Tennengau
Apotheken trotzen dem Mangel mit eigenem Wissen
Die Apotheken greifen angesichts des Mangels an Antibiotika auf eigenes Wissen zurück: Es bleibt die Kostenfrage.
HALLEIN/OBERALM/GOLLING. Engpässe in der Lieferkette für Medikamente führen mittlerweile international und österreichweit zu einem Versorgungsstau. "Der Mangel an Antibiotika besteht seit Ende November 2022", erklärt Volker Kühn, Geschäftsführer der Stadtapotheke Hallein. Grund dafür seien vor allem Fehlkalkulationen infolge der Coronapandemie. Besonders Antibiotikasäfte für Kinder und Medikamente für Langzeitpatienten sind in Apotheken zur Mangelware geworden.
Verstärkt greifen die Apotheken auf ihr Know-how zurück, was die Zusammensetzung und Herstellung von Arzneimitteln, deren Einsatzgebiete und Wechselwirkungen der Arzneistoffe und Phytopharmaka – aus Pflanzen hergestellte Arzneimittel – umfasst. "Wo es möglich ist, werden Alternativen herangezogen. Wo das nicht möglich ist, wird in Absprache mit Ärzten eine Arzneimittel-Spezialität hergestellt. Wie jüngst bei einem Ausbruch von Scharlach", schildert Franziska Wagner, Geschäftsführerin der Gemsen Apotheke in Golling.
"Nur Spitzen abdecken"
Das Grundproblem ist die Verfügbarkeit der einzelnen Wirkstoffe. Organisationstalent und viele Telefonate sind hier notwendig, weiß Volker Kühn. Auch in der Apotheke Oberalm sind die Angestellten von den Engpässen gefordert. "Wir tun was wir können, aber es ist auch ein Mehraufwand, der nicht bezahlt wird", sagt Geschäftsführer Holger Höfler.
Bei mangelnden Antibiotika arbeiten Höfler und sein Team eng mit den Ärzten zusammen, die Arzneimittel werden auf ärztliche Verordnung dann selbst hergestellt, mit dem Können und den Mitteln vor Ort. "Oft gibt es dasselbe Präparat, nur eben in anderer Form. Es gibt kaum etwas, wofür man keinen Ersatz findet", sagt die Apothekerin Wagner. Möglich sei es aber nur die Spitzen abzudecken, es mangle einfach zu sehr an Rohstoffen, weiß Volker Kühn. "Der Mangel ist auch eine Standortfrage. Österreich ist als Markt für bestimmte Arzneimittel nicht interessant, die Hersteller weichen in andere Länder aus, wo sie mehr profitieren", erklärt Höfler.
Auch eine Kostenfrage
Die Apothekerkammer hatte vergangene Woche den Vorschlag unterbreitet, bestimmte Rohstoffe im Ausland zu kaufen, um dem Mangel zu trotzen. "Obwohl zahlreiche Rohstoffe auch in Österreich hergestellt werden könnten, hat man das zu einem großen Teil Ländern wie China überlassen", sagt Volker Kühn. Das Gesundheitsministerium lehnte den Vorschlag der Kammer allerdings ab, das sei kurzfristig nicht zu machen. In Österreich werden die Arzneimittelpreise im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) geregelt. "Wir sind in Europa leider Spitzenreiter bei der Preisrallye nach unten, das wirkt sich massiv auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen aus", weiß Höfler.
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