Filmland Kärnten / K3 Film Festival
K3 2018: ‚Traman‘/Träumen – David Hofer interpretiert Rainer Werner Fassbinder

Michael Kuglitsch in der Hauptrolle als 'Rob/Robert' | Foto: K3 Film Festival 2018
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  • Michael Kuglitsch in der Hauptrolle als 'Rob/Robert'
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Gleich eines vorab: ‚Traman‘ (dt. Träumen), der neue Film der Klagenfurter Filmemacher David Hofer & Michael Kuglitsch (Co-Regie und Hauptdarsteller) ist der bisher ambitionierteste und gelungenste Film der Carinthia Film Commission.

K3 Film Festival 2018: Donnerstag 13. Dezember 2018 /20:30 

Mit dem zweiten, abendfüllenden Spielfilm „Traman“ (Kärntnerisch für ‚Träumen‘) haben der Klagenfurter Filmemacher David Hofer und sein Team sich von ihren französischen Vorbildern, die noch den ersten Film „Valossn“ (Verlassen), Aut/Ktn 2016, bestimmt hatten, erfolgreich emanzipiert und legen nun eine interessante Fall- und Charakterstudie im Stil des ‚neuen deutschen Films‘ (1961 bis 1980) vor.

Katzelmacher“ hieß der zweite Film von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1969 über eine Gruppe von Außenseitern in München - ‚Selfiemacher‘ könnte auch David Hofers Film heißen. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein junger Mann aus einer nicht näher bezeichneten österreichischen Stadt, der sich selbst in den sozialen Medien zur Kunstfigur stilisiert. Ein Projekt, das, in einem Film über ein total aus den Fugen geratenes Leben, natürlich scheitert. Ein Film, der mühelos an die ‚Katzelmacher‘ aus München anschließt, mit dem Unterschied, dass gut 50 Jahre später, die individuelle Isolation die Außenseitergruppe in der Münchner Vorstadt abgelöst hat. Denn nicht nur die persönlichkeitsgespaltene Hauptfigur des Films Rob Fushion/Robert Fuschnig (Michael Kuglitsch) ist völlig isoliert, auch sämtliche andere Personen in seinem Umfeld sind es.

Aber was soll’s? Diese Leute leben einen Alptraum in einer gutbürgerlichen Kleinstadt, die nach außen sauber erscheint und keine Grautöne vermuten lässt. Wie auch in Fassbinders Film, sind die sozialen Konflikte in Hinterhöfe, in Bars und in Wohnungen aus der Öffentlichkeit verbannt. Das stört auch die Protagonisten von ‚Traman‘ vorerst nicht, denn Rob Fushion ist in seiner Stadt ein JEMAND, er ist weltberühmt in seinem Mikrokosmos, der sich aber sehr schnell als trügerisch und höchst zerbrechlich entpuppt. Nach dem (selbstverschuldeten) Jobverlust wird die Persönlichkeitsspaltung krankhaft.
Aber Rob/Robert hat Glück. Er landet in der Psychiatrie und dort, das sei kritisch angemerkt, beginnt ein nur zu einfach inszenierter Weg zurück, denn in all dieser menschlichen Kälte und sozialer Verwahrlosung gibt es doch noch einige wenige Individuen, hier die ‚Realfrau‘ Sunita (Nadine Zeintl), die Rob/Robert in der Klinik besucht und hilft, einen Neustart zu versuchen.
Auch bei Fassbinder gibt es diese positiv besetzten Bezugspersonen, zum Beispiel „Marie“ und „Jurgos“ in ‚Katzelmacher‘ oder ‚Emmi‘ und ‚Ali‘ in dem Film ‚Angst essen Seele auf‘ (BRD 1973)

‚Tarman‘ endet versöhnlich. Für Rob/Robert & Sunita scheint es eine Zukunft zu geben, was nur möglich ist, da der Film echte Individuen zeigt und keine „Freakshow“ und auch nicht der Versuchung einer ‚Realsatire‘ erliegt.
Mit ‚Traman‘ gelingt dem Kino ‚Made in Kärnten‘ endlich einmal ein ernstzunehmender echter Kärntenfilm, einer, der nicht zur Karikatur gerät, ein Film, der ungeschminkt und genau eine Gesellschaft zeigt, die sich selbst nur zu gerne wie in einem „Wörtherseefilm“ präsentiert. Dass es sich dabei nur um ein Trugbild handelt, zeigt die jüngste Zeitgeschichte zwischen Hypobankskandal und Pleitekatzenjammer, zwischen Umweltkatastrophen und Tourismusschwund, zwischen Faschingsklamauk und kleinbürgerlichen Sommerpartys. Doch alles das braucht ‚Traman‘ nicht, der Film findet seine Gesichte(n) im Alltag einer Realgesellschaft, die den alten Zeiten nachtrauert, die weltberühmt am Wörthersee ist und der es vordergründig genügt ein paar schöne Stunden am See zu haben, um wieder Kraft für den nächsten Frust zu schöpfen.

So gesehen ist ‚Traman‘ ein ehrlicher, ein gelungener Film. Ein Film, der sich von der ländlichen Romantik abhebt, ein Film, der keine ‚Wunder‘ benötigt, ein Film, der seine Natürlichkeit im Alltag einer Stadt findet und keine durchgestylte Handlung und Schauspieler braucht, denen man den Kärntner Dialekt eintrainiert hat. ‚Traman‘ ist, im Gegensatz zu seiner Konkurrenz aus dem eigenen Land, ein Film, der genau aufzeichnet, was sich vor dem Objektiv der Kamera befindet. So gesehen ist es die Bebilderung von Jean-Luc Godards These aus dem Jahr 1965, dass ‚Film 24 x Wahrheit in der Sekunde‘ ist.

