Camp droht Räumung
So lebt es sich im Protestcamp gegen die Stadtstraße

Am Lagerfeuer ist's kuschelig warm. Im Hintergrund ist das pyramidenförmige Hauptgebäude des Protestcamps gegen die "Stadtstraße" zu erkennen. | Foto: Kautzky
4Bilder
  • Am Lagerfeuer ist's kuschelig warm. Im Hintergrund ist das pyramidenförmige Hauptgebäude des Protestcamps gegen die "Stadtstraße" zu erkennen.
  • Foto: Kautzky
  • hochgeladen von Mathias Kautzky

Das Protestcamp gegen die "Stadtstraße" bei der U2-Station Hausfeldstraße soll geräumt werden. Eine Reportage von den Feldern zwischen Aspern und Hirschstetten.

WIEN/DONAUSTADT. "Alle, die heute im Protestcamp übernachten wollen, bitte kommt zur Abendbesprechung herein", ruft eine Aktivistin vom Eingang der großen Hütte in Richtung Lagerfeuer, um das sich rund 25 Teilnehmer des Protestcamps gegen die "Stadtstraße" in der Donaustadt scharen. 150 Meter Luftlinie von der U2-Station Hausfeldstraße entfernt, am Feld zwischen Hausfeldstraße und An den alten Schanzen, hat es am Donnerstagabend gegen 21.30 Uhr etwa 0 Grad Celsius. Insgesamt befinden sich rund 100 Klimaaktivisten im Protestlager, das aus mehreren Zelten, einer Küchenbaracke aus Holz und einer großen Holzhütte mit "Glockenturm" besteht.

Betritt man das Hauptgebäude, erstaunt die solide Machart des in kürzester Zeit errichteten Versammlungsortes, der rund 35 Menschen fasst: Aus gepressten Hackschnitzelplatten gezimmert, verfügt die Hütte sogar über einen niedrigen und schmalen Windfang, der den rund sechs Meter hohen, pyramidenförmigen Hauptraum mit einem dicken Vorhang von der eiskalten Herbstluft trennt.

Drinnen ist's gemütlich

Drinnen kommt dann schnell Pfadfinderromantik auf - liegen hinter den Sitzbänken doch Schlafsäcke auf Isomatten neben Decken, Lesestoff und Rucksäcken mit persönlichen Gegenständen der Protestierenden. Weil die Hütte sogar mit einem Holzofen ausgestattet ist - der von der Feuerpolizei überprüft wurde -, hat es rund 20 Grad Celsius. Im Taschenlampenlicht sitzen kleine Gruppen beieinander, es wird über den drohenden Abriss des Protestlagers gesprochen.

Am Vormittag des Donnerstags, 9. Dezember, waren zwei Polizisten zu den Protestierenden gekommen und hatten mitgeteilt, dass das Protestcamp ab diesem Zeitpunkt offiziell als aufgelöst galt: Die Stadt Wien als Grundeigentümer hatte bei der Polizei Anzeige wegen Landfriedensbruchs erstattet, worauf die Polizei die Protestierenden auffordern musste, das Protestlager "zu gebotener Zeit" abzubauen. Eine zwangsweise Räumung war zwar den Berichten nach nicht unmittelbar vorgesehen, stand jedoch im Raum.

Stroh am Boden und rund 20 Grad Celsius: Im Inneren der großen Hütte des Protestcamps ist es ziemlich gemütlich. | Foto: Kautzky
  • Stroh am Boden und rund 20 Grad Celsius: Im Inneren der großen Hütte des Protestcamps ist es ziemlich gemütlich.
  • Foto: Kautzky
  • hochgeladen von Mathias Kautzky

So war die Atmosphäre im Lager am Donnerstagabend spürbar angespannt bis wehmütig. "Viele von uns sind seit vielen Wochen hier, wir haben uns fest vorgenommen, dass wir bleiben bis die 'Stadtstraße' abgesagt wird", erklärt eine 20-jährige Aktivistin, die Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert. "Der Kollege dort drüben war einer der ersten, die hier dauerhaft protestiert hat - er kommt übrigens aus Kufstein", sagt einer der Protestierenden, der ganz in der Nähe wohnt.

