Silvesterbräuche heute & früher
Salbei, Sauschädel & Wanderungen
- Ein Neujahrs-Glückwunsch, ca. aus dem Jahr 1910.
- Foto: Museum Forum Hall
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Silvester ist heute laut, bunt und voller Glückssymbole – doch viele Bräuche haben tiefere Wurzeln, manche sogar mystische. Historikerin Katharina Ulbrich erklärt, was hinter Schweinskopf, Rauch und roten Unterhosen steckt.
STEYR-LAND. „Silvester wurde früher nicht so ausführlich gefeiert, weil es nicht kirchlich geprägt ist", sagt Historikerin Katharina Ulbrich aus Waldneukirchen. „Das hat sich erst mit der Kalenderreform 1582 ergeben, als der Jahresbeginn auf den 31. Dezember verlegt wurde.“ Der Tag trägt seinen Namen vom Papst Silvester, der an diesem Datum gestorben ist. Kirchliches Brauchtum hat sich rund um diesen Tag aber kaum entwickelt – anders als bei den Rauhnächten. Diese mystischen Nächte zwischen Wintersonnwende und Dreikönig haben eine lange Tradition. „Es gibt vier besondere Rauhnächte, der 21. 24. und 31. Dezember sowie der 5. Jänner. Davon sind zwei dürre und zwei foaste“, erklärt Ulbrich. Besonders die "foasten" Rauhnächte, also Silvester und der 5. Jänner, waren geprägt von üppigem Essen und Räucherritualen. Wacholder und Salbei wurden verbrannt, um böse Geister zu vertreiben und das Haus zu segnen. „Wacholder vertreibt schlechte Energie, Salbei reinigt – gemeinsam bringen sie Glück und Segen“, so Ulbrich.
Sauschädel als Glücksbringer
Auch das Essen hatte früher eine tiefere Bedeutung. Ein "Sauschädel" galt als Glücksbringer, weil man glaubte, im Kopf stecke die Weisheit. Fische – besonders Karpfen – schwimmen immer vorwärts, also in die Zukunft und bringen Glück. Linsen erinnern an Geldstücke und symbolisieren somit finanziellen Erfolg. „Geflügel war tabu – das Glück könnte davonfliegen“, sagt Ulbrich schmunzelnd.
Glückssymbole wie Kleeblatt, Hufeisen oder Rauchfangkehrer haben eine lange Geschichte. „Das vierblättrige Kleeblatt soll Eva aus dem Paradies mitgenommen haben. Es ist ein Symbol für einen Blick ins Paradies“, erzählt Ulbrich. Das Hufeisen stammt aus dem Mittelalter – wer eines fand, hatte ein wertvolles Stück Metall. Mit der Öffnung nach oben aufgehängt, fällt das Glück von oben hinein. Rauchfangkehrer bringen Glück, weil ein sauberer Kamin früher lebenswichtig war. Und der Marienkäfer? „Der gilt als Himmelsbote der Muttergottes und soll Kinder beschützen.“ Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese Glücksbringer auf Kalendern für das neue Jahr abgebildet.
Auch das Bleigießen – heute meist mit Wachs oder Zinn – stammt aus alten römischen Orakelbräuchen. Die Form, die beim Gießen entsteht, wird gedeutet und soll Hinweise auf das kommende Jahr geben.
Das Böse vertreiben
Silvester war früher ein Familienfest mit Räuchern, Glockenläuten und traditionellen Speisen. Um Mitternacht öffnete man Fenster oder ging ins Freie, damit das Glück ins Haus kommt. „Das Knallen und Schießen hat germanische Wurzeln – man wollte das Böse vertreiben“, sagt Ulbrich. Auch die Perchten mit ihren Glocken gehören dazu.
Sprachlich steckt viel Geschichte im Neujahrsgruß: „‚Guten Rutsch‘ kommt vermutlich vom jiddischen ‚God rosch‘ – gute Reise“, erklärt Ulbrich. „‚Prosit‘ heißt auf Latein: Es sei alles gut bei dir.“
Am Neujahrstag ging man früher von Haus zu Haus, um Glück zu wünschen – oft mit Germstritzeln in Fisch- oder Kleeblattform. Und wer rote Unterwäsche trägt, folgt einem Brauch, der über amerikanische Soldaten und Marco Polo bis nach China führt: Rot steht für Glück und Wohlstand.
Silvesterwanderung & Theater
Ein besonders lebendiger Brauch hat sich in Bad Hall etabliert: die Silvesterwanderung. Seit rund 40 Jahren treffen sich Wandergruppen, etwa der Kneippclub oder die Turner, um gemeinsam das alte Jahr zu verabschieden. „Da geht man vormittags los, wandert eine Runde, kehrt zum Mittagessen ein – und danach geht’s zur Premiere der Tassilobühne“, erzählt Ulbrich. Die Karten für die Vorstellung sind heiß begehrt, und wer Glück hat, ergattert noch einen Platz. Danach wird in den Gasthäusern weitergefeiert. „Das hat bei uns schon eine richtige Tradition – Wandern, Kultur und Geselligkeit zum Jahreswechsel.“
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