Gletscherbericht 2022/23
Gletschersterben in Tirol geht massiv weiter

Triste Situationen auf den Gletschern bei der Vermessung. | Foto: ©Alexander Fuchs
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  • Triste Situationen auf den Gletschern bei der Vermessung.
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Die ehrenamtlichen Gletschermesser des österreichischen Alpenvereins haben für ihren aktuellen Gletscherbericht 93 Gletscher in Österreich beobachtet oder vermessen. Und das Ergebnis ist alarmierend, nur ein Gletscher blieb gleich groß, 92 gingen zurück.

TIROL. "Mittlerweile gewöhnt man sich fast an die jährlichen Negativergebnisse, aber die Situation auf den Gletschern ist alarmierend", sagt Nicole Slupetzky, Vizepräsidentin des österreichischen Alpenvereins anlässlich der Präsentation des Gletscherberichtes 2022/23. Und die Gletschermesser bräuchten derzeit nicht einmal mehr technische Hilfen. " Mit freiem Auge ist der Rückgang der Gletscher feststellbar, egal wo in Österreich gemessen wird", so Slupetzky. "Insgesamt war das Gletscherjahr zu warm, die Niederschlagsmengen auch im Winter zu gering", sagt Gletscherexperte Andreas Kellerer-Pirklbauer.

Keine weiteren Erschließungen

Der Alpenverein spricht sich klar gegen weitere Erschließungen aus.  „Ein Umdenken der Politik ist hier dringend notwendig. Wir müssen uns jetzt zu einem naturverträglichen Tourismus hinbewegen - Erschließungen von bisher unberührten Gletscherflächen sind Raubbauten an der Natur“ , betont Slupetzky.
Aktuell gibt es beispielsweise Ausbaupläne für das Skigebiet „Pitztaler Gletscher“, wo drei bisher skitechnisch unerschlossene Gletscher verbaut werden könnten. Bei den Erweiterungsplänen des Skigebiets „Kaunertaler Gletscher“ würde mit dem Gepatschferner sogar eine der größten noch verbliebenen Gletscherflächen der Ostalpen erschlossen. Erst im März hat die Tiroler Landesregierung festgestellt, dass für diese Pläne eine Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend durchzuführen ist. Im Bescheid verweist die zuständige Behörde auf gravierende Umweltauswirkungen, mit denen zu rechnen ist und geht dabei von untragbaren Auswirkungen auf die Schutzgüter Landschaft und Erholungswert aus.

Gletscherende naht

Das Jahr war im Durchschnitt 1,7 Grad zu warm, Schnee im Sommer wird dadurch immer seltener. "Dadurch beginnen die Gletscher schon viel früher, nämlich im Juni, abzuschmelzen und dadurch zu schrumpfen", so Gerhard Karl Lieb, der Leiter des Alpenverein-Gletschermessdienstes.  Durchschnittlich gingen die 92 vermessenen Gletscher um 23,9 Meter im Jahr zurück. Für Experten Lieb ist feststellbar, dass es mit großer Geschwindigkeit ans Ende der Gletscher geht.
Insgesamt sind die Tiroler Gletscher im vergangenen Jahr extrem geschrumpft, die Tendenz ist weiter negativ. Im aktuellen Berichtsjahr mussten vier von fünf Gletschern mit den höchsten Rückzugsbeträgen in Tirol verzeichnet werden. Der Rettenbachferner (Ötztaler Alpen) mit 127,0 m, der Sexergertenferner ( Ötztaler Alpen) mit 93,7 m, das Schlatenkees (Osttirol, Venedigergruppe) mit 92,8 m und der Fernauferner (Stubaier Alpen) mit 68,0 m. Aber auch der Jamtalferner in der Silverettagruppe wurde um knapp 20 m kürzer, der Wildgerloskees in den Zillertaler Alpen schrumpfte um 29,7m.
Laut dem Gletscherbericht des Alpenvereins gibt es in Österreich keinen Gletscher mehr, der über ein Nährgebiet verfügt, das die bestehende Eismasse auch nur annähernd erhalten könnte. „Die österreichischen Gletscher existieren nur noch aufgrund der in der Vergangenheit angesammelten Eisreserven“, informieren Lieb und Kellerer-Pirklbauer. Der aktuelle Bericht kann laut den Leitern des Alpenverein-Gletschermessdienstes daher „als Warnsignal an die Klimapolitik“ gelesen werden.

Auswirkungen für den Bergsport

Die schmelzenden Gletscher bergen auch Gefahr für die Alpinisten, Bergsportler und Wanderer.  Zurückweichende Gletscher hinterlassen instabile Geländeformationen wie Moränen, Schmelzwasserseen und Gletscherspalten. Diese sind schwer zu erkennen und stellen eine potenzielle Gefahr dar, da Wanderer versehentlich hineinfallen könnten. Der Rückgang der Gletscher führt zu häufigeren Eisbrüchen und Gletscherabbrüchen. Wanderer in ihrer Nähe sind Gefahren durch herabstürzende Eisbrocken oder plötzliche Gletscherabbrüche ausgesetzt.
Schmelzwasserabflüsse können sich verändern, was zu plötzlichen Überschwemmungen oder neuen Flussläufen führen kann, die Wanderer überraschen und gefährden. Gletscherschwund bringt mehr Spalten und instabile Bedingungen mit sich, wodurch einst sichere Routen jetzt riskanter sind und eine höhere technische Kompetenz erfordern.
Gletscher sind wichtige Orientierungspunkte in Berglandschaften. Ihr Rückgang kann dazu führen, dass Wanderer und Bergsteiger Schwierigkeiten haben, sich zu orientieren und sich möglicherweise verirren.

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