"Ich möchte einen Tag lang gehen können"
Er sitzt im Rollstuhl und muss beatmet werden: Dennoch hat der aus Paternion geborene Spitzenpolitiker Franz-Joseph Huainigg ein humorvolles Buch veröffentlicht. Die WOCHE traf ihn zum Interview.
VILLACH. Am 16. Juni wird der in Paternion geborene ÖVP-Nationalrat Franz-Joseph Huainigg 50. Von Kindestagen an ist er, nach einer Impfung, an beiden Beinen gelähmt. Die Lähmung, die in seinem Körper über die Jahrzehnte nach oben gekrochen ist, sorgte dafür, dass er mittlerweile seine Arme nicht mehr bewegen kann und beatmet werden muss. Nun hat Huainigg ein Buch veröffentlicht: "Mit Mut zum Glück" heißt es und ist im Ueberreuter-Verlag erschienen. Die WOCHE traf ihn zum Interview.
Wenn man Ihr Buch liest, fällt der Humor auf, mit dem es geschrieben ist. Sind Sie ein lustiger Mensch?
Huainigg: Humor hilft mir, mit meiner Situation umzugehen. Und er macht es anderen leichter, mit mir zu kommunizieren. Es passieren ja viele peinliche Situationen. Kürzlich sagte jemand, wohl aus Gewohnheit: Setzen Sie sich! Da habe ich geantwortet: Danke, ich sitze schon.
Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei: Was wäre das?
Erstens, dass sich meine zwei Kinder zu selbstbewussten, hilfsbereiten Menschen entwickeln. Zweitens eine Welt ohne Armut. Drittens, dass mein Literaturpreis "Ohrenschmaus" für Menschen mit Lernbehinderungen mehr Aufmerksamkeit erhält.
Dass Sie selbst gehen könnten, wäre keine Option für so einen Wunsch?
Schauen Sie, dann müsste ich doch zu Hause den Müll runtertragen.
Bisschen arge Antwort, oder?
Ja, stimmt. Vor allem meiner Frau gegenüber. Aber Spaß beiseite: Die Behinderung ist ein Teil von mir, ich bin sie gewohnt. Was ich aber tatsächlich gerne einmal erleben würde: Einen einzigen Tag gehen zu können. Nur, um den Unterschied zu sehen.
In Ihrem Buch geht es viel um Verlust. Sie beschreiben, wie Sie durch die Lähmung über die Jahre Teil für Teil Ihrer Körperfunktionen verlieren. Was lehrt uns Verlust?
Niemals aufgeben! Mein größter Verlust war, als ich meine Hände nicht mehr bewegen konnte. Und später dann, als ich einen Großteil meiner Sehkraft verloren habe. Aber mit jedem Verlust bekommt man etwas anders dazu: Zum Beispiel wird man im Kopf stärker, um nicht traurig zu werden. Oder man findet wunderbare Assistentinnen, so wie ich.
Gibt es im Leben Gerechtigkeit?
Ich denke, die Welt ist ungerecht. Schauen Sie sich nur die Armut in vielen Ländern an. Aber wir alle können die Welt ein wenig gerechter machen, auch ich. Ich kämpfe seit Jahren für Besserstellungen für beeinträchtigte Menschen. Jeder kann etwas tun.
Wie sehen Sie die oft eher kleinen Probleme der Mitmenschen?
Viele kleine Probleme, wie Sie es nennen, sind für die Betroffenen tatsächlich unangenehm. Das ist mir klar. Aber in Summe muss ich schon sagen: Wir leben in einer Jammerer-Gesellschaft.
ZUR PERSON
* Franz-Joseph Huainigg, 49, geboren in Paternion, aufgewachsen in Spittal.
* Mit einem halben Jahr wurde er, nach einer Impfung, gelähmt. Diese Lähmung kriecht seither in seinem Körper hoch. Als Student konnte er zum Beispiel noch Autofahren, heute braucht er einen Rollstuhl und künstliche Beatmung.
* Er lebt in Wien, ist verheiratet, hat zwei Kinder. Der VP-Nationalratsabgeordnete ist studierter Germanist, Journalist und Buchautor. Sein aktuelles Werk heißt "Mit Mut zum Glück" (Ueberreuter).
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