Corona-Regeln
Das brauchen Wiens Jugendliche
Gemeinsam mit Experten haben junge Wienerinnen und Wiener über Wünsche und Probleme in Zeiten von Corona diskutiert.
WIEN. "Die Covid-Pandemie hat unser aller Leben verändert", erklärt Manuela Smertnik, künftige Leiterin der Wiener Jugendzentren bei der Expertenrunde, die am 21. Juli im Jugendzentrum J.at zusammengefunden hat, um gemeinsam mit Jugendlichen deren Wünsche und Probleme zu diskutieren. "Jugendliche waren und sind davon aber besonders betroffen. Sie sind keine jungen Erwachsenen, sondern Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Deshalb müssen sie als solche ernst genommen und in Entscheidungsprozesse eingebunden werden."
Wenn jetzt überall von einem "Sommer der Jugend" gesprochen werde, sei das zu wenig. Einschränkungen in ihrer Bildung, ihren sozialen Kontakt- und Entfaltungsmöglichkeiten haben zu Lücken in der Vermittlung von Lerninhalten, Anstieg von psychischen Belastungen und Erkrankungen, Zukunftsangst und Perspektivenlosigkeit geführt, betont auch Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe und Expertin für Jugendarbeitslosigkeit und Arbeitsmarkt. "Die Chancenungleichheit ist massiv gestiegen", sagt sie. "Wir müssen Maßnahmen setzen, die über einen Sommer der Jugend hinausgehen. Sehen wir die Krise als Chance, bauen wir endlich die Angebote für Jugendliche aus, Konzepte dafür liegen ja längst in den Laden der Politik. Holen wir sie raus! Wenn wir die Schulen unterstützen, mit Sozialarbeitern, Psychologen, Trainern, Coaches unterstützen wir auch die Kinder. Denn jeder Jugendliche hat ein Recht darauf, seinen ganz persönlichen Ausbildungsweg zu finden, auch in Zeiten der Pandemie."
Depressionen bei Jugendlichen steigen
Eine Studie der Donau-Uni Krems in Kooperation mit der Medizinischen Uni Wien hat vor kurzem die psychische Gesundheit von rund 3.000 Schülerinnen und Schülern untersucht. Dabei zeigte sich ein starker Anstieg psychischer Symptome: 55 Prozent leiden unter einer depressiven Symptomatik, die Hälfte unter Ängsten, ein Viertel unter Schlafstörungen und 16 Prozent denken an Selbstmord. "Fehlende Sozialkontakte, Einschränkung der Freizeitmöglichkeiten, etwa sportlicher Aktivitäten, Nachteile im Bereich Bildung und am Arbeitsmarkt führen verstärkt zu psychischen Erkrankungen, wie Depressionen und Angstzuständen", erklärt Maria Strasser, klinische Psychologin im PSD. "Doch eine psychische Erkrankung ist nichts, wofür man sich schämen muss. Hier muss die Gesellschaft umdenken, es darf kein Tabu sein, über ein psychisches Problem zu reden, im Gegenteil, es ist die einzige Möglichkeit, damit fertig zu werden." Die psychischen Auswirkungen müssen bei jedem Handeln mitgedacht werden, sei es bei politischen Entscheidungen, in der Verwaltung, aber auch im Bildungswesen, fordert Strasser.
Mehr Klarheit, mehr Miteinander
Die Jugendlichen der Diskussionsrunde sind sich ein einem Punkt einig: Sie brauchen klare und vor allem rechtzeitige Ansagen bei den Corona-Regeln und bessere Kommunikation in den Schulen, wenn es um Präsenzunterricht neben dem Home Schooling geht. "Da haben wir oft erst am Sonntag Abend erfahren, dass am Montag Schule ist", erzählt Keanu (16).
Die Jugendlichen wünschen sich auch mehr Sportmöglichkeiten als Ausgleich zur Vereinsamung zu Hause. Ein Gratis-Freizeitpass für Jugendliche wäre optimal, um sich Konzerte, Sport, oder Kino leisten zu können. Mayar (17), Schülerin im Sigmund Freud Gymnasium, geht noch ein Stück weiter: "Wir brauchen bessere Ferialjobs, mehr Information zu Beruf und Studium. Ich würde gerne Medizin studieren, aber ich war noch nie an der Uni, da sollte es Angebote zum Kennenlernen geben." Mehr Aktivitäten im öffentlichen Raum, in den Parks und Höfen würden dazu dienen, die Nachbarschaft kennenzulernen und wären ein Weg aus der Isolation. "Und Stressmanagement sollte an allen Schulen Pflicht sein!" Und was wünscht sich ein ebenfalls stressgeplagter Lehrling? "Mehr Respekt von den Kunden. Man merkt deutlich, dass Corona die Leute mürrisch, ja aggressiv macht. Aber aus der Krise führt uns nur ein positives Miteinander", erklärt Jeremy-James (19), der im Einzelhandel arbeitet.
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