Bezirk Tulln
Zu viel Licht verschmutz die Dunkelheit der Nacht

- Die Nachthimmelaufnahmen über Sitzenberg-Reidling zeigen deutlich, was die Lichtverschmutzung mit unserer Nacht anstellt.
- Foto: Simone Jungwirth
- hochgeladen von Victoria Edlinger
Sitzenbergerin zeigt mit ihren Nachthimmelfotos das Problem der Lichtverschmutzung im Bezirk Tulln auf.
BEZIRK.
"Lichtverschmutzung entsteht insbesondere dort, wo künstliches Licht überdimensioniert, im Dauerlichtmodus, rein zur Zierde leuchtet und viele Blaulichtanteile enthält, vor allem unsere modernen LED enthalten viel blaue Lichtanteile, welche stärker gestreut werden und sich so stärker in der Atmosphäre ausbreiten",
verrät Simone Jungwirth aus Sitzenberg von den "Paten der Nacht". Lichtverschmutzung bezeichnet die Aufhellung des natürlichen Nachthimmels durch künstliches, menschengemachtes Licht.
"Wir sind eine Initiative von Ehrenamtlichen in ganz Österreich, die sich der Bewusstseinsbildung zum Thema Lichtverschmutzung und dem Aufzeigen von Lösungsvorschlägen verschrieben haben. Unser Ziel ist auch ein Netzwerk an Fachexperten zum Thema über das ganze Land hinweg aufzubauen. Wir selbst kommen mit unterschiedlichsten persönlichen Hintergründen ins Team - von Astronomen bis zu Technikern, von Umweltexperten bis zu Nachthimmelfotografen",
sagt Jungwirth, die unter anderem die "Paten der Nacht" nach Österreich geholt hat.
"Uns verbindet die Tatsache, dass Lichtverschmutzung so einfach, rasch und rückstandslos zu beseitigen wäre, wie kein anderer vom Menschen verschmutzter Bereich wie Luft oder Wasser".
Das Problem der Lichtverschmutzung wird unterschätzt.
"Licht macht unsere Nächte immer heller und schadet nachweislich Mensch, Natur und Umwelt".
Vor allem durch blaues Licht leidet der Biorhythmus von Mensch und Tier, denn Melatonin, also das Schlafhormon, das uns müde macht, wird erst bei Dunkelheit ausgeschüttet. Zudem wird bei Tieren die Orientierung durch künstliches Licht gestört oder Insekten und Nachtfalter sterben an den hellen Lichtquellen.
Vorschriften in Siedlungen
"An Straßen und auf öffentlichen Parkplätzen, ist die Ausleuchtung entsprechend verschiedener Normen erforderlich. Hier gibt es auf Gemeindeebene kaum Handlungsspielraum",
erklärt Vizebürgermeister Harald Schinnerl. Grundsätzlich tauscht die Stadtgemeinde Tulln ihre gesamten Leuchtmittel auf LEDs aus.
"In Siedlungsgebieten sind diese Lampen zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr früh gedimmt, was den Energiebedarf weiter senkt",
erklärt Schinnerl. Doch:
"Vor allem moderne LED-Leuchten enthalten viel blaues Licht",
verrät Jungwirth.
"Ich sage immer, um Aufmerksamkeit und Bewusstsein zu schaffen – egal für welches Thema – muss man in die Herzen und Köpfe von Menschen gelangen. Das heißt, einerseits muss Wissen vermittelt werden, in unserem Fall: was ist Lichtverschmutzung, welche negativen Konsequenzen hat sie – für uns Menschen, Tiere und Pflanzen, die gesamte Umwelt und auch unser Geldbörsel – und, ganz wichtig, was kann ich dagegen tun. Das schafft Verständnis, das Gefühl davon, dass ich selbst betroffen bin und eine Möglichkeit habe, etwas dagegen zu tun".
Wir sollten uns darüber bewusst werden, wie viel Geld wir wortwörtlich rausschmeißen, weil wir zu viel, zu hell, zu wenig effizient beleuchten. Wir können uns auch vor Augen führen, dass Milliarden Insekten während nur eines Sommers an österreichischen Straßenlaternen sterben und die Biodiversität dadurch massiv beeinträchtigt wird – mit den bekannten Folgen für uns alle. Wir können uns auch vor Augen führen, dass tagaktive Tiere bei Nacht keine Rollos runterlassen können, so wie wir, und wir ihre „Schlafzimmer“ hell erleuchten. Wir können verstehen, dass wir von zu viel Licht krank werden. Viele Menschen hatten auch vielleicht noch nie die Möglichkeit einen relativ unberührten Nacht- und Sternenhimmel zu sehen.
Eine natürlich dunkle und gesunde Nacht ist wichtig für die Gesundheit von Mensch, Natur und Umwelt. Das Großartige ist: Jede kann ganz einfach, selbstwirksam und meist komplett ohne technische oder gar komplizierte Arbeiten beitragen. Oft ist es schon der Lichtschalter, den wir ab- oder gar nicht erst aufdrehen.
Einfache Maßnahmen helfen
Gerade in einer „Energiekrise“ wie heute ist das Einsparen von Licht und damit Strom und Kosten eine äußerst simple und zielführende Maßnahme. Egal ob die private Haus- oder Gartenbeleuchtung, das Schaufenster, die Straßenlaterne oder der beleuchtete Hauptplatz. Mit folgender Checkliste kann jedes Licht ganz einfach geprüft und adaptiert werden:
- Ist die Lichtintensität möglichst gering? (geringe Lumen-Anzahl)
- Ist das Licht nach unten ausgerichtet und abgeschirmt?
- Ist die Farbtemperatur warm? (2700 Kelvin oder weniger)
- Ist die Montagehöhe so niedrig, wie möglich gewählt?
- Wird nur dort und so lange beleuchtet, wo und wie notwendig und sinnvoll? (Zeitschaltuhren und Bewegungsmelder leisten hier gute und hilfreiche Dienste)
Wir sind Gewohnheitsmenschen. Wenn wir unser Verhalten ändern wollen oder sollen müssen wir zuerst einmal reflektieren und herausfinden, wo Gewohnheiten liegen. In einer Zeit – zum Beispiel von 22 bis 5 Uhr – wo durchschnittlich der Großteil der Menschen schläft, zu Hause ist, Gewerbe nicht geöffnet haben, ist es durchaus sinnvoll sich zu fragen, welches Licht ist wirklich notwendig?
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