Interview Heinrich Himmer
Wiens Bildungsdirektor sieht sich als Corona-Verkehrspolizist

- Heinrich Himmer (SPÖ) leitet seit 2017 als Bildungsdirektor (ehemals Stadtschulratspräsident) die Wiener Schulbehörde.
- Foto: Markus Spitzauer
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) über den holprigen Schulstart, 870 Schulabmeldungen und warum er sich als Verkehrspolizist sieht.
WIEN. Schon in den ersten Wochen mussten hunderte Klassen in Quarantäne, es gab Probleme beim Testen und hinzu kommen Corona-Regeln, die sich laufend ändern: Wir haben Bildungsdirektor Heinrich Himmer zum großen bz-Interview gebeten und mit ihm über die Herausforderungen des täglichen Schulbetriebs in Zeiten von Corona und über strengere Regeln für den häuslichen Unterricht gesprochen.
Probleme beim Testen der Schüler, hunderte Klassen in Quarantäne: Der Schulstart war doch recht holprig. Warum herrscht so ein Chaos?
HEINRICH HIMMER: Selbst ich muss heute nachdenken, welche Corona-Regeln aktuell wo gelten. Seit zwei Jahren erleben wir, dass die Regeln ständig geändert werden. Wir in Wien haben uns dafür eingesetzt, dass vermehrt PCR-Tests zum Einsatz kommen. Denn wir wissen, dass die Fehlerquote bei den Nasenbohrertests hoch ist. Natürlich ist es ein hoher Aufwand für die Schulen, Eltern und Kinder, aber es herrscht kein Chaos. Es gibt Dinge, die funktionieren schlechter, etwa wenn das Sackerl mit den PCR-Tests nicht abgeholt wird. Das ist natürlich eine Katastrophe, aber schwer vorherzusehen. Für die Betroffenen ist klar, dass sie am nächsten Tag einen Nasenbohrertest machen müssen. Dieses engmaschige Testsystem ist die einzige Möglichkeit, um zu wissen, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt.
Zwei unterschiedliche PCR-Tests machen die Situation nicht einfacher.
Wien hat im Sommer darauf hingewiesen, dass es mit "Alles gurgelt!" bereits ein funktionierendes System hat. Man hat sich dann darauf geeinigt, dass der Bund auch in Wien mit seinem System an den Start geht. Die Bildungsdirektion ist der Verkehrspolizist, der den Verkehr regelt, der dadurch entstanden ist. Wir bauen nicht die Straßen, aber wir schauen, dass alle halbwegs gut durchkommen. Das ist anspruchsvoll. Wenn man 240.000 Schülerinnen und Schüler und 27.000 Lehrerinnen und Lehrer zwei- bis dreimal in der Woche testet, kann es zu Situationen kommen, in denen man nachbessern muss. Da sind wir gerade dran.

- "Die Bildungsdirektion ist der Verkehrspolizist, der den Verkehr regelt, der durch die Corona-Vorgaben entstanden ist", so Himmer.
- Foto: Markus Spitzauer
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Heuer gab es 870 Schulabmeldungen. Warum ist es so einfach, sein Kind von der Schule abzumelden?
Dass Eltern entscheiden können, ob ihre Kinder in die Schule gehen oder zu Hause bleiben, wenn sie die Schulpflicht erfüllt haben, steht im Staatsgrundgesetz aus dem 19. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um eine sehr alte Regelung, die nicht mehr in die heutige Zeit passt. Dennoch sind wir an die gesetzlichen Regelungen gebunden und haben aktuell wenige Möglichkeiten.
Welche sind das?
Wir haben in Wien alle 870 betroffene Familien zu Videokonferenzen eingeladen, um mit ihnen über offene Fragen, Ängste und Befürchtungen zu sprechen. Weiters werden wir eine anonyme Befragung durchführen, um herauszufiltern, was denn die Motive für einen häuslichen Unterricht sind.
Soll es strengere Regeln zur Schulabmeldung geben?
Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr ist für eine Bewilligungspflicht für den häuslichen Unterricht, was ich befürworte.
Sollte die Externistenprüfung halbjährlich durchgeführt werden?
Ein Kind kann vielleicht gut rechnen, jedoch sagt das wenig darüber aus, wie gut es ihm geht. Man müsste ein Gesamtpaket schnüren, ohne die Kinder mit noch mehr Prüfungen zu quälen. Nicht nur die schulische Leistung sollte kontrolliert werden, sondern auch das soziale Erleben und die psychische Wirkung auf ein Kind im häuslichen Unterricht.
Wird es heuer einen Tag der Wiener Schulen geben?
Ja. Allerdings ist noch offen, ob der Tag der Schulen vor Ort oder digital stattfinden wird. Wir hoffen, dass es vor Ort sein wird, denn Schule lebt vom Zusammentreffen. Aus heutiger Sicht wäre das auch erlaubt. Wir werden sehen, wie sich die Pandemie entwickeln wird.
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