen Gute-Alte-Mann-Gott, der in seinem erbarmenden Herzen eh alles durchgehen lässt. Der heute Sonntag will deutlich machen, dass es bei der Barmherzigkeit darum geht, ob diese Schranke offen ist und dass es immer zwei Schranken sind, die zusammenhängen: Vorne - Hinten, Gott - Nächster, EU – Fremder, ...
Wir verdanken uns des Erbarmens Gottes und des Erbarmens all derer, an denen wir täglich schuldig werden. Wo Barmherzigkeit zumacht, macht Hartherzigkeit auf.
Doch wo Barmherzigkeit aufmacht, fließt das Leben. Dreißigfach, ja sechzigfach und hundertfach.

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