Kommentar
Entschuldigung

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Nehmen wir einfach einmal an, ich wäre ein Politiker. Sowohl als Vertretung der Opposition als auch als ein führendes Mitglied in der Regierung. Und nehmen wir einmal an, es tritt etwas in Kraft, was eigentlich nie passieren wird. Lesen Sie hier die Entschuldigung der Politik an uns alle:

Seit über 20 Monaten hat uns die Pandemie voll im Griff. Anfänglich waren wir alle verunsichert, hatten Angst und wussten nicht wirklich, wie mit der Situation umzugehen ist. Natürlich ist es die Aufgabe der Regierung einem Land Sicherheit, Stärke und einen Weg aus der Pandemie zu zeigen. In vielen Situationen hat die Regierung versagt. Dafür möchte ich mich heute als Vertreter einer gewählten Regierung und Vertreter aller Parteien im Nationalrat aus vollster Überzeugung entschuldigen. Fehler passieren dort, wo Menschen arbeiten, handeln und Entscheidungen treffen müssen. Das trifft zumindest für die ersten Monate der Pandemie zu. Alles was später kam, war falsch oder wurde viel zu spät entschieden. Für Aussagen mancher Parteimitglieder im Parlament gibt es de facto nichts zu entschuldigen. Diejenigen, die Unwahrheiten verbreiten, die sogar lebensgefährlich sein können, müssen juristisch belangt werden. Das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Das ist ein falscher Werteverkauf in Form von Dummheit.

Ich entschuldige mich für eine Aussage im Sommer, dass für alle Geimpften die Pandemie vorbei sei. Dies hat zu viel Sicherheit suggeriert und allen Menschen - ob geimpft oder ungeimpft - das Gefühl vermittelt, dass unser Handeln ohne Konsequenzen für unsere Gesundheit in Zukunft bleiben wird. Ich entschuldige mich, dass wir nicht gelernt haben, die Dinge anders anzupacken. Das Gesundheitssystem noch besser auf starken Fundamenten zu bauen, dass Wellen einer Pandemie für das alltägliche Tun und die Arbeit aller im Gesundheitswesen Tätigen nicht zur unlösbaren Belastung werden. Ich entschuldige mich für das verantwortungslose Handeln, obwohl uns schon zahlreiche Experten Anfang dieses Jahres vor einer möglichen harten vierten Welle warnten. Möglich darum, wenn keine Präventionen getätigt würden. Das ist leider passiert. Entschuldigung an alle älteren Menschen und vulnerablen Gruppen, dass wir viel zu spät und teilwiese gar nicht über eine dritte Impfung informiert haben. Entschuldigung für das Nichtstun über den gesamten Sommer. Wir haben versagt, allen Bürgern und Bürgerinnen in unserem Land die Chance zu geben, ihre Unsicherheit gegenüber einer Impfung abzulegen. Das Versagen hierbei lag in der Nichtaufklärung. Nicht nur von uns als Politiker, sondern von den Wissenschaftlern, Ärzten und Experten. Wir haben zu vielen Menschen ohne wahre Expertise das Sprachrohr geschenkt. Das war falsch.

Entschuldigung an alle Familien, Kinder und Lehrer. Das, was jetzt für diese Gruppe in Kraft getreten ist, war und ist den Fehlern unseres Nichthandelns geschuldet. Darum meine Bitte: Haltet noch einmal durch und liebe Lehrer, setzt eure Taten und euer Handeln sowie Entscheidungen nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft immer zum Wohle der Kinder um und ein. Die Kinder trifft es am härtesten und sie leiden am meisten an der Dummheit der Erwachsenen.

Neben der Gesundheit und der Bildung möchte ich mich bei allen Menschen in den anderen Branchen entschuldigen. Das, was wir als Regierung gemacht haben, war fahrlässig, war schlicht und einfach falsch. Ich entschuldige mich an dieser Stelle für ein Versagen auf Bundes- und Landesebene. Keiner war besser oder intelligenter in dieser Pandemie. Die Regierungen und alle Parteien im Parlament und in den Landtagen haben den Auftrag von Ihnen als Wähler nicht ausreichend erfüllt. Mein Beileid an die Hinterbliebenen aller wegen der Pandemie Verstorbenen. Hätten wir nicht versagt, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.

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