Gedenkstätte für Euthansieopfer am Zirler Kalvarienberg: Jury kürt Siegerprojekt
Das Projekt vom Zirler Künstler Günther Tschaufeser wird am Zirler Kalvarienberg bis zum Herbst umgesetzt, zum Gedenken an fünf bekannte und unbekannte Euthanasieopfer in der Nazi-Zeit.
ZIRL. Die Gedenkstätte für die Zirler Euthanasie-Opfer nimmt Form an, die Jury hat sich für den Vorschlag von Günther Tschaufeser entschieden, ein Ensemble an Stahl-Koffern und Sitzen. Am Denkmal eingraviert werden die bekannten Opfer-Namen: Filomena Schneider, Anton Geiger, Aloisia Glatz, Amalia Frischmann und Johanna Weisjele. Sie wurden nachweislich in der NS-Zeit in der Tötungsanstalt Hartheim bei Linz ermordet.
Ideen-Wettbewerb
Insgesamt 18 KünstlerInnen aus Zirl waren eingeladen, ihre konkreten Vorschläge für diese Gedenkstätte bis zum 31. März 2014 vorzulegen. Die Gemeinde hat den Platz am Kalvarienberg vorgegeben und es sollen die Namen der Opfer genannt werden. Sonst sind den Künstlern/innen alle Freiheiten gelassen, so Bürgermeister Josef Kreiser. Schlussendlich hat Tschaufesers Werk die 8-köpfige Jury überzeugt, darunter auch die Initiatorin, die Zirlerin Brigitte Zach. Sie sprach mit Angehörigen der Ermordeten, forschte in der Gedenkstätte Hartheim, im Archiv der Psychiatrischen Klinik Hall sowie im Bundesarchiv Berlin: "Für mich ist das mehr eine Gedenkstätte, kein Mahnmal, wie es ursprünglich tituliert wurde, es soll nicht der Finger auf etwas gezeigt werden."
Gedenkveranstaltung im Herbst
Die Gedenkstätte wird im Herbst im Rahmen einer eigenen Gedenkveranstaltung feierlich eröffnet, kündigen Bgm. Kreiser und Vbgm. Johanna Stieger an. Der Gemeinde Zirl ist die Gedenkstätte, für dessen Errichtung ca. 20.000,- Euro budgetiert sind, ein großes Anliegen: „Zirl bekennt sich zu seiner Geschichte, auch zu den Schattenseiten. Deshalb wollen wir eine Gedenkstätte errichten und nicht nur irgendwo eine kleine Gedenktafel anbringen. Das sind wir unseren fünf Euthanasieopfern und deren Angehörigen einfach schuldig, sie sollen nicht in Vergessenheit geraten." Mit der Aufstellung des Kunstwerkes ist der Prozess des Gedenkens aber nicht abgeschlossen, wie Stieger und auch Zach ankündigen. Sie sind überzeugt: "Günther Tschaufeser hat ein beeindruckendes, unter die Haut gehendes Werk geschaffen. Das ist ein würdiges Siegerprojekt."
Projekt von Günther Tschaufeser
Günther Tschaufeser freut sich auf diese Aufgabe: "Ich finde es toll und mutig, dass die Gemeinde das macht, dieses Thema nicht einfach unter den Teppich gekehrt wird, sondern diese brutalsten Verhältnisse damals aufgearbeitet werden." In seiner Werkstatt in der Zirler Bahnhof-Umgebung und auf einem Sockel am Kalvarienberg, den die Gemeinde vorbereiten wird, entstehen die Stahl-Koffer und Sitzbänke. Tschaufesers Vorschlag basiert auf das allgemein bekannte Bild aus Vernichtungslagern, die Berge an Habseligkeiten, die den Opfern abgenommen wurden, darunter auch Koffer: "Mein Vorschlag sieht für jedes der fünf Opfer einen Koffer vor, zusätzlich einen Koffer für die unbekannten Opfer", erklärt der Künstler. Als Vorlage hat er einen Koffer seines Vaters hergenommen, der ihn geprägt hat, und sich nun in der Gedenkstätte wiederfindet.
Die Koffer werden alle aus Stahl gefertigt und auf einer gerosteten Stahlplatte (4x4 m) montiert, alles steht auf einem Beton-Fundament, an dessen Frontseite ein Schriftzug angebracht ist: "Gedenke den Opfern nie vergessen die Täter".
Rund um dieses Objekt werden sechs Sitzobjekte aus verzinktem Stahl platziert, pro Opfer ein Sitz mit eingraviertem vollständigem Namen (mit der Bezeichnung "Frau" und "Herr", das die Vollwertigkeit der Menschen nochmal verstärkt zum Ausdruck bringt) und einer für alle unbekannten. Das Kunstwerk wird stabil sein und frei zugänglich, soll begehbar und begreifbar sein.
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