Prozess am Landesgericht
Ex-Freundin brutal zu Abtreibung aufgefordert
Nur wenige Monate hielt die Beziehung zwischen einem 31-Jährigen und einer 25-Jährigen aus dem Bezirk Tulln. Einen Tag nach der Trennung des Paares im November 2019 verlangte der mehrfach vorbestrafte Mann mittels WhatsApp-Nachrichten, dass die mittlerweile schwangere Frau abtreiben soll.
BEZIRK TULLN (ip). Bei seinem Prozess am Landesgericht St. Pölten wirkte der Beschuldigte eher ruhig und zurückhaltend, der Inhalt seiner insgesamt elf Nachrichten, mit denen er innerhalb von 20 Minuten seine Ex-Freundin in Panik versetzte, stand dazu im krassen Gegensatz.
„Ich treibe das Kind eigenhändig ab, warte nur, bis ich nach Hause komm!“,
lautete etwa eine der Drohungen, mit der er die Frau zur Abtreibung nötigen wollte. Verfahrenshelferin Kathrin Hetsch erklärte, dass es dem Angeklagten wirklich leid tue und ergänzte: „Er wird sich reumütig geständig verantworten.“ Er selbst bezeichnete sein Verhalten als „großen Blödsinn“. An sich mag er Kinder, seine Freundin habe ihn mit der Schwangerschaft aber völlig überfordert. „Sie hat mir wirklich Angst gemacht“, erklärte er dem Richter und begründete seine Reaktion mit seinen tristen finanziellen Verhältnissen. Er ist seit einem Jahr arbeitslos und sämtliche staatliche Zuwendungen seien ihm vor sechs Monaten gestrichen worden. Derzeit wohne er einmal da, einmal dort bei Freunden, habe 20.000 Euro Schulden und besitze nicht einmal ein Handy.
Antigewalttraining für 31-Jährigen
Die 25-Jährige wurde in Abwesenheit des Beschuldigten einvernommen. Nach den Drohungen sei es ihr sehr schlecht gegangen.
„Ich hab Panik gekriegt, weil ich Angst um mich, um meine Familie und meine Tochter gehabt habe!“
In der Folge habe sie massiv an Ein- und Durchschlafstörungen gelitten. Gleichzeitig bestätigte sie auch die Versuche ihres Ex-Freundes, sich bei ihr zu entschuldigen. Mit Rosen und Adventkalender an ihrem Auto, sowie einigen entsprechenden Nachrichten habe er sein Bedauern ausgedrückt. Die Opfervertreterin beantragte Schmerzensgeld, ein umfassendes Kontaktverbot und regte ein Antigewalttraining für den bereits vorbelasteten Mann an.
Schwere Nötigung
Durch entsprechende Weisungen kam Richter Andreas Beneder allen Vorstellungen der Opfervertreterin nach, sprach dem Opfer 200 Euro Schmerzensgeld zu und ordnete darüber hinaus Bewährungshilfe für den Beschuldigten an. Wie Staatsanwalt Leopold Bien wertete der Richter die Straftat als Verbrechen der schweren Nötigung. Mit einer saftigen Geldstrafe in Höhe von 480 Tagessätzen zu, dem Einkommen entsprechend, je vier Euro (240 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und einer bedingten Haftstrafe von zehn Monaten endete der Prozess mit einem vorerst nicht rechtskräftigem Urteil.
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