Wiederverwerten statt verbuddeln
Wie Faserverbundwerkstoffen erstmals ein zweites Leben geschenkt wird

Weiterverarbeitung wiedergewonnener Kohlefaser. 
 | Foto: STFI/W.Schmidt
  • Weiterverarbeitung wiedergewonnener Kohlefaser.
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Faserverbundwerkstoffe – jene Materialien, aus denen zum Beispiel die mächtigen Rotorblätter einer Windkraftanlage bestehen – landen nach ihrer Lebensdauer fast immer auf einer Mülldeponie und werden dort ohne Aussicht auf Wiederverwertung vergraben. Das dreijährige EU Projekt „MC4“ soll erstmals die gezielte Wiederverwertung von solchen Kohle- und Glasfaserverbundbauteilen ermöglichen und damit ein großes und bisher offenes Problem der Kreislaufwirtschaft lösen.

STEYR. Kohle- und Glasfaserverbundbauteile sind in zahlreichen technischen Anwendungen (Luftfahrt, Automobilbau, Bootsbau, Windkraftanlagen) unverzichtbar, bei denen ihr niedriges Gewicht und hohe Festigkeit besonders geschätzt werden. Solche Verbundwerkstoffe führen derzeit aber zu großen Problemen in der Wiederverwertung.
Nach einer Lebensdauer von 15 bis 30 Jahren landen derzeit 98 Prozent des Materials auf einer Mülldeponie, ohne Aussicht auf Wiederverwertung. Bei einem jährlichen, weltweiten Verbrauch von etwa 110.000 Tonnen Kohlefaserverbundwerkstoffteilen und 4,5 Millionen Tonnen Glasfaserverbundwerkstoff dürfen die Umweltauswirkungen nicht mehr weiter vernachlässigt werden.
Zusätzlich zu diesen Umweltproblemen muss die derzeitige Wettbewerbsposition Europas verbessert werden, um weniger von ausländischen Quellen abhängig zu sein. 80 Prozent der Herstellung von neuen Kohlenstoff- und Glasfasern findet außerhalb Europas statt, und wenn die Herstellung in Europa erfolgt, werden die Technologien oft von Drittländern lizenziert.

Europäisches Forschungsprojekt

Um diese Probleme zu lösen koordiniert Profactor das europäische Forschungsprojekt „MC4“ (Multi-level Circular Process Chain for Carbon and Glass Fibre Composites) das in einer Partnerschaft von 15 europäischen Firmen und Forschungseinrichtungen das Ziel verfolgt, zirkuläre Ansätze für Kohlenstoff- und Glasfaserverbundwerkstoffe zu etablieren. Dabei sind nicht nur technische Probleme zu lösen. „Die Kosten von primärer Kohle- und Glasfaser unterscheiden sich erheblich. Für die billigere Glasfaser sind daher die Möglichkeiten zur Wiederverwertung deutlich eingeschränkter, als für die wesentlich teurere Kohlefaser“, erklärt Projektleiter Christian Eitzinger von Profactor GmbH, einem der führenden Zentren der angewandten Produktionsforschung in Europa.
Für Kohlenstofffasern wird versucht, möglichst schonend die Faser chemisch vom Harz zu trennen und die wiedergewonnene Faser zu neuen Textilien zu verarbeiten. Eine besondere Rolle spielt dabei die Qualitätssicherung, die sicherstellen soll, dass das wiederverwertete Material auch für höherwertige Anwendungen genutzt werden kann. Neben Profactor ist daran auch der Linzer Messsystemhersteller i-Red beteiligt, der mit spektroskopischen Methoden eine zuverlässige Harzerkennung etablieren soll. Letztere ist eine notwendige Voraussetzung für die effiziente Vorsortierung und damit für eine gezielte Steuerung der chemischen Trennprozesse.
Für Glasfaser wird versucht, den gesamten Verbund direkt weiter zu nutzen. Dabei kommen spezielle Harzsysteme zum Einsatz, die es erlauben, einen Bauteil am Ende seines (ersten) Lebens umzuformen und erneut an anderer Stelle einzusetzen.
Mit Hilfe einer angemessenen Qualitätseinstufung des wiedergewonnenen Materials wird MC4 eine Recyclingrate von ca. 60 Prozent innerhalb der Lieferketten möglich machen.

MC4 wird vollständig von der Europäischen Union unter dem Thema HORIZON-CL4-2021-RESILIENCE-01-01 des Programms Horizon Europe finanziert und mit 7 Millionen Euro gefördert. MC4 startete am 1. April 2022 und wird im März 2025 abgeschlossen.
Die Partner von MC4 sind Profactor (Österreich), FIDAMC (Spanien), GAIKER (Spanien), CIDETEC (Spanien), STFI (Deutschland), 3B Fibreglass (Belgien), VDL Fibertech Industries (Niederlande), CEA (Frankreich), Techtera (Frankreich), Amura (Spanien), Managing Composites (Spanien), IRES (Griechenland), LAB23 (Italien), Chomarat (Frankreich), und i-RED (Österreich).

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