„Kein Charme, kein Schlitz, kein Ohr“

- hochgeladen von Sandra Kaiser
Michael Ostrowski ist derzeit in „Die Werkstürmer“ im Kino zu sehen. Redakteurin Sandra Kaiser bat den Steirer zum Interview.
BezirksRundschau: Ist „Die Werkstürmer“ so etwas wie ein britischer Working-Class-Film, der in Österreich spielt?
OSTROWSKI: Er hat sicher eine Anlehnung am britischen Film genommen. Dort gibt es die Tradition, dass man über Arbeiter Geschichten erzählt. Und das ist etwas, was es in Österreich bis jetzt nicht gegeben hat.
Was macht den unverwechselbaren Charme von „Die Werkstürmer“ aus?
Ob er einen unverwechselbaren Charme hat, kann ich nicht sagen. Das müssen die Zuschauer sagen. Man soll sich den Film anschauen und draufkommen, dass wir in Österreich lustige, gut gemachte Filme machen können. Ich glaube, dass es den Leuten gefallen würde, aber das manche gar nicht ins Kino gehen aus gewissen Gedanken heraus: das ist meistens ein Film mit schwierigen Themen und das will man nicht sehen. Ich finde, der Film ist lustig und er ist ernst und interessant.
Existenzängste, Arbeiter, die ausgetauscht werden, und die schlechte Wirtschaftslage sind Themen des Film. Sind das auch Fragen, die Dich beschäftigen?
Ja, weil es nicht nur Österreich, sondern auch die EU betrifft. Es gibt in Spanien Teile, wo 40 Prozent arbeitslos sind. Man kann nicht einfach so tun, als ob es einen nichts angeht. Es betrifft uns alle, weil auch die Gesellschaft verändert wird, wenn die Leute keine Arbeit haben.
Im Film spielst Du Patrick, ein charmantes Schlitzohr. Gibt es da Parallelen zu Michael Ostrowski privat?
Nein.
Nein? Nicht charmant und auch kein Schlitzohr?
Das muss ich kategorisch verneinen. Kein Charme, kein Schlitz, kein Ohr (lacht, Anm.).
Wie siehst Du die Figur des Patrick?
Ich glaub’, dass er ein ganz normaler Typ ist, der es gern lustig hat, der sich nicht gern festlegt und Gaudi hat in seinem Leben. Und der dadruch, dass seine Ex einen neuen Verlobten hat und heiraten will, draufkommt, dass das alles doch nicht so weitergeht. Er hat sich gedacht, das wird irgendwann schon wieder passen. Und dadurch wird er auch zu einem kleinen Arbeiterhelden, weil er nicht nur anfängt für seine Exfreundin zu kämpfen, sondern auch für das Werk. Es passiert ihm alles sozusagen.
Patrick muss ja um Babs kämpfen, wenn er sie zurückhaben will. Wofür würden Sie kämpfen?
Ich würde für viele Sachen kämpfen. Als allererstes würde ich für etwas in meinem persönlichen Umfeld kämpfen. Ich glaube, dass was man selber macht, wofür man sich einsetzt, das ist, was wichtig ist für einen selbst. Ich kann jetzt nicht hergehen und sagen ich will für den Weltfrieden kämpfen. Das will ich auch, aber ich muss zuerst in meinem Umfeld schauen, dass Leute gut behandelt werden. Ich muss versuchen, dass ich das tun kann, was ich selber will und an was ich glaube, dass ich mich nicht verbiege. Ich muss schauen, dass ich in meinem Umfeld Gerechtigkeit walten lasse, und dann kann ich mich darüberhinaus auch einsetzen für andere Themen.
Schon einmals selbst für oder gegen etwas gestreikt?
Ja. Ich habe die Enns-Auen besetzt. Damals war eine Autobahn durch die Enns-Auen geplant. Als ich 17 war, war ich auch witzigerweise genau in dem Werk – damals Noricum, heute Maschinenfabrik Liezen – demonstrieren, in dem wir jetzt gedreht haben. Wir haben protestiert dagegen, dass sie Kanonen produzieren und ins Ausland exportieren.
