Wirtin aus Tarvis
"Trage die soziale Verantwortung für Mitarbeiter"
Benvenuta Plazzotta, die Chefin der beliebten Tarviser Jausenstation "Dawit", im Interview mit MeinBezirk.at
Frau Plazzotta, Sie haben am Ende des letzten Jahres kräftig in den Umbau der Räumlichkeiten investiert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Benvenuta Plazzotta: Wenn eine Firma verdient, muss man das verdiente Geld wieder in den Betrieb investieren. Das ist sehr wichtig, gerade in unserer Region. Die Gäste müsse sehen, was mit dem Geld passiert, das sie hier ausgeben. Wenn sie am Parkplatz ein Auto um 100.000 Euro sehen, wissen die Kunden, wo das Geld hingeht. Das ist emotional nicht gut. Was wir hier verdienen, geben wir wieder in den Betrieb zurück, das ist eine Grundsatzentscheidung. Der Umbau war schon länger geplant und konnte in einer gemeinsamen Kraftanstrengung bis Anfang Dezember des Vorjahres abgeschlossen werden. Unter anderem wurde der Gastrobereich erneuert sowie die Toiletten. Alleine die WC-Anlage hat so viel gekostet wie eine kleine Wohnung in Bibione. Aber wissen Sie was? (lacht): Das ist eine unserer Visitenkarten: Viele Gäste kommen erstmals zu uns, weil die Frauen hier aufs WC müssen. Dann sehen sie, wie toll das ist und denken sich: „Aha, da werden wir bleiben und was essen.“
Hauptsächlich ist der Dawit für die italienische Jause bekannt …
Die Jause ist ein berühmtes Standbein von uns. Die traditionelle Tarviser Jause war Mortadella, Dolcelatte, Zwiebel und Fisch, ohne Besteck. Das war nach dem Krieg. In Tarvis hat dann niemand mehr die Jause gemacht. Mit dem Bau der Autobahn haben wir dann viel weniger Gäste gehabt, ich habe damals gesagt: „Lass uns wieder die Jause machen.“ Das hat dann funktioniert. 60 Prozent unserer Gäste sind Österreicher, sie kommen eben wegen der Jause und dem Wein. 40 Prozent sind Italiener, auch Sommerurlauber aus anderen italienischen Provinzen. Die wollen vor allem Grappa, weil sie denken, dass wir im Friaul den Grappa schon vor dem Frühstück trinken (lacht).
Die Gastrobranche kämpft mit Fachkräftemangel. Ist es schwer Personal zu finden?
Nein.
Diese Antwort hört man nicht oft, wenn man mit Gastronomen spricht …
Schauen Sie, um was geht es? Die Mitarbeiter leben nicht für mich, sie haben alle Familie. Man muss sie entsprechend bezahlen und auf ihre Anliegen eingehen. Das ist der dritte Weg zwischen dem Kapitalismus und dem Kommunismus, an den niemand zu denken scheint. Die Mitarbeiter stehen im Zentrum, als Chefin habe ich eine soziale Verantwortung für sie. Wenn sie zufrieden sind, bleiben sie. Ich selbst zahle mir bewusst weniger aus. Ich will nicht reich werden, sondern die Gewissheit haben, dass unser Unternehmen Zukunft hat. Dafür sind gute Mitarbeiter und Qualität das Um und Auf.
Eines Ihrer Kinder steht als dritte Generation bereit ...
Ja, Maria arbeitet im Betrieb mit und ist zuständig für die Organisation. Das ist sehr wichtig, wir haben mittlerweile 15 Mitarbeiter, 18 in der Hochsaison. Sie hat eigentlich Biotechnologie studiert, ihr gefiel aber die Lebensqualität hier.
Wie oft sind Sie eigentlich in Kärnten?
Regelmäßig, zuletzt war ich in Klagenfurt. Während der Pandemie habe ich mich testen lassen und Jausenlieferungen nach Kärnten angeboten. Die Nachfrage war groß. Meine Kunden haben gesagt: „Komm herein zu uns, auf einen Kaffee.“ Ich habe gesagt: „Nein, nein. Das ist nicht erlaubt."
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