Mein Freund - der Drechsler
Unlängst habe ich meinem Freund beim Drechseln zugesehen.
Staunend beobachtete ich, wie jeder Griff sitzt. Er kennt durch viel Übung und der damit verbundenen Erfahrung die Eigenschaften verschiedener Holzarten. Weiß um die erforderliche Lagerzeit. Er nimmt einen unförmigen Holzbrocken in die Hand und dreht und wendet in seiner Hand hin und her. Man sieht, dass seine Gehirnzellen intensiv arbeiten, abwägen, beurteilen und den vorgesehen Verwendungszweck schon geistig entstehen lassen. Schließlich hat er sich entschieden und arbeitet die ersten "unnötigen" Bestandteile mit der Bandsäge weg. In seinem Kopf ist das Werk, obwohl man es dem scheinbar ohne System beschnittenen Klumpen Holz nicht ansieht , eigentlich schon fertig.
Schließlich macht er einen einzigen geraden Schnitt, nimmt einen Zirkel in die Hand und zeichnet die maximal mögliche Abmessung auf diese Schnittfläche. Mit sicherer Hand spannt er das Werkstück in die Drehbank ein. Dabei wird mir die Funktion des Zirkels klar. Er wollte den Punkt finden, an dem das Teil zentriert einzubauen ist. Alle Hebel werden festgezogen. Die Stütze zur Auflage der Drechselwerkzeuge rückt er so nahe als möglich an das Werkstück heran.
Er drückt den Startknopf und das Holz beginnt rasch zu rotieren. Späne fliegen durch die Gegend und machen aus dem Vieleck nach einigen MInuten buchstäblich eine runde Sache. Mit der Zeit ensteht ein Bild was daraus werden könnte. Doch noch immer sind ein mögliches Endergebnis und das, was vor den Augen ist noch weit voneinander entfernt.
Nahe der Hobelbank sehe ich eine an der Maschine befestigte Lampe. Es bescheint das Werkstück, damit jedes Detail genau erkannt werden kann.
Die verschiedensten Werkzeuge werden eingesetzt: Röhren, Meißel, Schaber, Abstecher, Ausdrehwerkzeuge, Hefte, Martel, Schaber. Irgendwie scheint er immer zu wissen, welches Werkzeug gerade passt.
Nachdem außen alles fertig scheint, gehts an die Innenseite der Schale. Alles unnötige wird herausgearbeitet, bis eine hauchdünne kunstvoll geformte Schale übrigbleibt. Wie schwer das sein muß, sieht man an einem offensichtlich nicht gelungenen an mehreren Stellen wild eingerissenem und gebrochenen Werkstück, dass in der neben der Drechselbank als Aufbewahrungsort für verschiedene Sachen steht. Vielleich auch als beständige Erinnerung daran dient, dann besonders vorsichtig und bedächtig zu arbeiten, wenn es darum geht, das werk zu vollenden und die Dicke der Schale so dünn als möglich zu machen.
Schließlich ist er "fertig". Unzählige Späne liegen rund um die Drechselbank. Es ist wesentlich mehr weggekommen als geblieben ist. Doch während, der Abfall ungeordnet und unbrauchbar am Boden herumliegt, ist der veredelte Rest ein wahres Meisterwerk.
Eigentlich habe ich nicht wirklich gewusst, welche großartige Fähigkeiten in meinem Freund stecken. Man hat seine Leidenschaft beim bearbeiten nicht nur gesehen, sondern auch gespürt. Berechtigterweise ist er auch ein wenig stolz.
Liebevoll schleift er das Werk mit zunehmend feinerem Schleifpapier. Ein geeignetes Wachs und Schellack geben ihm Glanz, Geruch und auch Schutz.
Schleißlich räumt er sorgfältig alles Werkzeug weg. Reinigt Drechselbank und Boden von den Spänen. Die Funktion der teuren Drechselbank wird so zusammen mit wiederholten Wartungsarbeiten auf viele Jahre gewährleistet.
Ich denke daran, dass Gott es mit uns auch so macht, Er möchte uns veredeln und alles wegarbeiten, dass uns grob und unförmig erscheinen lässt. Das Werkstück gelingt in der Hand des Meisters. Es gibt nur einen Unterschied. Das Stück Holz wehrt sich nicht. Ich muss allerdings diese Hand des Meisters zulassen. Seine Hand ist immer ausgestreckt.
https://www.lds.org/scriptures/bofm/alma/42.27?lang=deu#26
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