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Gewalt gegen Frauen: Gute Gesetzeslage, schlechte Bewusstseinslage

Elisabeth Eckhart von der Frauenberatung Waldviertel | Foto: privat
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Weil die Österreichische Bundesregierung vor kurzem ein Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen vorgestellt hat, ist es Zeit, auch Expertinnen aus dem Waldviertel über die Brisanz des Themas "häusliche Gewalt" zu Wort kommen zu lassen.

WALDVIERTEL. Es soll mehr PräventionsbeamtInnen in den Polizeiinspektionen geben, die als Sicherheitsbeauftragte zum Beispiel Beweise wegen Stalkings sichern sollen, und es soll mehr Ansprechpartner für Frauen in Opferschutzeinrichtungen geben.
Da Gewalt an Frauen meist im privaten/intimen Bereich hinter verschlossenen Türen stattfindet und Opfer häufig eine Bindung oder Solidarität zum Täter verspüren, muss die Dunkelziffer von Gewalt an Frauen hoch sein. Frauenschutzorganisationen kritisieren angeblich, dass Frauen von Behörden häufig in Stich gelassen und nicht Ernst genommen würden. Das sei ein spürbarer Trend.

Abhängigkeit bietet Nährboden für Gewalt

Die Bezirksblätter fragten bei der Frauenberatung Waldviertel nach: Hat die Gesellschaft einen Rückschritt erlitten und steigt Gewalt an Frauen tatsächlich? Suchen jetzt mehr Frauen Hilfe bei der Frauenberatung als vor einigen Jahren?
"Wir betrachten das Phänomen der Gewalt im sozialen Nahbereich als strukturelles Problem", gibt Elisabeth Eckhart von der Frauenberatung Waldviertel zu bedenken. Von Gewalt betroffen seien vor allem abhängige Menschen, speziell leiden viele Frauen mit Kindern darunter. Schließlich habe die krisenbedingte Arbeitslosigkeit vermehrt Frauen getroffen. Die finanzielle und psychische Mehrbelastung habe Frauen stark beeinträchtigt. Frauen würden aber nicht in den Streik treten, weil es um Schutzbefohlene gehe, also um die Kinder, die zurzeit ein Mehr an Betreuung brauchen.
"Wir haben zurzeit einen Rückschritt", sagt Elisabeth Eckhart, "und wir haben auf tägliche Telefonberatung - ohne Ruhetag – umgestellt."

Keine Trennung in extremen Krisen

Die körperliche Gewalt hat definitiv zugenommen, wie die Leiterin der Frauenberatung durch die Kooperation mit dem Gewaltschutzzentrum weiß. "Im April, Mai vorigen Jahres haben Hilfesuchende verstärkt von psychischer Gewalt gesprochen, was man landläufig Streiterein nennt", berichtet Elisabeth Eckhart. Anschreien und Niedermachen stünden auf der Tagesordnung.
Die Dunkelziffer von Frauen, die Gewalt erleiden, ist erwiesener Maßen höher, als publik wird. "Frauen unternehmen in Extremsituationen nichts, was das Gefüge gefährden könnte, sondern halten aus und halten durch", so die Beraterin.
Die Pandemie verstärkte nicht nur die finanzielle Abhängigkeit, sondern auch die soziale: Wenn die Familie mehr zeit daheim verbringt, ist sie auch abhängiger von der Stimmung des Einzelnen. "für junge Mütter ist das der Hammer", weiß Elisabeth Eckhart, "es ist erwiesen, wo es mehr Gleichberechtigung gibt, da wird auch die Gewalt weniger."

Häusliche Gewalt über viele Jahre erduldet

Die Bezirksblätter wollten auch wissen: Kommen Opfer zur Frauenberatung, welche schon mehrere Jahre häusliche Gewalt über sich ergehen lassen mussten?
"Frauen wenden sich meistens nicht wegen des Themas Gewalt an uns, sondern weil sie überhaupt in der Krise stecken. Erst wenn ein Vertrauensverhältnis aufgebaut ist, dann kommt das Thema Gewalt – häufig von jahrelanger Gewalt", weiß Elisabeth Eckhart aus Erfahrung.
Weil die Scham der misshandelten Frauen oft groß ist, sie eine Bindung zum Täter haben, der oft nicht ausschließlich als brutaler Schläger auftritt, sondern auch seine guten Seiten zeige, sie unter Stockholmsyndrom oder Ängste aller Arten leiden, ist es schwierig, häusliche Gewalt vor Gericht zu bringen. Aus besagten Gründen ziehen Frauen oft Anzeigen wieder zurück. Danach stoßen sie bei manchen Richtern auf Unglauben. "Wir bitten um Verständnis für Opfer", so Elisabeth Eckhart.

Wenn das Unrechtbewusstsein des Opfers einem Urteil im Wege steht

In einer Studie des weißen Rings wurde erforscht, warum so wenig Gewalttaten vor Gericht landen – und wenn sie vor dem Richter landen, warum die Urteile so mild ausfallen. Das liege vor allem an der Einstellung der Opfer, denen häufig gar nicht bewusst sei, dass ihnen Unrecht geschehen sei. "Bei einer Beratung begegnet den Frauen eine starkte Haltung", weiß die Leiterin der Frauenberatung, "allein schon der Satz 'Das brauchen Sie sich nicht gefallen zu lassen' kann sehr Großes bewirken."

Niederschwellige Beratung

"Wir sind froh, niederschwellige Beratung bieten zu dürfen, wo Gewalt nicht der erste Grund sein muss, aber zum Thema werden darf", so die Frauenberaterin.

So erreichen Sie die Frauenberatung Waldviertel:
www.fbwv.at
office@fbwv.at
0282252271 ( Mo, Di, Do, Fr 9-12)

Die teuersten Maßnahmen der Regierung nutzen nicht viel, wenn in der Bevölkerung – unter Frauen und Männern – das Bewusstsein und die Sensibilität fehlt, wo Gewalt beginnt. Gibt es Maßnahmen und Kampagnen, um aufzuklären?

Gute Gesetzeslage, schlechte Bewusststeinslage

"Wir haben eine gute Gesetzeslage, aber eine schlechte Bewusstseinslage", gibt Elisabeth Eckhart zu bedenken, "Gewalt gilt als Privatsache, was an dem traditionellen Eheverständnis liegen kann." Vor 1975 war es einer verheirateten Frau nicht erlaubt, eigenständige Entscheidungen, wie einen Job anzunehmen, zu treffen. Es wurde nach dem alten Bild zwischen öffentlicher Gewalt und der Gewalt hinter verschlossenen Türen, die Privatsache war, unterschieden.
Angesetzt werden müsse schon bei Kindern, Buben und Mädchen gleichermaßen. "Beziehungsaufklärung gehört einfach dazu", sagt Elisabeth Eckhart.
Das Projekt FEM-Power wurde dazu neu ins Leben gerufen und bestehe aus Aufklärungsworkshops über geschlechtsspezifische Gewalt.

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