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Tirol weist zwar eine der niedrigsten Raten rechtsextremistischer Straftaten in Österreich auf, doch neue Netzwerke formieren sich und altbekannte Individuen halten Bastionen in Osttirol aufrecht.
TIROL. Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) hat einen detaillierten Bericht über die rechtsextreme Szene in Österreich erstellt. Die Basis der Definition für Rechtsextremismus bilden die wissenschaftlichen Arbeiten des Historikers Willibald Holzer: Drei Kernmerkmale sind Ethnozentrismus, Verneinung der Gleichheit der Menschen und Autoritarismus. Der Bericht wurde 2019 im Koalitionsabkommen von ÖVP und Grünen beschlossen, nachdem der zuvor jährliche Rechtsextremismusbericht 2002 unter schwarz-blau eingestellt worden war.
Rechtsextremistische Straftaten
Zwischen 2021 und 2023 gab es in Österreich insgesamt 3.189 rechtsextremistische Straftaten (REX). Davon entfielen 182 auf Tirol, was einem Wert von 7,9 pro 100.000 Einwohner entspricht. Damit liegt Tirol auf dem zweitniedrigsten Platz, nur das Burgenland verzeichnete eine geringere Rate. Die Bundesländer mit den höchsten relativen Zahlen an REX-Fällen sind Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich. In absoluten Zahlen führt Wien mit 682 Fällen die Statistik an. Der größte Teil der rechtsextremistischen Straftaten betraf in den Jahren 2021 bis 2023 Verstöße gegen das Verbotsgesetz (61,3 %), vor allem nationalsozialistische Wiederbetätigung, gefolgt von Sachbeschädigung und Verhetzung.
Ein relativ neue Spielart des Rechtsextremismus sind die sogenannten "Identitären".
Laut dem Bericht galt Osttirol in den 2000er Jahren als Hotspot für Neonazis in Österreich. Dort kam es zu Brandanschlägen, gewaltsamen Übergriffen und mehrfacher nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Viele Täter wurden später in Innsbruck verurteilt, einige begingen auch in der Landeshauptstadt Gewaltdelikte. Ein besonders brutaler Vorfall ereignete sich am Neujahrstag 2003 in Lienz: Zwei afrikanische Asylwerber wurden am Bahnhof von Bernd A. und Manuel S. beschimpft und niedergeschlagen. Vor Gericht gab Bernd A., der eine „White Power“-Tätowierung im Nacken trug, zu, mit seinen Stahlkappenstiefeln zugetreten zu haben. Während des Prozesses im Februar 2003 blieb jedoch unbemerkt, dass er nur wenige Tage zuvor, am 6. Dezember 2002, mit anderen Neonazis in Innsbruck einen weiteren Afrikaner brutal attackiert hatte. Dieser Fall wurde erst im Mai 2004 verhandelt.
Aktualität
Ein Osttiroler (und Mitglied der Innsbrucker akademischen Landsmannschaft Tyrol) kandidierte 2021 für den Ring Freiheitlicher Studenten. Der Osttiroler erhielt 2015 eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz und präsentierte sich im entsprechenden Gerichtsprozess als weltanschaulich gefestigter Nationalsozialist.
Im März 2024 wurde ein Osttiroler Neonazi zu neun Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde über Jahre hinweg nationalsozialistische Wiederbetätigung vorgeworfen. Die Inhaftierung des Mannes löste eine Solidarisierungswelle in der Neonazi-Szene aus. In- und ausländische rechtsextreme Gruppen forderten seine Freilassung. Der Verurteilte war Teil mehrerer NS-Hardcore-Bands wie Terrorsphära, Feuernacht und Alpenfestung. Terrorsphära ist Österreichs Exportschlager in Sachen Neonazi-Hardcore. Bereits 2021 hatte der Osttiroler in einem Interview angegeben, seit seinem 14. Lebensjahr politisch aktiv zu sein. Ende November 2023 bedankte er sich in einem Brief an die neonazistische Gefangenenhilfe für die „Solidarität“ und betonte, dass er sich in der Haft nicht „biegen“ lasse.
Neue Rechte in Tirol
Definition
Als „Neue Rechte“ wird im Bericht eine spezifische Ausprägung des Rechtsextremismus beschrieben, die sich durch neofaschistische Anklänge und eine strategische Orientierung auf kulturelle Hegemonie auszeichnet. Diese Bewegung unterscheidet sich von der „alten Rechten“ durch eine Modernisierung ihrer Rhetorik und eine Vermeidung von offener Bezugnahme auf historischen Faschismus. Der Schwerpunkt liegt auf einer im Bericht genannten „Metapolitik“ – der Veränderung kultureller und gesellschaftlicher Werte als Vorbereitung auf politische Machtübernahmen. Martin Sellner, eine zentrale Figur dieser Bewegung, erklärte, es sei wichtig, „die linke Macht über Sprache und Denken zu brechen“, um rechte Parteien langfristig politisch zu stärken.
Vernetzungstreffen in Tirol
Geografisch ist laut dem Bericht die „Neue Rechte“ vor allem in Wien, Oberösterreich, der Steiermark sowie – mit Einschränkungen – in Kärnten und Niederösterreich aktiv. Im Westen Österreichs konnten entsprechende Ansätze bisher keinen starken Fuß fassen. Dennoch gab es Mitte Mai 2022 ein Vernetzungstreffen in Tirol. Organisiert wurde es vom Verein Haymon, der enge Kontakte zur Identitären Bewegung pflegt. Mit dem gleichnamigen Buchverlag besteht keinerlei Verbindung. Teilnehmer kamen aus Südtirol, Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Bayern. Unter den Anwesenden waren bekannte Größen der Identitären Bewegung, des Andreas-Hofer-Bundes sowie FPÖ-Politiker wie Dominic Maier. Die Identitären sind Teil einer jungen Generation innerhalb des Spektrums der Neuen Rechten. Ein ähnliches Treffen fand auch im Jahr 2023 statt. Wieder wurde es vom Verein Haymon organisiert und fand in Schwaz statt. Dabei traten unter anderem die FPÖ-Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler und Daniel Marschik auf.
Die rechtsextremistischen Identitären bei einer Demonstration in Wien (Archivbild).
Ein Parteibeschluss der FPÖ aus dem Jahr 2016 verbot noch ausdrücklich jegliche Verbindungen zu zur Identitären Bewegung.
„Wir haben kein Problem, uns vom rechten Rand zu trennen. Das haben eher die Linksparteien vom linken Rand“, argumentierte beispielsweise auch FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger 2019.
Laut dem Rechtsextremismusbericht pflegt die heutige FPÖ offen Kontakte mit verschiedenen rechtsextremen Bewegungen. Herbert Kickl bezeichnet beispielweise die Identitäre Bewegung als ein "interessantes und unterstützenswertes Projekt".
Dennoch haben solche Netzwerke in Tirol bisher keinen großen Verbreitungsgrad erreicht. Experten warnen jedoch vor einem möglichen Ausbau solcher Strukturen, etwa durch den Erwerb eines „Hausprojekts“ als Basis für ideologische Seminare und andere Aktivitäten, ähnlich wie in Oberösterreich und der Steiermark. Diese sogenannten „Hausprojekte“, wie das Castell Aurora und die Kulturfestung, dienen der dortigen Identitären Bewegung als Versammlungs- und Rückzugsorte.
Die FPÖ hat unter Herbert Kickl ihre Distanz an den rechten Rand aufgeweicht, wie der aktuelle Rechtsextremismusbericht darlegt.
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