So geht Wien
Verliebt in eine Grenze – So wird man in Wien zum Globetrotter
Wie viele Bezirksgrenzen überqueren Sie in Ihrem Alltag? Bei 23 Bezirken vermutlich eine ganze Menge. Wien scheint hier einmal mehr ganz anders zu sein, als andere europäische Städte. Aber ob das Sinn macht?
WIEN. Wenn ich Europa vom äußersten Zipfel im Norden bis zur südlichsten Insel – also von Norwegen bis Griechenland – durchqueren möchte, müssen zehn Grenzen überwunden werden. Bei einer Reise durch Wien, vom äußersten Süden in Liesing bis zum äußersten Norden in der Donaustadt, sind es 23!
Weniger Bezirke, mehr Professionalisierung
Muss hier eine bis dato heimliche Liebesbeziehung der Wiener und Wienerinnen zu Grenzziehungen konstatiert werden? Wie anders ist es zu erklären, dass eine Studie der Arbeiterkammer (AK) mit dem Titel „Wien neu aufstellen“ so völlig ohne Folgen blieb? Diese Studie wurde, wohlgemerkt, vor sechs Jahren veröffentlicht. Von den darin vorgestellten "10 Denkanstößen für die Politik“ ließ sich ebendiese – sehr vorsichtig formuliert – aber eines eben nicht: nämlich anstoßen.
In der Studie ging es beispielsweise um die Größe der Bezirke. „In Innenstadtbezirken wie dem 1. hat ein Bezirksrat die Interessen von 400 BürgerInnen zu vertreten. In Favoriten hingegen kommen auf einen Bezirksrat weit über 3.000", heißt es da. Ein Vorschlag der AK sah deshalb einen Neuzuschnitt der Bezirke vor, um "neue und demokratischere Verwaltungseinheiten" zu schaffen. "Weniger, aber größere Bezirke könnten auch die Debatte um klare Zuständigkeiten und um eine Professionalisierung der Bezirkspolitik anstoßen.“
Wien ist einfach anders!
Ein schneller Vergleich in Europa sorgt für eine bessere Einordnung der Anzahl von Bezirken: Wie viele davon gibt’s denn etwa in Berlin? Oder – vermessen wie wir sind – in Paris? Oder ein Vergleich mit einer Stadt mit gleich großer Einwohnerzahl: Hamburg. Irgendwas ist in Wien wirklich anders: 23 Bezirken hierorts stehen in Berlin 12 gegenüber, selbst Paris schafft nur 20 und Hamburg kommt gar mit 7 aus.
Zwei Aspekte seien noch erwähnt: Keine der politischen Parteien, die in Wien aktiv ist, hat die Empfehlungen dieser Studie verstärkt oder in ihre Arbeit eingebunden. Manche Politbeobachterinnen und - beobachter können sich noch an die Gemeindezusammenlegungen in der Steiermark erinnern. Aufregung um neue Nummerntafeln für Autos und neue Ortsbezeichnungen schwappten 2015 durch das Bundesland. Jetzt hat man schon lange nix mehr über das Thema gehört.
Ein Angebot: Lassen Sie mich wissen, liebe Leserinnen und Leser, wie viele Bezirke Sie in Wien für notwendig erachten und wie viele Bezirksgrenzen Sie in Ihrem Alltag überqueren (müssen). Schreiben Sie mir an sogehtwien@regionalmedien.at. Über alle Grenzen hinweg wünsche ich Ihnen schöne Feiertage! Wir lesen uns im neuen Jahr wieder.
Hier gehts zur Studie der Arbeiterkammer.
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