Für was würdest du dich jetzt auf die Straße stellen?
Es gibt viele Themen. Aber ich will jetzt keines rausgreifen, weil das wäre zu plakativ. Aber ich würde auf jeden Fall wieder auf die Straße gehen.
Du bist im Film sehr oft im Fußball-Trikot zu sehen. Spielt dieser Sport in Deinem Leben eine große Rolle?
Ja, vor allem im Fernsehen. Ich schau gern zu.
Also ein passiver Fußballer?
Früher hab ich selber gern gespielt. Aus Zeitmangel jetzt Fernseh-Fußball-Zuschauer.
Und sonstiger Sport?
Früher gern Tennis und Judo. Sport ist super. Habe aber momentan zu wenig Zeit, welchen zu betreiben.
Gab es legendäre Momente beim Dreh?
Es war an sich der ganze Dreh wahnsinnig. Wir sind in einem kleinen Ort zusammengesessen und haben anstrengende Drehtage gehabt. Der Dreh in der Maschinenfabrik war besonders. Man darf normalerweise in einem Stahlwerk nicht mehr drehen. Wir waren bei den Öfen und beim Gießen. Es war einfach schön zu sehen, wie da gearbeitet wird und dort dabei zu sein. Das war einer der schönsten Drehtage bis jetzt für mich.
Du stammst aus Rottenmann und der Dreh war quasi ein Heimspiel. Ist das etwas anderes, wenn man praktisch in seiner Heimat dreht?
Ja, schon. Man fühlt sich mehr verbunden. Man fühlt eine Art Verantwortung den Dingen gegenüber. In der Gießerei haben zwei meiner Cousins gearbeitet. Ich habe auch Freunde von früher aus Rottenmann getroffen.
In „Vier Frauen und ein Todesfall“ spielst Du den Franzi, einen eigentlich sympathischen Looser. Reizen Dich solche Rollen?
Solche Rollen reizen mich total, weil sie sehr viel hergeben. Sie bieten die Möglichkeit, mit viel Humor und einer gewissen Anarchie zu arbeiten. Wenn man einen wohlgesitteten Normalen spielt, ist das auch lustig. Aber es ist mehr drin, wenn du einen Typen spielst, der nichts gelernt hat, der trinkt und versucht Frauen zu bekommen.
Die 6. Staffel von „Vier Frauen und ein Todesfall“ wurde gerade abgedreht. Verrätst Du uns Details?
Ich glaube, es wird lustig. Die Dreharbeiten waren schön. Es sind wieder zusammenhängende Geschichten, was ich super finde, weil man nicht das Problem hat, dass man innerhalb von 45 Minuten einen abgeschlossenen Fall und so viele Figuren unterzubringen. Die Serie lebt auch von den vielen kleinen Figuren, die mitspielen, und das ist es, was den Charme ausmacht. Diese acht Folgen hängen irgendwie zusammen und das ist schön.
Du hast neben den Filmen auch Theater gespielt (Grazer Festspielhaus). Was reizt Dich mehr, Film oder Theater?
Beides gleich. Ich finde beides bereichernd für das Andere. Man lernt beim Theater direkt mit dem Publikum zu arbeiten, den Rhythmus von Dialogen. Das kann man beim Film sehr gut brauchen.
Du hast Deinen Namen aufgrund von Verwechslungen von Stockinger auf Ostrowski geändert. Warum dieser ausgefallene Name?
Ich bin einmal eingeschlafen und hab’ das geträumt. Und ich ha’b mir gedacht, wenn ich das schon geträumt habe, muss ich das auch verwenden.
Wo kann man Michael Ostrowski in nächster Zeit sehen?
Wir touren derzeit durch die Kinos um „Die Werkstürmer“ zu promoten. Im Kino läuft auch ein kubanischer Film „Lügen auf kubanisch“, den ich auf Kuba gedreht habe.
http://www.diewerkstuermer.at
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