Menschliche Niedertracht nicht ausgestorben. Mahnende Worte bei der Befreiungsfeier in Steyr
STEYR. Gesellschaftliche Dummheit, politische Bosheit und menschliche Niedertracht seien leider mit dem Ende der Naziherrschaft nicht ausgestorben, meinte der ehemalige Caritas-Präsident Dr. Franz Küberl bei der heurigen Befreiungsfeier des Mauthausen Komitees am Montag. 06. März 2019 in Steyr.
Der Populismus setze politische Schmerzmittel ein um Menschen zu beruhigen. Populistische Politiker wollen damit Menschen weismachen, dass es ihnen besser gehe, wenn andere schlechter behandelt werden. Zukunft kann es für Küberl nur geben, wenn jeder in der Gesellschaft als Mensch behandelt werde, nicht als Nummer.
„Niemals Nummer. Immer Mensch“ war das Motto der Befreiungsfeier anlässlich des 74. Jahrestages der Befreiung des KZ-Nebenlagers Steyr-Münichholz. Küberl forderte zudem mehr Zukunftsmut, mehr Dialog, auch mit den Gegnern, mehr Zivilcourage und mehr Mitgefühl.
Der Präsident der französischen Lagergemeinschaft Mauthausen „Amicale de Mauthausen“ Daniel Simon erinnerte daran, dass die Häftlingsnummer ein Mittel der Erniedrigung war. Der Häftling war kein Mensch, sondern eben nur noch Nummer. Die neuere historische Forschung habe gezeigt, dass die Maschinerie der Ausbeutung in der Lagern der Nazis durch Listen und Nummern viel besser funktioniert habe als man bisher geglaubt hat.
Beängstigend sei, dass wir in der heutigen Gesellschaft fast mehr auf Nummern und Codes reagieren als die Häftlinge des Lagers. Die vielen Verwaltungscodes identifizieren jeden einzelnen von uns.
Ein Häftling, der all die Erniedrigung der Nazis am eigenen Leib erlebt hatte, war mit 92 Jahren mit der französischen Delegation nach Steyr gekommen.
Mauthausen Komitee-Vorsitzenden Karl Ramsmaier wies darauf hin, dass der Rechtsextremismus nicht Geschichte ist. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass Rechtsextremisten und Anhänger der Identitären Bewegung die Institutionen des Staates unterwandern. Er kritisierte die personellen und ideologischen Verflechtungen der FPÖ mit der Identitären Bewegung.
Die Distanzierung der FPÖ von den Identitären sei kaum glaubwürdig, wenn der Vizekanzler kurze Zeit später das äußerst bedenkliche Vokabular der Identitären benütze. Menschenverachtend sei zudem, wenn ‚Erstaufnahmezentren’ in ‚Abschiebezentren’ umbenannt würden.
Erinnern bedeute, so Ramsmaier, rechtsextremen Entwicklungen entschieden entgegen zu treten und Partei zu ergreifen für Menschlichkeit und Demokratie.
Neben dem Präsidenten des Internationalen Mauthausen Komitees Guy Dockendorf aus Luxemburg, konnte Ramsmaier auch Dr. Cornelia Domaschke vom Deutschen Mauthausen Komitee begrüßen. Gekommen waren auch NR Ing. Markus Vogl, die Dritte Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer, Landtagsabgeordnete Mag.a Regina Aspalter, Bürgermeister Gerald Hackl, zahlreiche Stadt- und Gemeindräte, Vertreter der Kirchen und weiterer 26 Organisationen begrüßen. Schülerinnen und Schüler der NMS Sierning trugen in berührender Weise ihre Gedanken zum Thema der Befreiungsfeier „Niemals Nummer. Immer Mensch“ vor. Die „Omas gegen rechts“ – sie waren erstmals bei der Befreiungsfeier dabei – erinnerten an das Schicksal dreier KZ-Häftlinge. Musikalisch gestaltet wurde die Feier von Valentin Konecovski am Akkordeon und Valeri Kostadinov am Saxophon. Die Ansichtskarten auf den Sitzbänken mit den Fotos von KZ-Häftlingen, Zwangsarbeiterinnen und einer Widerstandskämpferin zeigten symbolisch, dass Menschen niemals Nummern sind. Eine feierliche Kranzniederlegung und eine Gedenkminute beim KZ-Denkmal beendete die Feier.
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