Gleichzeitig sind die glasklaren Bilder des Films auch seine Schwächen, zu sehr erliegen die Kameraleute und der Editor der Versuchung der modernen ‚4 K Fotografie‘ und der digitalen Bildbearbeitung. Den sozialen Abgrund dieses Films in Hochglanzbildern und Cinemascope darzustellen ist ein schwerer Fehler, der die Härte des Geschehens hemmt. (vgl. z.B. Fassbinder, Godard, Fritz Lang)

Hier wäre vielleicht auch der Hebel für David Hofer und sein Team, aber auch für die Carinthia Film Commission und die FilmemacherInnen und Filmemacher in Kärnten anzusetzen: die Auseinandersetzung mit der Filmgeschichte und der Filmtheorie wäre dringend notwendig. Hätten sich die Macher von ‚Traman‘ ein wenig mit Filmen wie ‚Fahrraddiebe‘(I 1948), ‚Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen‘ (USA 1977), ‚Schlachthof 5‘ (USA 1972) oder dem ‚Frühwerk von Rainer Werner Fassbinder‘ (BRD 1969 bis 1973) beschäftigt, es wäre ein noch intensiverer Film entstanden, als er es jetzt schon ist.

Was kann dem Film ‚Traman‘ helfen, damit er von möglichst oft gesehen wird?

Zunächst einmal wäre eine wohlwollende Filmkritik für die einheimischen Filme wichtig. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Filmkritik hat die Möglichkeit zu vergleichen und wer viele Filme täglich sieht, wird oft sehr schnell nur noch auf vordergründige Effekte reagieren. Aber, die ganze Nouvelle Vague wäre nicht möglich gewesen, hätte die Filmkritik die neuen französischen Filme nicht wohlwollend besprochen. Laut Claude Chabrol war es die einzige Möglichkeit den Durchbruch zu schaffen, zum Glück waren Chabrol, Godard, Rohmer, Truffaut u.a. selbst Filmkritiker in den wichtigsten Zeitungen Frankreichs, das ist in Österreich bei weitem nicht so, kein angesehener Filmemacher des Landes ist gleichzeitig ein wichtiger Filmkritiker.

Weiters wäre es wichtig auf den Fassbinderbezug zu setzen, besonders was Festivalvorführungen in Deutschland betrifft, dieses Argument kann dort für Aufregung sorgen. Fassbinder hat in Deutschland noch immer einen guten Namen, an sein Werk anzuschließen traut sich so gut wie niemand, nicht einmal die Filmautoren der ‚Berliner Schule‘, aber dazu muss man natürlich auch Fassbinders Werk gut kennen, um entsprechend argumentieren zu können.

Auch eine Kärntentour durch alle Bezirke könnte dem Film guttun. Zuletzt natürlich die schnellstmögliche Verbreitung auf VoD, denn man muss sich im Klaren sein, dass Filme, besonders Filme wie ‚Traman‘ (schon der Titel ist völlig unverständlich) heute nicht mehr im Kino, sondern im Internet gesehen werden. Das Kino zu erreichen ist für ‚Traman‘ nahezu ausgeschlossen, weil zu kostspielig und das Filmland Kärnten kennt westlich von Villach (noch) niemand.

Aber man/frau soll ruhigen Gewissen etwas träumen können, von einer Zeit in der die wirklich großen Geschichten im Kino erzählt worden sind.

Zu sehen beim K3 Film Festival 2018:
Donnerstag // Thursday, 13. Dezember 2018
20:30 TRAMAN (Weltpremiere // World Premiere)
David Hofer, A 2017, 82 min. – ktn.

Weitere Empfehlungen für das K3 Film Festival 2018:
Langfilme:
HISTORY OF LOVE von Sonja Prosenc, weil es ihr gelingt trotz des ‚Europuddings‘ ihrer Produktion an die Bildsprache des modernen, osteuropäischen Kinos festzuhalten. Slowenien, Italien, Norwegen 2018
MENOCCHO, von Alberto Fasulo, weil er sich formal, wie inhaltlich an Ermanno Olmis Meisterwerk ‚Il mestiere delle armi, I 2001, orientiert.
Kurzfilme:
THE INVISIBLE HAND OF ADAM SMITH, Slobodan Maksimović, SLO 2017, 15‘
THE BOX // CELICA – Dušan Kastelic, SLO 2017, 12‘12‘‘
MODERNE KUNST – Marko Šantić, SLO 2017, 17‘28‘‘
AUTONAUTY: FROM LIGURIA TO VENICE, Camillo Valle, I 2018, 14‘
TNT-BOXER STORY, Mark Gerstorfer, Tanja Kuschej, A 2018, 20‘ (Wien/Ktn) - 4
MIDNIGHT – Pierluigi Braca, Luigi Montebello, I 2018, 10‘29‘‘
DANCE OF LOVE – Leo Černic, SLO 2018, 5‘38‘‘
FORMATION – Vesely Marek/Helmut Michael Kemmer, A 2018, 12‘18‘‘ - ktn

Michael Kuglitsch in der Hauptrolle als 'Rob/Robert' | Foto: K3 Film Festival 2018
Szenenfoto aus 'Tramen' von David Hofer/Michael Kuglitsch | Foto: K3 Film Festival 2018
Szenenfoto aus 'Traman' von David Hofer/Michael Kuglitsch | Foto: K3 Film Festival 2018
K3 Film Festival 2018 - 12.-16.12.2018 - Villach | Foto: K3 Film Festival 2018
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