„Da gehen wir lieber in den Knast!“

Bäuerinnen | Foto: Kaserer

170.405 Rinder, Schafe und Ziegen wurden 2008/09 im gesamten Bundesland gegen die Blauzungenkrankheit geimpft. Rund 7.000 landwirtschaftliche Betriebe standen unter Impfpflicht, abgesehen von 101 Impfverweigerern kamen alle der Forderung nach. Unter ihnen: die Bäuerinnen Maria Wallmann und Getraud Siller aus Bad Vigaun. Sie wären für ihre Überzeugung jetzt sogar ins Gefängnis gegangen!

BAD VIGAUN (tres). „Ich weiß wohl am besten, was gut für meine Kühe ist“, erklärt Gertraud Siller, die auf ihrem Hof in Bad Vigaun-St. Margarethen 14 Milchkühe hält: „Immerhin bin ich ja fünf Stunden täglich bei den Tieren im Stall. Da braucht mir kein Amtstierarzt zu sagen - nur weil er studiert hat - was ich tun soll!“

„Ich will selber denken!“
Generell lässt sie sich nicht gern Vorschriften machen, hat man den Eindruck: „Ich lasse mich nicht bevormunden! Wir Bauern brauchen sowieso wieder mehr Eigenverantwortung und Eigenständigkeit. Es gibt viel zu viele Vorschriften. Von mir aus soll die EU ihre Förderungen wieder nehmen - und uns dafür tun lassen, was und wie wir es wollen. Ich will selber wieder denken! Eine Kuh impfen zu lassen, wo es dann vielleicht Nebenwirkungen für das Tier gibt und wo uns keiner sagen kann, ob die Chemikalien in der Impfung nicht doch Auswirkungen auf die Milch haben - nein, danke! Von mir aus sollen sich die Politiker alle impfen lassen, wenn sie Angst vor einer Seuche haben, aber meine Kühe lass ich nicht impfen.“ Nur so viel dazu: Das Virus ist für den Menschen nicht gefährlich, Fleisch- und Milchprodukte können ohne Bedenken verzehrt werden.

Zwei Bäuerinnen kämpfen für den Bauernstand
Unterstützung erhält Siller in ihrer Überzeugung von ihrem Mann Johann und ihrer Freundin Maria Wallmann, auch einer erklärten Impfgegnerin: „Wir kämpfen für den Bauernstand, für unsere Eigenständigkeit!“

Und dafür wären die Frauen im Ernstfall sogar ins Gefängnis gegangen: Die 130 Euro Strafe für die Impfverweigerung samt Verwaltungsaufwand wollen beide nämlich auf keinen Fall zahlen: „Da gehen wir lieber in den Knast!“, sagen sie. Das wäre nämlich die Alternative zur Geldbuße: 33 Stunden müssten sie hinter Gitter.

Lange hat es - zumindest auf dem Papier - auch so ausgesehen, als müssten die Zwei wirklich „einsitzen“: „Die Vorstrafe, die ich dadurch hätte, wäre mir wurscht. Ich habe ja keinen geschädigt. Ich wäre nachher trotzdem noch hoch erhobenen Hauptes durch Bad Vigaun gegangen“, erklärt Siller.

Über das Gefängnis haben sich die zwei Freundinnen schon ihre Gedanken gemacht: „Das ist bestimmt ganz furchtbar. Die werden uns ja wahrscheinlich das Handy wegnehmen ... und ob ich da überhaupt schlafen kann?“, fragt sich Wallmann. „Wenn ich‘s mir aussuchen darf, dann möchte ich lieber tagsüber hinein. In der Nacht, da hätt‘ ich, glaub ich, schon a bisserl Angst da drin“, meint Siller. Aber wie auch immer: Zahlen wollen Siller und Wallmann „auf gar keinen Fall!“

LH Burgstaller lenkte ein
Aber vergangene Woche stimmten LH Gabi Burgstaller und Halleins Bezirkshauptmann Klaus-Dieter Aigner nun doch überein, „dass die Vollstreckung der bereits abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren nicht zielführend ist, da sich die Gesetzeslage inzwischen geändert habe“, soll heißen: Die zwei resoluten Bäuerinnen müssen nun doch nicht in den Knast! Burgstaller und Aigner sind einer Meinung, dass dafür eine „kulante Lösung“ gefunden werden kann. „Haftstrafen wären in diesen Fällen eine völlig überzogene Maßnahme“, findet nämlich die Landeshauptfrau. Zum Zeitpunkt der Impfverweigerung war eine Impfung vorgeschrieben, erläuterte Aigner das bisherige Vorgehen der Behörde, seit 31. März 2009 ist die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit aber ja nicht mehr Pflicht „Wir wollen die zwei ja gar nicht einsperren“, rechtfertigt sich Aigner. Auch den Exekutor will er den Bäuerinnen nicht vorbeischicken: „Wir werden bestimmt noch eine andere Lösung finden.“

Für Verwirrung sorgte auch die unterschiedliche Handhabe des Verwaltungsstrafverfahrens in den verschiedenen Bezirken: Im Pinzgau zum Beispiel wurde das Verfahren überhaupt eingestellt.

Zur Seuchenbekämpfung müssen alle die Spielregeln einhalten
Trotz allem sei mit der Blauzungenkrankheit nicht zu spaßen, erklärt Pressesprecher Franz Wieser vom Büro des Landesrates Sepp Eisl (Ressort u. a. Land- und Forstwirtschaft): „Die betroffenen Tiere leiden wirklich sehr. Das Fatale bei dieser Seuche ist, dass es nicht reicht, das erkrankte Tier aus der Herde zu nehmen, weil die Krankheit nicht von Tier zu Tier übertragen wird, sondern über eine Mücke. Die Tiere müssen also schon vor Kontakt mit dieser Mücke das Antivirus in sich tragen.“

Impfschäden waren sehr selten
Wirkliche „Impfschäden“ sind übrigens selten aufgetreten: „Drei Kühe sind während der Impfung aus Angst vor der Spritze gestolpert und haben sich dabei z. B. einen Fuß gebrochen“, so Wieser. Zwei Rinder zeigten allergische Reaktionen und bei einer Kuh versagte das Herzkreislaufsystem. In diesen Fällen gab es Entschädigungszahlungen vom Gesundheitsministerium. Alle anderen 170.399 Tiere haben die Blauzungen-Impfung unbeschadet überstanden und leben (sofern sie nicht an Altersschwäche o. ä. gestorben oder beim Metzger gelandet sind) noch heute gesund und munter weiter.

Eisl habe ja Verständnis, wenn Menschen aus Überzeugung handeln, „aber Seuchenbekämpfung - egal bei welcher - funktioniert nur, wenn sich alle an die Spielregeln halten!“

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