Wirtschaft
Unternehmensinsolvenzen mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr

Die Unternehmensinsolvenzen sind seit dem Jahr 2022 in Tirol um 57% gestiegen.  | Foto: KSV
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  • Die Unternehmensinsolvenzen sind seit dem Jahr 2022 in Tirol um 57% gestiegen.
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KSV1870 Insolvenzstatistik Tirol, Gesamtjahr 2022, Hochrechnung: Nachdem in den letzten beiden Jahren aufgrund des Eingriffs der öffentlichen Hand in die regulären Wirtschaftsabläufe kaum Pleiten in Tirol zu verzeichnen waren, gibt es heuer 314 insolvente Betriebe. Diese Zahl ist gleichbedeutend mit einem Anstieg um 105,2 Prozent.

Die Tiroler Unternehmen sind seit März 2020 im Dauerkrisenmodus. Auch wenn das Insolvenzgeschehen 2022 wieder Schwung aufnimmt, zeigen sich die Tiroler Betriebe bisher durchaus resilient. Wenn man von einer Trendumkehr sprechen möchte, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Mit Bedachtnahme auf die vergangenen Wochen und Monate zeigt sich deutlich, dass im Bereich der Unternehmen erstmals seit Beginn der Corona-Krise Zahlen auf dem Tisch liegen, die sich auf „Vor-Krisen-Niveau“ bewegen. Die Steigerung der Insolvenzen um 105,2 Prozent in Tirol, ist aber kein Grund in Panik zu verfallen. Dazu reicht ein Blick in die Vergangenheit: In Tirol gab es im Bundesländervergleich in den letzten beiden Jahren - ausgehend von einem bereits sehr niedrigen Insolvenzniveau in den Jahren vor Ausbruch der Pandemie - einen massiven Rückgang bei der Anzahl der Unternehmenspleiten. Heuer ist in Tirol das Insolvenzgeschehen wieder in Schwung gekommen. Eine mehr als Verdoppelung der Anzahl der in die Pleite geschlitterten Unternehmen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr bedeutet auch eine gesteigerte Insolvenzhäufigkeit in Relation zu 2018 (252 Fälle) und 2019 (309 Fälle). Vom hohen Insolvenzniveau in den 2000er Jahren ist Tirol derzeit aber weit entfernt.

Bei der Betrachtung Gesamtösterreichs ist auffällig, dass sich die Insolvenzentwicklung weit weniger volatil als im Bundesland Tirol zeigt. Österreichweit ist die Anzahl der Insolvenzen in den vergangenen Jahren nicht derart stark eingebrochen wie in Tirol. Dafür gibt es 2022 über den Bundesschnitt gerechnet auch nur einen Anstieg um 57 Prozent. Im Vergleich zu den letzten Jahren – auch jenen vor Ausbruch der Pandemie – hat sich die Größe der Insolvenzverfahren in Tirol etwas nach oben bewegt. Es ist immer noch so, dass hauptsächlich Klein- und Kleinstinsolvenzen die Insolvenzrichter am Landesgericht beschäftigten.

In der zweiten Jahreshälfte gab es aber nunmehr drei Verfahrenseröffnungen, bei denen davon auszugehen ist, dass die aushaftenden Passiva die 10-Millionen-Euro-Grenze überschreiten werden. Diese Verfahren betreffen die Mozart Vital Hotel GmbH in Ried im Oberinntal, die Weis Immobilien GmbH in Wattens und die GA Actuation Systems GmbH in Zellberg. Bei allen drei Konkursverfahren kommt eine Sanierung nicht in Frage. Die jeweiligen Insolvenzverwalter sind aktuell dabei, den Verwertungsprozess entsprechend zu strukturieren. Besonders zu erwähnen ist dabei, dass aufgrund der Insolvenz der GA Actuation Systems GmbH mehr als 70 Dienstnehmer kurz vor dem Jahreswechsel ihre Beschäftigung verlieren werden.

Dass die Insolvenzverfahren im Vergleich zum Vorjahr größer geworden sind, bestätigt auch ein Blick auf die vom KSV1870 erfassten Verbindlichkeiten. Insgesamt gelangten über 110.000.000 Euro in den eröffneten Insolvenzverfahren in Tirol zur Anmeldung. Dieser Betrag bedeutet eine mehr als Verdreifachung der Passiva im Vergleich zu 2021.

Das Marktumfeld hat sich in den letzten Wochen und Monaten für die Tiroler Betriebe stark verändert. Energiepreissteigerungen, Lieferkettenprobleme, Zinsanstieg, Fachkräftemängel und viele weitere Themen belasten die heimischen Betriebe. Bisher gibt es jedoch am Tiroler Landesgericht keine Insolvenzverfahren, die allein im Zusammenhang mit außerordentlichen Preissteigerungen etwa im Rohstoff- oder Energiesektor in den letzten Monaten stehen.

Klaus Schaller, KSV1870-Standortleiter Tirol, befürchtet aber, dass es zu einem Nachholeffekt kommen wird:

„Wir werden in den nächsten Monaten sehen, dass einige Geschäftsmodelle aufgrund der Kostenentwicklung an ihre Grenzen stoßen. Gerade in Branchen mit niedrigen Margen sind die Betriebe rasch in ihrer Existenz bedroht, wenn sie die gesteigerten Kosten nicht oder nicht zeitnah an ihre Abnehmer weitergeben können. Zu denken ist hier etwa an den stationären Handel. Bedrohlich könnte die Situation auch für energieintensive Betriebe werden, wenn die Energiekosten über viele Monate hinweg ein derart hohes Niveau beibehalten.“

Bei einer Analyse der Insolvenzfälle in Tirol zeigt sich, dass die Tiroler Tourismusbetriebe die schwierigen Jahre der Pandemie gut überwunden haben. Es gibt zwar die eine oder andere Pleite von Hotelbetrieben im Land, hier waren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten aber durchwegs hausgemacht und das unternehmerische Scheitern nicht allein auf COVID19 zurückzuführen.

Ausblick für 2023:

Der KSV1870 erwartet für das kommende Jahr einen merkbaren Anstieg an Unternehmensinsolvenzen in Tirol. Letztendlich werden auch in Tirol einige Betriebe aufgrund des geänderten Marktumfeldes nicht überlebensfähig sein. Für die Personen, die in der Verantwortung stehen, heißt es jedenfalls wachsam zu bleiben. Für die Tiroler Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist auch die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Sollte es beim großen Nachbarn zu gröberen Verwerfungen (zB in der Automobilindustrie) kommen, hätte dies mit einer gewissen Zeitverzögerung auch spürbaren Einfluss auf das heimische Wirtschaftsgeschehen.

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