Mauro Mittendrin
Frühstück mit Vera Russwurm: TV Legende, Talkshow Ikone
Vera Russwurm ist als Fernsehmoderatorin, Journalistin und Talkmasterin weit über die Grenzen Wiens bekannt. Im Gespräch mit dem bekannten italienischen Netzwerker Mauro Maloberti (Mauro Mittendrin) hat sie sich über ihre beeindruckende Karriere, spannende Gäste und Zukunftspläne unterhalten.
Frau Russwurm, Sie sind als Moderatorin sowohl in Österreich, als auch in Deutschland seit Jahrzehnten äußerst bekannt. Gibt es in dieser eindrucksvollen Karriere einen bestimmten Moment, an den Sie sich besonders gerne erinnern?
VERA RUSSWURM: Also sicher an jenen, wie ich den Auftrag bekommen habe. Ich war damals 25 Jahre alt. Ich konnte das damals gar nicht fassen, eine echte Koproduktion zu präsentieren. Das war nicht wie bei Wetten dass oder dem Musikantenstadl. Also nicht, dass er ORF ein kleiner Produktionspartner war, sondern immer zur Hälfte Zahler und damit auch zur Hälfte Mitbestimmer. Damals haben Hans Jürgen Bäumler und ich gemeinsam für das ZDF und den ORF vier Jahre lang die Show "Was wäre, wenn" präsentiert.
Im Österreich der 80er bzw. beginnenden 90er-Jahren, war ja die quasi die ganze Nation vor dem Fernsehapparat in Österreich. Also ungefähr zwei bis drei Millionen Menschen und in Deutschland zehnmal soviel. Also das ist schon eine irre Kiste, wenn du dann im Alter von 25 Jahren deine eigene Show übertragen bekommst.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Es lief wirklich sehr, sehr gut. Als ich dann schwanger war, habe ich aber schon immer gedacht: Der Adrenalin-Output bei so einer Show, ist für das Kind in meinem Leib vielleicht nicht so gut? Also ich war da schon vorher immer sehr nervös. Schließlich wird ja alles in so einer Show genau unter die Lupe genommen. Da ist schon viel Druck dabei.
An welche Momente, Gäste usw. erinnern Sie sich sonst noch gerne?
Wir hatten rund um die Jahrtausendwende eine ganz besondere Show. Mit dabei war etwa eines der ersten Webcam-Girls. Aber auch Otto von Habsburg, also der Sohn des letzten Kaisers, waren da zu Gast. Dann hatten wir zum Beispiel drei Menschen, die alle drei Jahrhunderte erlebt hatten. Leute, die noch im 19. Jahrhundert geboren worden waren. Also das ist wirklich genial gewesen, das zu machen. Und mit dabei war auch Buzz Aldrin, den zweiten Mann am Mond. Wir hatten auch Christian Bana zu Gast, den ersten Mann, dem ein Herz transplantiert wurde.
Und der zweite oder dritte Höhepunkt, wenn man mich fragt, war für mich ganz bestimmt die Sendung, wo die Eltern und der Bruder vom Bombenbauer Franz Fuchs zu Gast waren. Der hat das ganze Land monatelang in Atem gehalten und es kamen immer wieder neue Briefbomben. In dieser Sendung waren aber auch Opfer und die haben der Familie vergeben. Am Ende haben sie sich umarmt. Das war wahnsinnig berührend
Gibt es auch Momente, die Sie lieber wieder vergessen würden?
Nein, ich will nichts vergessen. Man kann alles mitnehmen für sein Leben. Also ich verdränge sicherlich nichts absichtlich. Aber es ist schon immer wieder auch die ein oder andere Herausforderungen dabei gewesen. Einmal hatte ich beispielsweise eine Frau in der Sendung, die nur "Ja" oder "Nein" geantwortet hat. Da war es schwer, zu reagieren. Emotionen sind immer wichtig für so ein Format.
Und es gab auch inspirierende und emotionale Momente...
Ja, das auf jeden Fall. Ich hatte zum Beispiel viele Menschen mit Schicksalsschlägen. Etwa eine Mutter, deren Tochter durch einen alkoholisierten Autofahrer überfahren wurde und starb. Sie hat sich aber nicht in die Verbitterung zurückgezogen, sondern die hat eine Aktion mit Taxifahrern und motivierten Leuten eine Aktion gegen Alkohol am Steuer gestartet.
Oder ich hatte einen Vater zu Gast, dessen Sohn sich das Leben genommen hatte. Zuvor hatte sich sein Sohn in sein Kinderzimmer gesperrt und viel Zeit am Computer verbracht. Dabei war er in einem Suizidforum unterwegs. Das war damals ein ganz neues Phänomen und er wollte andere Eltern davor warnen.
Gibt es für Politiker, die Sie in Ihre Sendung einladen, eigene Richtlinien?
Meine Sendung kann man als Infotainment titulieren. Und ich kann Politiker durchaus einladen. Aber es gibt die Auflage nie zu Wahlzeiten. Also wenn jetzt zum Beispiel Salzburger Landtagswahlen anstehen, gilt es etwa nicht den Salzburger Landeshauptmann einzuladen. Jetzt aber habe ich zum Beispiel die Chance, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zu begrüßen. Er redet über sehr Privates. Zum Beispiel, dass er der Sohn einer alleinerziehenden Fabrikarbeiterin ist. Außerdem erzählt er ganz offen, wie und wo er seine Frau kennengelernt hat. Und generell über das Zusammenleben mit seiner Frau.
Also solche privaten Themen sind kein Problem, oder?
