Tag der Muttersprache
Verschiedene Nation, verschiedene Muttersprachen in Tulln
Zur Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt wird heuer am 21. Februar zum 23. Mal der Tag der Muttersprache gefeiert.
TULLN/ST.ANDRÄ WÖRDERN. "Ich habe meine Kinder zuhause sanft zur Verwendung unserer Muttersprache gezwungen", bemerkt mit einem Lächeln die Serbin Miljkouvic Votica. Sie ist 1989 ohne Deutschkenntnisse nach Österreich gekommen und hat mit ihrem damals sechs Wochen alten Baby zu arbeiten begonnen. "Ich habe die deutsche Sprache durch lesen von Kleinkinderbüchern erlernt. Es war ein langer steiniger Weg", gibt die diplomierte Krankenschwester an. Sie hat aber immer darauf geachtet, dass ihre Kinder die Muttersprache nicht verlernen.
Ein Verein, der Länder verbindet
So wie Votica ist auch Mohamed Tlig Mitglied im "Verein Grenzenlos" in St. Andrä-Wördern. Mohamed ist ursprünglich aus Tunesien und leitet den Fußballverein Grenzenlos seit 2003. "Mir fehlt meine Muttersprache nicht, weil ich sie mit meiner Familie regelmässig spreche und zwei bis dreimal im Jahr nach Tunesien fahre", so Mohamed, dessen ganze Familie im Verein tätig ist. "Gemeinsames Tun verbindet und beim Kochen und beim Sport braucht man nicht viel reden, um sich zu verstehen. Mein ersten österreichischen Worte waren: Grüß Gott", wirft Mohamed noch ein.
Sehnsucht nach der Muttersprache
"Mein erstes Wort, das ich ausgesprochen habe war "Mutter". Ich bin seit 1992 in Österreich und habe 15 Jahre gelitten. Leider habe ich hier fast keine Möglichkeit in meiner Muttersprache zu sprechen, weil es hier nicht viele Leute aus Rußland gibt. Wenn ich Sehnsucht nach meiner Muttersprache habe, telefoniere ich mit Freunden aus meiner Heimat", sagt die Mathematikerin Anna aus Usbekistan.
Vom Tellerwäscher zum Obmann
Obmann Peter Mlczoch, der vor 16 Jahren nach St. Andrä gezogen ist: "Ich war Tellerwäscher in der Kochgruppe und bin dann zum Obmann aufgestiegen. Dieser Verein bringt Leute zusammen, man kann Erfahrungen verschiedener Kulturen austauschen und das Gemeinsame verbindet." Seine Lebensgefährtin Doris Klepp unterrichtet die Leute in Deutsch.
Der Verein Grenzenlos hat um die 70 verschieden Nationen und gemeinsam wird gekocht, Sport betrieben, Geschichten erzählt, gewandert.
Die sprachliche Vielfalt ist zunehmend gefährdet. Weltweit gibt es schätzungsweise 6.700 Sprachen, von denen mindestens 40 Prozent bedroht sind. Im Durchschnitt verschwindet alle zwei Wochen eine Sprache – und mit ihr kulturelles und intellektuelles Erbe.
In der Stadtgemeinde Tulln leben Staatsbürger aus rd. 90 Nationen. Die meisten nicht-österreichischen Staatsbürger sind Staatsbürger aus Bosnien-Herzegowina (597 Personen), Kroatien (393 Personen) und Deutschland (301 Personen).
In Österreich werden 250 Sprachen gesprochen
Laut Unesco Österreich werden hierzulande rund 250 verschiedene Sprachen gesprochen. Zu den wichtigsten Umgangssprachen gehören neben der deutschen Sprache insbesondere Kroatisch und Türkisch. Darüber hinaus sind Kroatisch (130.000 Sprecher), Ungarisch (41.000), Slowenisch (25.000), Tschechisch (18.000), Slowakisch (10.000), die Österreichische Gebärdensprache (9.000) sowie Romani (6.000) anerkannte Minderheitensprachen.
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