Ausflug ins Mittelalter: Das Handwerk in Wien

Der Historiker Markus Gneiß mit seinem Wiener Handwerksordnungsbuch. | Foto: Gneiß
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  • Der Historiker Markus Gneiß mit seinem Wiener Handwerksordnungsbuch.
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WIEN. Handwerker gibt es seit der Steinzeit. Wurden damals noch Werkzeuge aus Stein für die Jagd und Feuersteine hergestellt, florierte in der Antike bereits eine für damalige Verhältnisse hoch entwickelte Handwerkskultur, wovon archäologische Funde und Überlieferungen antiker Geschichtsschreiber zeugen. Im Mittelalter war das Handwerk mit Lehrlingen, Gesellen und Meistern bereits ähnlich dem heutigen Stand geregelt, wie das 1430 angelegte Wiener Handwerksordnungsbuch beweist. Dieses Buch, das den Zeitraum von 1364 bis 1555 abdeckt, gibt einen interessanten Einblick in das tägliche Leben, ist allerdings für den Laien so gut wie unlesbar. Nun hat der Favoritner Historiker Markus Gneiß das Wiener Handwerksordnungsbuch als Edition herausgebracht, in dem sich ein kommentierter Vollabdruck des historischen Textes samt Erklärungen befindet.

"Im Buch wurden erstmals die vom Stadtherrn und dem Wiener Stadtrat ausgestellten Rechte  für verschiedene Wiener Handwerkssparten gesammelt", erklärt Gneiß. "Es gibt einen interessanten Einblick in den Wiener Alltag." So erfährt der Leser, dass die einzelnen Handwerkssparten in Zechen zusammengefasst waren. "Am und rund um den Hohen Markt befanden sich die meisten Zechhäuser. Das waren die zentralen Treffpunkte für die Mitglieder der Zechen und oftmals auch Verkaufsstätten für die hergestellten Produkte. Dort mussten die ausgelernten Gesellen vor den Zechmeistern, die jährlich neu gewählt wurden, ihre Meisterprüfung in Form eines Meisterstücks." Die Lehrzeit betrug drei Jahre, die meisten Burschen begannen wie heute ihre Lehre im Alter von 14 Jahren. Im Zechhaus meldeten sich auch die Gesellen, die sich international auf Wanderung befanden. "Im Zechhaus wurden sie von den Meistern angesprochen und eine meist zweiwöchige Probezeit vereinbart. Nach dieser Probearbeitszeit wurde die Ausbildung entweder abgebrochen oder weitergeführt", so Gneiß. Wer bei einem Meister im Dienst stand, hatte es in den rauhen Zeiten des Mittelalters gut getroffen. "Wurde ein Geselle krank, wurde der Meister verpflichtet, ihn im eigenen Haus gesund zu pflegen. War er zu krank für die häusliche Pflege, konnte ihn der Meister in ein Spital bringen." Die Pflegekosten wurden in Form eines Darlehens aus der Zeche gedeckt. Geld nahmen die Zechen in Form von regelmäßigen Mitgliedsbeiträgen ein.  Auch Bestattungen konnten aus der Zeche bezahlt werden. "Die Zechen waren straff organisiert. So findet man den Hinweis, dass zum Einzahlen in die Kassa der Zeche eine Hose und eine Kappe getragen werden musste", so Gneiß. "Auch das religiöse und soziale Leben wurde von den Zechen, wie die Zünfte in Wien hießen, geregelt. Es gab gesellige Veranstaltungen und Treffen."

Wollschläger und Paternosterer

Um den Titel eines Meisters zu erwerben, musste man im Mittelalter verheiratet sein, das Bürgerrecht besitzen, unbescholten sein und einen Geldbeitrag an die Stadt und die Zeche entrichten. "Wenn ein Meister starb, konnte die Witwe den Betrieb eine Zeitlang übernehmen. Sie wurde zwar Meisterin genannt, besaß aber rechtlich gesehen keinen Meistertitel. Nur Handwerke wie Spinnerin waren fast ausschließlich den Frauen vorbehalten." Auch hatte im mittelalterlichen Wien eine Frau nicht die Möglichkeit, das Bürgerrecht zu erwerben, das an den Titel Meister geknüpft war. "Von den geschätzten 25.000 Einwohnern Wiens waren nur 2.000 Bürger. Davon wiederum ein großer Teil Handwerksmeister", gibt Gneiß einen Einblick in die damalige Bevölkerungsstruktur. "Schneider, Schuster und Fleischer waren stark vertreten, aber im Mittelalter war das Handwerksangebot viel umfangreicher als heute. Anfang des 15. Jahrhunderts existierten in Wien über hundert verschiedene Sparten. Auch solche, die man heute nicht mehr kennt, sind im Handwerksordungsbuch zu finden." So bereitete etwa der Wollschläger die Wolle für die Weber auf, der Haarsieber stellte Siebe aller Art her und der Paternosterer erzeugte Schnüre für Rosenkränze, auf denen die Kugeln zum Gebet aufgezogen wurden.

Der Historiker Markus Gneiß mit seinem Wiener Handwerksordnungsbuch. | Foto: Gneiß
Blick ins mittelalterliche Wiener Handwerksordnungsbuch. | Foto: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Sammlungen, Handschriften, A 97/1, fol. 50r.jpg
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