SONNENUNTERGANG ...
Sonnenuntergang...
An einem schönen Sommerabend
saßen wir auf jenem Hügel,
schauten in den goldnen Westen.
Breithin streckte sich die dunkle Wolkenbank.
Darin die Sonne nun versunken - nur die Ränder
glühten noch in goldnem Scheine.
Doch im blauen Himmel drüber
schwebten rosig weiße Wolken,
angestrahlt von hellem Glanze.
Welch' ein Wunder sah ich droben!
Auf den Wolkenbänken saßen ros'ge Engel reihenweise;
andre lauschten aus den Wolken,
andre schwebten hin und wieder.
Spielten hier mit Wolkenflocken;
ritten dort auf einem Wölkchen
und es war ein stillbewegtes schimmernd rosiges Getümmel.
"Sieh, wie herrlich!" sprach ich leuchtend freudevoll zu dem Gefährten.
Dieser nickte nur; wir schauten still ins Zauberspiel der Wolken:
Wie die Engel nun verschwebten,
lauschten noch mit ros'gen Köpfen
über Wolken und verschwanden.
Und der Rosenschein verblasste,
bis im bläulichen Gedämmer.
Nur ein träumend Roth noch ruhte,
und der Abend still sich senkte.
Heinrich Seidel (1842 - 1906)
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