Die Anrainer helfen mit

Unterdessen machen sich zwei Anrainer der Hausfeldstraße bereit, um quer über die Felder wieder nach Hause zu gehen. Sie haben Vorräte für die Nacht und fürs Frühstück gebracht, und dazu einen schwarzen Sack, in dem Wertgegenstände aufbewahrt werden: Falls das Lager in den Nachtstunden geräumt wird, befürchten die Protestierenden ein Chaos und gehen so auf Nummer sicher. "Die Anrainer lassen uns auch schon seit Wochen bei sich im Badezimmer duschen", freuen sich zwei Studentinnen, "einer hat uns auch mit Geschirr, Besteck und Handtüchern versorgt."

Die Baggerarm bildet das "Eingangstor" zum Protestcamp gegen die "Stadtstraße". | Foto: Kautzky
  • Die Baggerarm bildet das "Eingangstor" zum Protestcamp gegen die "Stadtstraße".
  • Foto: Kautzky
  • hochgeladen von Mathias Kautzky

Bei der Abendbesprechung wurden die Neuankömmlinge nicht nur über die Möglichkeit der Aufbewahrung von Wertgegenständen, sondern auch über die Ruhe- und Frühstückszeit informiert. "Wir haben einen harten Kern an Leuten, die ständig hier sind, und jeden Tag kommen einige, die nur einmal übernachten", so ein Teilnehmer des Protestcamps.

"Dass sich Anrainer wegen Lärms und Drecks beschwert hätten, wie heute in den Medien zu lesen war, können wir uns wirklich nur schwer vorstellen", sagt ein Aktivist schmunzelnd, "denn die Anrainer versorgen uns nicht nur mit Lebensmitteln und Lagerausstattung, sondern ermutigen uns sogar zum Weitermachen. 'Bitte bleibt', sagen sie, 'denn wenn ihr geht, kommen die Bagger und dann wird es hier nie mehr so ausschauen, wie heute!'"

Das könnte Dich auch interessieren:

Protestcamp gegen Stadtstraße wird aufgelöst
Demonstranten protestieren trotz Drohung weiter
Diskussionen über Stadtstraße und Bürgerversammlung
Am Lagerfeuer ist's kuschelig warm. Im Hintergrund ist das pyramidenförmige Hauptgebäude des Protestcamps gegen die "Stadtstraße" zu erkennen. | Foto: Kautzky
Stroh am Boden und rund 20 Grad Celsius: Im Inneren der großen Hütte des Protestcamps ist es ziemlich gemütlich. | Foto: Kautzky
Die Baggerarm bildet das "Eingangstor" zum Protestcamp gegen die "Stadtstraße". | Foto: Kautzky
150 Meter Luftlinie von der U2-Station Hausfeldstraße befindet sich das Protestlager in den Feldern zwischen Hirschstetten und Aspern. | Foto: Kautzky
Anzeige
Plasma zu spenden ist genauso wichtig wie eine Blutspende und hilft Leben zu retten. | Foto: BioLife

BioLife
Blutplasma spenden rettet Leben - Mach mit!

1995 wurde Marcos Welt auf den Kopf gestellt. Ein verheerender Autounfall forderte das Leben seiner Freundin und ließ ihn sieben Monate lang im Koma liegen. Als er zurück ins Leben kam, sah er sich mit einer harten Realität konfrontiert: Nicht nur hatte er seine Partnerin verloren, er konnte seine Füße nicht mehr bewegen und hörte auf dem linken Ohr nichts mehr. Dinge, die er einst für selbstverständlich hielt, waren mit einem Schlag zunichtegemacht. Doch Marco ließ sich nie unterkriegen. Er...

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Hier gehts zu den aktuellen Nachrichten aus Wien

Breaking News als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook

MeinBezirk auf Instagram

MeinBezirk auf Twitter

MeinBezirk auf WhatsApp

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.