"Ich wusste nicht, was mit mir los war"

Regina Poimer spricht mit Rainer Steinmaßl, dem EXIT-sozial-Leiter in Bad Leonfelden.
  • Regina Poimer spricht mit Rainer Steinmaßl, dem EXIT-sozial-Leiter in Bad Leonfelden.
  • hochgeladen von Ruth Manzenreiter

ALBERNDORF/BAD LEONFELDEN (dur). "Ich habe lange nicht gewusst, was mit mir los war. Ich war immer müde, ohne Motivation. Bereits am Samstagabend machte ich mir Sorgen um die Arbeit. Auf dem Arbeitsweg wurde die Angst mit jedem Meter, den ich näherkam, größer", erzählt Regina Poimer. Die 49-jährige Alberndorferin erkrankte vor zweieinhalb Jahren an Burn-out. Als alleinerziehende Mutter arbeitete sie Vollzeit als Reinigungskraft, erstellte Dienstpläne und war für Putzmittelbestellungen zuständig. Sie half im Büro aus, wurde ohne Ausbildung aber nicht eingestellt. Dies sieht sie als Auslöser für ihr Burn-out. Sie verkraftete die Enttäuschung nicht, merkte, dass sie ihre Leistung nicht mehr erbrachte. In Pausen schlief sie ein, hatte Blutdruckprobleme, war ausgelaugt. Im Mai 2011 ging sie in Krankenstand. Die Kündigung folgte ohne Vorwarnung im Juli.

Gültige Kündigung
Krankenstand schützt nicht vor Kündigung, heißt es laut Arbeiterkammer. Für Burn-out gibt es keine Regelung, diesbezügliche Überlegungen sind nicht angedacht. Immer mehr Arbeitnehmer sind jedoch von folgenden Symptomen betroffen: Der Zwang sich zu beweisen nimmt zu. Man verkennt die eigenen Grenzen, fühlt sich unentbehrlich. Schlafmangel und ungesunde Ernährung sind häufig. Die Arbeit wird immer wichtiger, Privates kommt zu kurz, man kapselt sich von der Umwelt ab. Die Betroffenen werten Ratschläge als Angriffe, sind apathisch, hoffnungs-, freud- und lustlos. Ersatzbefriedigungen wie Essen oder Drogen sowie Angst, Panik und Depressionen bis zu Selbstmordgedanken können auftreten. Schlimmstenfalls kommt es zum psychischen und körperlichen Zusammenbruch.

Rechtzeitig Hilfe suchen
Treten mehrere Symptome auf, rät Sozialarbeiterin Susanne Hofer zu einem Gespräch in einer psychosozialen Beratungsstelle wie dem EXIT-sozial in Bad Leonfelden. Bestätigt eine Fachärztin die Diagnose Burn-out, ist eine Therapie nötig. Regina Poimer ging für elf Wochen in die Tagesklinik des Wagner-Jauregg und sechs Wochen auf Reha nach Bad Hall. "Dort fühlte ich mich wohl, alle sitzen in einem Boot", so Poimer. In der Therapie lernte sie, auf sich zu schauen. Regelmäßig geht sie zu Beratungsgesprächen. Kraftlos ist sie noch immer, ein Tremor, ein Zittern der Hände, schränkt sie ein.

Keine E-Pension
Ihr Ansuchen um eine Arbeitsunfähigkeitspension wurde abgelehnt. Die Arbeiterkammer riet zu klagen. Drei Ärzte stuften sie mit vielen Einschränkungen als arbeitsfähig ein, wenn sie eine Gesprächstherapie mache. Derzeit wird Poimer bei "Schritt für Schritt" von pro mente für eine Arbeit im geschützten Bereich aufgebaut. Wie es weitergeht, weiß sie noch nicht. Anderen Betroffenen rät sie, auf sich zu schauen und Hilfeleistungen anzunehmen: "Man kann nur profitieren, darf sich nicht wegsperren."

Gesundheitstag über Burn-out im EXIT-sozial

In Bad Leonfelden befindet sich das psychosoziale Zentrum von EXIT-sozial für das Sterngartl. Dort findet am Donnerstag, den 17. Oktober, von 16 bis 20 Uhr ein Gesundheitstag zum Thema Burn-out statt. Ab 16 Uhr bieten verschiedene Stände Informationen und Auskünfte über mögliche Anlaufstellen bei Problemen. Vor Ort informieren Experten über Hilfe in psychischen Krisen. Anlaufstellen wie der Notruf für die Seele (0732/719719), die psychosoziale Beratung, Präventionsgruppen und das Angebot der psychosozial begleiteten Freizeit werden vorgestellt. Ebenfalls um 16 Uhr startet eine Talkrunde mit Experten des EXIT-sozial: Vorstandsvorsitzender Rudolf Ardelt, die fachliche Geschäftsführerin Elisabeth Rosenmayr, Sozialarbeiterin Susanne Hofer, Jörg Priesner, der die psychosozial begleitete Freizeit betreut, Rainer Steinmassl, Leiter in Bad Leonfelden sowie Regina Poimer, die aus eigener Erfahrung berichtet. Ab 17:30 Uhr werden Fachvorträge gehalten, wie man die Krankheit erkennt, Ursachen versteht und vermeiden kann sowie Hilfe findet.

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