Nein. Ich hatte beispielsweise auch schon Justizministerin Alma Zadic zu Gast. Mit ihr sprach ich darüber, dass sie als Kind wegen des Jugoslawienkrieges nach Österreich kam. Sie hat erzählt, wie das damals für sie war. Wie sie sich als Flüchtlingskind eingelebt hat. Solche Gespräche sind kein Problem, solange sie nicht gerade in der Wahlkampfzeit stattfinden. So lernt man auch Politiker von einer anderen Seite kennen.
Wie werden die Gäste der Sendung ausgewählt?
Da spielt natürlich die Aktualität eine gewichtige Rolle. Also jene Themen, die gerade in aller Munde sind. Dies betrifft natürlich auch Musiker, Künstler, Schauspieler, die gerade etwas Besonderes machen, die man kennt - und natürlich Publikumslieblinge. Dann gibt es natürlich noch einen persönlicheren Zugang über Kontakte bzw. auch wenn jemand meiner Redaktion oder mir auffällt. Und halt auch so besondere Aktionen.
Woran denken Sie hier aktuell zum Beispiel?
Etwa an Harald Krassnitzer. Der ist allein vier Wochen lang über 2000 Kilometer die Donau heruntergefahren, in einem sieben Meter langen, offenen Boot. So etwas ist dann schon beachtlich. Und: Es ist spannend.
Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Bis Ende des Jahres noch meine Sendung. Dann mache ich einfach einmal Pause. Ich arbeite seitdem ich 18 Jahre alt bin in Vollzeit. Also ich habe studiert und nebenbei gearbeitet. Habe dann das Studium abgeschlossen und mein erstes Kind bekommen. Also in meinem Leben war immer viel los. Mit 64 finde ich, ich habe es mir verdient, mir mehr Zeit nehmen zu können. Ich will im Moment und das Leben auf mich zukommen lassen. Stillstand ist aber nie eine Option für mich.
Da fällt dann natürlich auch Druck ab...
Ja, es ist ein Unterschied, ob du dich wirklich diesem Druck aussetzt, Woche für Woche gute Gäste präsentieren zu müssen. Irgendwann muss man auch loslassen. Und das entscheide ich für mich selbst, dass es Zeit dazu ist. Ja, es ist ein guter Zeitpunkt.
Würden Sie sich als "echte Wienerin" bezeichnen?
Mein Vater ist Wiener und meine Mutter kommt ursprünglich aus Tirol. Auch die ganze Familie meiner Mutter stammt aus Tirol. Ich bin aber in Wien geboren und aufgewachsen. Also ja, ich bin eine waschechte Wienerin.
Wie sieht Ihre Freizeitgestaltung aus?Gehen Sie gerne ins Fitnesscenter oder kochen Sie gerne?
Kochen braucht viel, viel Zeit. Vielleicht fange ich jetzt ja an, richtig Kochen zu lernen (lacht). Aber in der Freizeit war es mir immer viel wichtiger, die Zeit mit meinen Kindern zu verbringen. Und zuletzt habe ich mich wieder mehr dem Sport zugewandt. Der ist mir auch sehr wichtig, weil ich als Jugendliche Sport betrieben habe. Mit meinem Mann habe ich gerne Tennis gespielt und ich bin ins Fitnesscenter gegangen. Mit der Geburt meines ersten Kindes hat sich aber einfach viel im Leben verändert. Fitnesstraining habe ich aber versucht beizubehalten. Etwa auch eine Zeit lang mit einer privaten Trainerin, die zu mir nach Hause kam. Heute mache ich noch regelmäßig Kraftübungen und gehe laufen.
Welche Bücher lesen Sie am liebsten?
Was ich besonders gerne lese, sind historische Biografien, wo du einen Mehrwert hast oder generell historische Bücher. Zum Beispiel zuletzt ein Buch über Ferdinand Magellan. Den kennt man etwa durch die Magellan-Straße in den Gewässern Südamerikas. Ich wusste vorher aber nie, dass er seinen großen Triumph selbst nicht mehr miterleben konnte. Knapp vor dem Ziel wurde er ermordet. Eine ganz spannende Geschichte. Es liest sich sehr spannend und ist außerdem wirklich eine Bereicherung, wenn man mehr über die Zeit dieser Welt-Entdeckung wissen möchte.
Was wäre eine Seite an Ihnen, die Sie an sich selbst sehr schätzen?
Da würde ich sagen, dass ich sehr verlässlich bin und auch treu.
Und eine schlechte Seite?
Vielleicht mein "Elefantengedächntis". Ich vergesse nichts. Das Gute daran ist aber, dass ich mir auch die guten Sachen in meinem Leben merke.
Welche Tipps können Sie Menschen geben, die auch so einen beruflichen Erfolg haben möchten?
Man muss fleißig sein. Ich habe in meinem Leben wirklich sehr viel gearbeitet, auch als meine Kinder noch klein waren. Ich habe dann in der Nacht wenig geschlafen. Das sind so Punkte, die vergisst man ganz gerne. Und die Leidenschaft muss da sein. Dann stören einen die Sachen nicht. Mit Leidenschaft kann man es an die Spitze schaffen. Das zweite ist, dass man für diesen Beruf und im Leben überhaupt unvoreingenommen an Menschen herangeht. Es gibt natürlich unbewusst, Vorurteile, die man mit sich schleppt. Aber ich versuche ganz bewusst, unvoreingenommen auf jeden einzelnen Menschen zuzugehen.
Das Gespräch mit Vera war für mich auch ein sehr wichtiger Moment in meiner Karriere, weil ich nicht nur die Emotionen einer großen Fernsehdame zu spüren bekam, sondern auch die einer Frau, die Werte im Leben hat, zum Beispiel für ihre Familie und ihre Karriere. Ich danke dir sehr für dieses Gespräch. Grazie!
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