"Das ist eine Frage der Gunst"

Der St. Pöltener Anwalt Christian Hirtzberger vertritt Gastronom Johann Zeiner vor Gericht. | Foto: Hirtzberger
  • Der St. Pöltener Anwalt Christian Hirtzberger vertritt Gastronom Johann Zeiner vor Gericht.
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BEZIRKSBLÄTTER: "Sind Sie davon überzeugt, dass das Urteil zu Ihren/Zeiners Gunsten ausfallen wird? Warum?"
CHRISTIAN HIRTZBERGER:
"Ich bin davon überzeugt, dass Herr Zeiner sehr gute Chancen hat, dass das Urteil des Bezirksgerichts Tulln zu seinen Gunsten ausfällt. Es ist heute herrschende Auffassung, dass der Staat (vorliegend die Gemeinde) auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (also dort, wo er als Träger von Privatrechten auftritt) an die Grundrechte gebunden ist. Zu den zentralen Grundrechten gehören der Gleichheitsgrundsatz und jener der Erwerbsfreiheit.
Um den Altarm Greifenstein herum ist die viaDonau Grundeigentümer. Diese hat die betreffenden Grundstücke an die Gemeinde St. Andrä-Wördern verpachtet, die in diesem Bereich gleichsam ein Monopol ausübt. Mit Zustimmung des Grundeigentümers (viaDonau) und der Gemeinde St. Andrä-Wördern betreiben mehrere Gastwirte auf den betreffenden Grundstücken Gastronomieunternehmen. Es ist nun kein sachlicher Grund zu ersehen, warum dies ausgerechnet Herrn Zeiner verwehrt wird, zumal Herr Zeiner selbstverständlich alle gesetzlichen Vorschriften und Auflagen erfüllen wird.
Die viaDonau hat Herrn Zeiner ihre Zustimmung zur Aufstellung eines Würstelstandes erteilt, jedoch darauf verwiesen, dass die Marktgemeinde St. Andrä-Wördern als Pächterin ebenfalls ihre Zustimmung geben muss. Diese Zustimmung wird lapidar damit verneint, dass „mit den dort bestehenden Gastronomiebetrieben das Auslangen gefunden wird“. Auf welcher sachlich objektiven Grundlage diese Aussage erfolgte, wird von der Gemeinde schamhaft verschwiegen. Dies ist insofern bemerkenswert als eine optimale Versorgung der Bevölkerung (auch mit gastronomischem Angebot) vielmehr in dem von der Gemeinde zu vertretenden öffentlichen Interesse zu sein hat, als der Schutz bestimmter Gewerbetreibender vor Mitbewerbern.

Der Gemeindevorstand hat einstimmig beschlossen, dass die Würstelbude des Gastwirts nicht aufgestellt werden darf. Ist das überhaupt legitim?
"Die Liegenschaftsverwaltung obliegt gemäß § 35 der NÖ Gemeindeordnung grundsätzlich dem Gemeinderat. Mir ist kein Beschluss des Gemeinderates bekannt, der die Entscheidung im konkreten Fall an den Gemeindevorstand delegiert hätte.
Nach der zeugenschaftlichen Aussage des Herrn Obersekretär Ohnewas gibt es ein vom Gemeinderat vor vielen Jahren beschlossenes „Nutzungskonzept“, dessen Inhalt ihm zwar nicht genau bekannt sei, das aber den Schutz bestehender Gastronomiebetriebe vor Konkurrenz beinhalten soll. Auf welchen Grundlagen dieses „Nutzungskonzept“ beruht, ist ebenso schleierhaft wie die Antwort auf die Frage, ob diese nicht längst überholt sind."

Welche Kosten werden auf die Gemeinde zukommen, wenn sie den Prozess verliert?
"Für den Fall, dass die Gemeinde unterliegt, werden allein für das Verfahren erster Instanz Kosten von rund 10.000 Euro auf die Gemeinde zukommen. Welchen Vorteil die Entscheidungsträger für die Gemeinde sehen, der es wert ist, ein so hohes Risiko einzugehen, mag jeder für sich beurteilen. Für den Wirtschaftsstandort St. Andrä-Wördern wäre es sicher besser, eine Ausweitung des gastronomischen Angebots für seine Bürger und Gäste zuzulassen, als Geldmittel und Energie in Gerichtsverfahren zu stecken."

Ihrer Schätzung nach – wie lange wird sich der Prozess ziehen? Wann kann man damit rechnen, dass Zeiner das erste Würstel verkauft?
"Das Urteil des Bezirksgerichts Tulln sollte bei normalem Gang der Dinge noch in diesem Jahr vorliegen."

Was glauben Sie, warum lassen sich Gemeinden (grundsätzlich) auf solche Streitigkeiten ein?
"Hier antworte ich mit einem Zitat aus der Wahlkampffibel, die Quintus Tullius Cicero (106 – 43 v.Chr.) für seinen berühmten Bruder Marcus Tullius Cicero verfasst hat: 'Und überhaupt: Gewöhne dich an den Gedanken, dass du vor der Wahl allen alles versprechen musst, nach der Wahl aber deine Gunst nur jenen gewährst, bei denen du sie am besten angelegt glaubst' ".

Das gastronomische Auslangen sei gefunden, so die Begründung des Gemeindevorstandes - man wolle keine zusätzliche Konkurrenzsituation herbeiführen. Zeiner sagte gegenüber dem Bezirksblatt, dass hier "Planwirtschaft" vorliege und verglich die Zustände mit dem ehemaligen Ostblock. Was ist Ihre Meinung
"Das Gegenteil von Planwirtschaft ist die (freie) Marktwirtschaft. Dort übt die Kontrolle über die sachgemäße Verwendung der Produktionsmittel und die Ahndung von Fehlplanungen der Staat und die Planung aus, hier der Markt und der Wettbewerb. Ich denke nicht, dass in St. Andrä-Wördern die im ehemaligen Ostblock praktizierte Planwirtschaft ausgebrochen ist, die im vorliegenden Fall von der Gemeinde gewählte Argumentation passt jedoch – soweit bisher bekannt – bestimmt nicht in das Konzept der freien Marktwirtschaft".

Hier geht's zum Artikel "Greifenstein ist die Würstelbude Wurscht"

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