Seit Hamas-Terror
Drastischer Anstieg von Antisemitismus in Österreich

- Oskar Deutsch (l), Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und Generalsekretär Benjamin Nägele.
- Foto: Barbara Schuster/RMW
- hochgeladen von Barbara Schuster
Seit dem 7. Oktober hat sich die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Österreich verfünffacht. Das geht aus einem Bericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien hervor. Der ideologische Hintergrund der Täter habe sich demnach ebenfalls statistisch verändert.
WIEN. 1.147. So viele antisemitische Vorfälle wurden 2023 bei der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) gemeldet. Das ist ein Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2008. 2023 verzeichnet damit nicht nur einen enormen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (2022: 719 Fälle), sondern stellt auch das bisherige Negativrekordjahr 2021 mit 965 antisemetischen Vorfällen in den Schatten.
2023 habe aus zwei Teilen bestanden, sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch am Mittwoch vor Journalisten, "vor und nach dem 7. Oktober". Gemeint ist damit der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel. Seitdem sind antisemitische Vorfälle global angestiegen – auch in Österreich. Gab es bis zu jenem Datum 1,55 Meldungen im Tagesschnitt, lag dieser ab dem 7. Oktober bei 8,31 täglichen Meldungen. Zu beachten sei allerdings, dass es sich bei all diesen Daten nur um tatsächlich gemeldete Fälle handele – die Dunkelziffer kenne niemand.
Dass der Antisemitismus nachweislich zunehme, sei nicht einzig ein Problem der Politik. "Alle sind gefordert, auch die Zivilgesellschaft. Es ist eine Gefahr für die gesamte Demokratie", unterstrich Deutsch eindringlich.
Mehr physische Gewalttaten
"Wir wurden überrannt mit Meldungen", so Benjamin Nägele, Generalsekretär der IKG und Leiter der Antisemitismus-Meldestelle. Er unterstrich, dass diese Statistik jedoch nur ein "positiver Nebeneffekt" der Meldestelle sei. Vorrang sei für die Meldestelle immer die Hilfe der Opfer. Sie erhalten Beratung sowie auch Unterstützung, wenn ein Opfer Anzeige erstatten möchte. Nicht jede antisemitische Tat sei auch immer strafrechtlich relevant. Das sei auch der Grund, weshalb die IKG deutlich mehr antisemitische Fälle registriert hat, als etwa das Innenministerium.
Unterschiede zum Jahr 2022 gab es nicht nur bei der Gesamtzahl der Meldungen, sondern auch bei deren Kategorisierungen. Gab es 2023 einen Anstieg bei physischen Angriffen, Sachbeschädigung sowie Massenzuschriften, wurde bei Bedrohungen ein marginaler Rückgang verzeichnet.
Wo es möglich war, wurde auch der ideologische Hintergrund ermittelt. Während die Zahl der Taten von rechts gegenüber 2022 abgenommen hat, stieg der Anteil an muslimisch motivierten Fällen an. Ideologisch seien 34 Prozent der Fälle von rechts, 18 von links und 25 muslimisch motiviert gewesen, heißt es in dem Bericht. "Jede antisemitische Tat ist eine zu viel", so Deutsch, der ideologische Hintergrund sei den Opfern letztlich egal.
"Bedrohung weiterhin hoch"
Während der IKG-Präsident die grundsätzlich gute Zusammenarbeit mit den Behörden unterstrich, forderte er aber auch eine "schnellere Justiz". Nach einer Anzeige dauere es oftmals viel zu lange, bis es zu einem Gerichtsurteil käme. Man müsse Antisemiten klarmachen, dass Antisemitismus "kein Kavaliersdelikt" ist, so Deutsch.
"Die Bedrohungslage ist aktuell weiterhin sehr hoch", sagte Generalsekretär Nägele. Das führe zu Einschnitten beim täglichen Leben von Jüdinnen und Juden. Viele würden keine sichtbaren Symbole, etwa einen Davidstern, in der Öffentlichkeit mehr tragen. Wie beide betonten, sei die Lage in Österreich aber insgesamt noch weitaus besser, als in vielen anderen Ländern Europas und der Welt.
Was die vergangenen drei Monate auch gezeigt hätten, seien die Schattenseiten von sozialen Medien. Hier gebe es bislang keine Handhabe, keinerlei Kontrolle. Gerade auf diesen Plattformen sei die Zunahme von antisemitischen Inhalten aber geradezu explosionsartig gewesen.




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