5 Minuten Wien - Taubenrettung am Ring
Gedankenverloren warte ich auf die Bim, da lenkt ein grauer Federball am Boden meine Aufmerksamkeit auf sich.
Am Fuß eines Würstelstands am Dr.-Karl-Renner-Ring kauert eine Taube: Aufgeplustert, eine kahle Stelle am Flügel, kurz gesagt, nicht sehr fit. Ein Blick auf meine Mitmenschen bestätigt die Befürchtung, dass niemand anders eine Rettungsaktion geplant hat.
Also besorge ich erst einmal eine Schachtel. "Wofür brauchen Sie die?", fragt die Angestellte der Bäckerei in der Unterführung. Nach Erklärung des Sachverhalts händigt sie mir kopfschüttelnd einen Kuchenkarton aus. Merke: Sage niemals, du hilfst einer Taube. Vogel klingt besser. Ich bin nervös, als es ans Einfangen geht. Wer wird schneller sein? Anschleichen, bücken, ein beherzter Griff: Federn fliegen, aber ich habe sie. Sie lässt sich sogar in die Schachtel legen.
Schritt zwei der Rettungsaktion ist ein Anruf bei der Wildtierhilfe. Ein Treffpunkt wird vereinbart, damit ich den gefiederten Patienten übergeben kann. Natürlich ist die U2 gesteckt voll. Vorsichtig halte ich die Schachtel mit beiden Händen vor mir. "Fahrschein, bitte!" Verwirrt schaue ich die Dame neben mir an, die sich soeben als Kontrolleurin entpuppt hat.
"Können Sie die Schachtel kurz halten? Aber bitte vorsichtig, da drin liegt ein verletzter Vogel." Jetzt ist sie diejenige, die verwirrt blickt. Aber sie tut es. Ich zeige ihr meinen Fahrschein. "Alles Gute", sagt sie, als sie mir den Karton zurückgibt und bleibt etwas länger stehen als normal. Am Treffpunkt gebe ich die Taube an die Wildtierhilfe ab. Patient Federball wird es vermutlich schaffen.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
4 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.