Ärztekammer alarmiert
Wartezeiten in Wiener Ordinationen deutlich gestiegen
Die Ärztekammer Wien schlägt Alarm. Laut einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie hat sich die Wartezeit für Termine in Wiener Kassenordinationen in beinahe sämtlichen Fachrichtungen deutlich erhöht. Besonders lang seien sie in den Bereichen Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. Neurologie.
WIEN. Die Ärztekammer Wien zeigt sich alarmiert. Diese präsentierte am Donnerstag eine von ihr in Auftrag gegebenen Studie zum Thema Wartezeiten für Termine in Wiener Kassenordinationen. In beinahe allen Fachrichtungen ist diese in den vergangenen Jahren gestiegen. Besonders lange müsste man im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der Neurologie warten.
In der vom Meinungsforscher Peter Hajek durchgeführten Studie wurden zwischen 5. April und 6. Mai insgesamt 850 Kassenarztpraxen aus unterschiedlichen Fachrichtungen in Wien mittels "Mystery-Call" – also verdeckte Testanrufe – kontaktiert. Dabei zeigte sich eine starke Verschlechterung gegenüber einer ähnlichen Erhebung im Jahr 2012.
Das lange Warten auf einen Arzttermin
Mit Abstand am längsten seien die Wartezeiten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, hier wartet man im Median 90 Tage auf einen Termin. (2012 wurde der Bereich nicht eigens erhoben). In einer durchschnittlichen neurologischen Facharztpraxis sind es 45 Tage (2012: 33 Tage).
Vor allem die Wartezeiten für einen Augenarzttermin soll mit 44 Tagen (2012: 9 Tage) deutlich gestiegen sein. Wenn man einen Lungenspezialisten aufsuchen wollte, musste man 36 Tage auf einen Termin warten (2012: 5 Tage), für einen Termin beim Internisten 33 Tage (2012: 12 Tage). Bei Gynäkologinnen und Gynäkologen hat sich die Wartezeit mit 32 Tagen vervierfacht (2012: 8 Tage).
Viele Ordis ausgelastet
Dass gar keine neuen Patientinnen und Patienten angenommen werden, passiert besonders oft in kinderärztlichen Ordinationen: Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Kassenarztpraxen haben einen Aufnahmestopp. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie nehmen 40 Prozent keine neuen Patienten an, bei den Frauenärztinnen und -ärzten ist es fast ein Drittel (30 Prozent). Auch rund jede dritte Hausarztordination sei völlig ausgelastet.
Ärztekammer Wien-Präsident Johannes Steinhart bezeichnete das "erschreckende" Ergebnis der Studie als Folge der Vernachlässigung des niedergelassenen Kassenbereichs. Das öffentliche Gesundheitssystem sei stark gefährdet, warnte er bei der Pressekonferenz.
Während die Bevölkerung der Bundeshauptstadt seit 2012 um 16 Prozent gewachsen sei, sei die Anzahl der Kassenärztinnen und -ärzte in derselben Zeit um zwölf Prozent gesunken, bemängelte die Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer Wien, Naghme Kamaleyan-Schmied. Sie forderte die seit Langem versprochene "Patientenmilliarde" nur für Wien.
Kamaleyan-Schmied: "5 vor 12"
"Es ist 5 vor 12", warnte Kamaleyan-Schmied in Richtung Politik. Mit Blick auf die Nationalratswahlen deponierte die Ärztekammer ihre Forderungen unter dem Motto "Auf geht ́s" in einem symbolischen Notfallkoffer. Darin wünschen sich die Ärzte unter anderem eine Ausweitung des Startbonus für alle offenen Kassenstellen, Unterstützung beim Gründungsprozess, eine Flexibilisierung etwa in Form von Teilkassenverträgen, Einbindung von Gesundheitsberufen und Sozialberufen auch in Einzelpraxen, eine Entbürokratisierung und bessere Honorare.
Von der Idee der SPÖ, Wahlärztinnen und Wahlärzte dazu verpflichten, auch Patienten nach Kassentarif zu behandeln, wenn es für diese keinen Facharzttermin im öffentlichen Gesundheitssystem gibt, hält die Ärztekammer indes wenig. Statt Druck und Drohungen, müsse die Arbeitsbedingungen so attraktiv gemacht werden, dass es jungen Menschen ins System zieht, so Steinhart.
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