Ausgleichszulage zu Unrecht bezogen
BEZIRK TULLN (ip). Mit der monatlichen Pension von 700 Euro für sich und seine Ehefrau hatte ein mittlerweile 77-Jähriger aus dem Bezirk Tulln kein Auskommen. Auf Anraten eines Bekannten beantragte er eine Ausgleichszulage bei der Pensionsversicherungsanstalt, die er zwischen 1994 und 2015 auch regelmäßig erhielt.
Nebeneinkünfte "vergessen"
„Zu Unrecht“, wie die PVA nun behauptet, da der stark sehbehinderte Mann in den Fragebögen der Versicherung, die er alle zwei Jahre auszufüllen hatte, „vergaß“, seine Nebeneinkünfte aus Pacht und Miete anzugeben. Laut Recherche der PVA sei so ein Schaden in Höhe von mehr als 44.000 Euro entstanden, die der Pensionist nun zurückzahlen soll.
Verteidiger und Rechtsvertreter Peter Kolb wies in einem Zivilrechtsprozess die Forderung vorerst zurück. Man habe bei den Einkünften unter anderem die angefallene Umsatzsteuer, die der Pensionist zu zahlen hatte, nicht berücksichtigt. Die Aufwendungen seines Mandanten würden die berechneten Einkünfte doch wesentlich reduzieren. Die PVA klagte infolge dessen den 77-Jährigen wegen schweren Betrugs.
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe
Am Straflandesgericht St. Pölten konfrontierte Richter Slawomir Wiaderek den Beschuldigten mit den ihm zu Last gelegten Vorwürfen. „Es tut mir leid, dass das alles passiert ist“, wiederholte der Pensionist mehrmals. Er habe erst durch die Anzeige der PVA erfahren, dass er die Nebeneinkünfte angeben hätte müssen. Wiaderek konterte mit der Aussage des Mannes vor der Polizei, wonach er bereits vor zehn Jahren darauf aufmerksam gemacht worden sei, dieses Zusatzeinkommen zu melden.
„Dürfen Sie zur Pension unbegrenzt dazuverdienen?“, wollte der Richter darüber hinaus wissen. „Nein, das weiß ich jetzt!“, antwortete der Angeklagte, der auf den Fragebögen außer den Nebeneinkünften alles penibel ausfüllte, beziehungsweise seit seiner starken Sehbehinderung ab 2004 von seiner Frau ausfüllen ließ, jedoch selbst unterschrieb. Er habe eine Ahnung gehabt, meinte der Pensionist hinsichtlich der Meldepflicht seiner Zusatzeinnahmen, „… richtig gewusst hab ich´s aber nicht!“, versuchte er seine Schuld zu relativieren.
Schwerer Betrug
Sein Mandant lebe derzeit am Existenzminimum und sein Blick auf die Realität sei in den letzten Jahren nicht mehr gegeben gewesen, meinte Kolb, der gleichzeitig zugestand, dass es sich zwar nicht um rund 44.000 Euro, aber doch um einen Schaden handle, der die 5.000 Euro übersteige. Wiaderek schloss sich dieser Meinung an. Er verurteilte den bislang unbescholtenen Mann wegen schweren Betrugs zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten (nicht rechtskräftig). Die genaue Höhe des Schadens ist noch in einem Zivilverfahren zu klären.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.