Enorme Belastung während der Corona-Krise
Gewerkschaft fordert mehr Personal und mehr Geld für die Kindergärten
Systemerhaltend, aber deswegen noch lange nicht geschützt oder wertgeschätzt: In den Kindergärten wächst der Frust über den Umgang mit der Corona-Krise.
WIEN. "Niemand sieht unsere Arbeit. Wir sind da und das ist normal." So beschreibt eine Assistenzkraft eines Kindergartens das Gefühl, das wohl viele ihrer Kolleginnen und Kollegen kennen. Ohne die Kindergärten, die auch jetzt während des zweiten Lockdowns viel stärker besucht sind als die Schulen, würde die Wirtschaft wohl schnell ins Stocken kommen. Trotzdem ist es ein Bereich, "der immer so nebenbei läuft", wie Judith Hintermeier von der Gewerkschaft younion es ausdrückt.
Gemeinsam mit Kolleginnen aus anderen Gewerkschaften macht Hintermeier heute in einer Pressekonferenz auf die Situation in den Kindergärten aufmerksam. In Videobotschaften kommen Beschäftigte zu Wort. Der Tenor ist eindeutig: Schon lange fehlt dem vorschulischen Bereich die Wertschätzung von Politik und Gesellschaft. Bis jetzt hat sich das im schlechten Betreuungsverhältnis und in bescheidener Bezahlung ausgedrückt, doch durch die Corona-Krise hat sich die Situation noch einmal verschärft: Jetzt geht es um die Gesundheit der Beschäftigten.
Wöchentliche Tests und mehr Geld
Natürlich kann man im Kindergarten nicht Abstand halten. Dass jene Kolleginnen, die einem Kind, das heute positiv auf Corona getestet wurde, gestern noch die Nase geputzt haben, nur mehr als K2-Kontakte gelten, stößt vielen sauer auf. "Es gibt viel Unsicherheit in unserem Bereich und wir fordern schon lange, dass wir getestet werden", sagt Yvonne Rychly von der Gewerkschaft vida. Eine Umfrage unter Kindergärten, die noch vor dem Lockdown durchgeführt wurde, habe ergeben, dass Corona-Fälle oder Verdachtsfälle an der Tagesordnung seien, aber nur die Hälfte der Beschäftigten die Möglichkeit habe, sich testen zu lassen, sagt Judith Hintermeier. 15 Prozent der Befragten sagten sogar, sie hätten kein ausreichendes Schutzmaterial.
"Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass so lange nach Ausbruch der Corona-Krise noch immer nicht überall Desinfektionsmittel und Masken zur Verfügung stehen", sagt Hintermeier. Der erste Teil der Forderung des Bereichs betrifft deshalb Ausrüstung und Tests: Wöchentliche Tests und genug Schutzausrüstung müsse schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden.
Mehr Personal für Reinigung und Desinfektion
Der zweite Teil der Forderung betrifft das Personal: Es habe schon vor Corona ein Fachkräftemangel geherrscht, sagt Karin Samer, Betriebsrätin bei den Kinderfreunden. Weil eine Pädagogin so viele Kinder zu betreuen habe, gehen viele gar nicht in den Beruf, obwohl sie eine Ausbildung gemacht haben. Während der Corona-Pandemie sei es aber noch viel schlimmer geworden: Erstens gäbe es durch die strengeren Hygienevorschriften mehr Arbeit, zweitens erkrankt natürlich auch das Kindergartenpersonal. Die Folge sind mehr Überstunden und "Kolleginnen und Kollegen an der Leistungsgrenze. Sie sagen, dass das Limit erreicht ist", wie Samer es ausdrückt. Es müsse also schnell zusätzliches Personal gestellt werden, das zumindest bei der Reinigung helfen könne. Längerfristig müsse der Beruf attraktiviert werden, damit jene, die ihn lernen, auch ergreifen.
Die Wertschätzung, die 65 Prozent der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen vermisst, misst sich wohl auch daran, ob die Gesellschaft den Kindergarten als "Aufbewahrungsstätte" oder als erste Bildungseinrichtung wahrnimmt. "Wir haben einen Bildungsauftrag und es kann nicht sein, dass wir immer abgestempelt werden", sagt Hintermeier. Weil sie an ihrem Berufsbild auch aktiv mitarbeiten wollen, fordern die Gewerkschaften eine Aufnahme der Beschäftigten in den vom Bildungsministerium neu gegründeten Beirat für Elementarpädagogik.
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