Private errichten Windkraftanlage in Reith/S.
Windkraft-Pioniere trotz Gegenwind

PV-Anlage und ein kleines Windkraftwerk am Dach: Die Ferschls wollen möglichst viel eigenen Strom erzeugen und unabhängiger werden.
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In Reith bei Seefeld baut eine Familie ihre ökologische Energiegewinnung aus Sonne und Wind sukzessive aus. Vom Gegenwind der Behörden oder fehlenden Fördermöglichkeiten lassen sich die Pioniere nicht aufhalten.

REITH/S. Erst seit wenigen Tage ist die Windkraftanlage am Dach der Familie Ferschl in Reith bei Seefeld in Betrieb. Beim Lokalaugenschein der BEZIRKSBLÄTTER war von Wind nichts zu spüren, es regnete in Strömen: "Viel können wir noch nicht sagen, aber wir sind zuversichtlich, dass wir damit ein Stück unabhängiger werden", erklärt Tierarzt Dr. Stefan Ferschl, der zusammen mit seiner Frau Alexandra das "Tierambulatorium Zirl" betreibt. Beide sind überzeugt von nachhaltiger Energiegewinnung und sind jedenfalls raus aus Gas. Öl kam sowieso nie in ihr Haus.
Doch wie sehr die Behörden in Sachen ökologischer Energiegewinnung im privaten Bereich bremsen bzw. welche Hürden zu überwinden sind, darüber wissen die Ferschls dafür mehr zu berichten. Nur mit Geduld und Hartnäckigkeit kommt man an Genehmigungen und Förderungen für umweltbewusste Einrichtungen.

Förderdschungel

Die von der Regierung beworbenen Kampagne "Raus aus Öl und Gas" funktionierte reibungslos, bemerkt Stefan, die so stark beworbene Förderung für ihre Luftwärmepumpe war innerhalb von 14 Tage nach Antragstellung da. Schwieriger wurde es bei der Anschaffung eines Betriebsfahrzeuges mit Hybridantrieb: Es musste gleich ein Elektro-Auto her – mit all seiner Infrastruktur am Haus – nur dafür gab es den Fördertopf. "Gezwungenermaßen mussten wir uns also ein E-Auto anschaffen", erklärt Alexandra.
Jedenfalls kommt der Strom aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage, und da drehen sich die Mühlen der Ämter noch langsamer:

"Es gibt Förderungen von Land und Gemeinde, aber wir warten noch heute darauf. Wir hören entweder gar nichts oder werden nur vertröstet, es dauert 9 bis 12 Monate, bis die Unterstützung eintrifft",

erklärt der Tierarzt. Von der Gemeinde gibt es ebenso eine Förderung für PV-Anlagen, doch die ist an die Förderzusage vom Land gebunden. Es heißt also warten. "Wir können es uns leisten, aber Häuslbauer, die hier investieren wollen und dafür auf Förderungen angewiesen sind, werden im Stich gelassen", so Alexandra.

"Windkraft? Gibt es nicht!"

Noch mehr Geduld braucht es, wenn man sich als Privater eine Windkraft-Anlage leistet, berichtet das Ehepaar: "Windkraft gibt es nicht", war eine der ersten Antworten beim Ansuchen einer Genehmigung von der Gemeinde.

"Wir wollten eine Ergänzung zu unserer PV-Anlage, wenn die Sonne nicht scheint. Da haben wir im Internet gesehen, dass es kleinere Wildkraftanlagen für den Privathaushalt gibt",

so Ferschl. Ein Erfinderduo aus Deutschland hatte die richtige Anlage im Angebot, so ging man an das Projekt. In der Gemeinde fehlten dafür wohl Formulare. Am Ende genügte aber eine Bauanzeige, die lag im Sommer 2022 vor. Ende September wurden zwei kleine Windräder bestellt. Die stehen jetzt frisch installiert auf dem Dach. "Jemand muss damit anfangen", meinen die privaten Energie-Pioniere aus Reith.

Windkraft noch in Kinderschuhen

Die Windkraft, mittlerweile auch für die Grünen als die ökologisch vertretbare Lösung und landschaftsschonener als Wasserkraft, steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Der politische Gegenwind flaut in diesen Zeiten ab, neben Gipfelkreuzen sind plötzlich auch Windkraftanlagen im Tourismusland möglich und machbar.
Gegenüber Bezirkblätter meinte Landeshauptmann Anton Mattle zum Thema, dass Windräder einen Teil der Energiewende in Tirol beitragen werden: "Da bin ich mir sicher, dass es dafür gut geeignete Standorte geben wird."
Angesprochen auf das Beispiel dieser privaten Initiativen in Reith bei Seefeld meint Mattle:

"Da muss man neue Kompromisse finden, das alles nimmt auch Einfluss auf Nachbarrechte. Da bin ich der Meinung, dass der rechtliche Rahmen noch in den Kinderschuhen steckt, da kann man ev. auf Erfahrungen anderer Bundesländer zurückgreifen, das ist dann auch Sache der Kommunen."

Mattle selbst hat schon sein 20 Jahren privat mit Windrädern experimentiert, war nicht glücklich damit, obwohl: "Galtür ist ein Windloch. Aber bei dem Thema rennen Sie bei mir offene Türen ein".
Es wird aber seine Zeit brauchen, die Umsetzung für Bürgerinnen einfacher und mit Förderungen zu gestalten.

Die neue Anlage im Keller spielt viele Stückeln.
  • Die neue Anlage im Keller spielt viele Stückeln.
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Pioniere im privaten Bereich

Wenn Bürger einen Schritt weiter gehen, diese ökologische Form der Stromgewinnung in die Tat umsetzen, sind die Ämter also noch nicht darauf vorbereitet. Die Ferschls wagten den Schritt. Sie fanden auch ein Elektro-Unternehmen und einen Spengler für die Dachmontage. Auch hier müssen manche Experten ihren Horizont erst erweitern und zeigen sich anfangs skeptisch. Mittlerweile sind die Reither glücklich mit ihrer neuen Anschaffung, die pro Stück etwas über 3000 Euro gekostet hat (exklusive Installationsarbeiten).
Die Anlage ist lautlos, stört niemanden und nutzt den "Scharnitzer Wind aus Norden", so Stefan: "Damit sind wir noch unabhängiger vom Stromnetz, auch wenn es dunkel ist. Geschirrspüler, Waschmaschine und Trockner lassen sich mit dieser Energie gut betreiben."
Die Ferschls sind froh und fühlen sich wohl dabei, mit ihren Anlagen wieder einen Schritt in Richtung Energieautonomie zu gehen.

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