"Das waren noch ganz andere Zeiten": Irmgard Griss im großen WOCHE-Interview

Irmgard Griss wuchs in Deutschlandsberg auf und war im Lauf ihrer Karriere u.a. Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. | Foto: Wilcke
  • Irmgard Griss wuchs in Deutschlandsberg auf und war im Lauf ihrer Karriere u.a. Präsidentin des Obersten Gerichtshofs.
  • Foto: Wilcke
  • hochgeladen von Caroline Mempör

Irmgard Griss wuchs in einfachen Verhältnissen in Bösenbach auf. Heute kann sie auf eine steile Karriere im Rechtswesen zurückblicken. Mit der WOCHE sprach sie über ihre Kindheit am Bauernhof, Studieren in Harvard und die Causa Hypo. Zu einer möglichen Kandidatur als Bundespräsidentin gibt sie sich bedeckt.

Sie möchten den Hypo-Ausschuss, der seine Arbeit am 2. September wieder aufnimmt, nicht kommentieren. Warum nicht?
Warum sollte ich? Die Hypo-Untersuchungskommission hat ihren Bericht vorgelegt; jetzt muss man abwarten, zu welchen Schlüssen der Untersuchungsausschuss kommen wird.

Sie sind in Bösenbach auf einem Bauernhof aufgewachsen. Wie war Ihre Kindheit in Deutschlandsberg?
Ich bin in Deutschlandsberg in die Volks- und in die Hauptschule gegangen, und zwar von 1952 bis 1960. Das waren natürlich noch ganz andere Zeiten; es war alles viel einfacher und bescheidener als heute, nicht nur das Leben auf einem Bauernhof.

Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
Es war ein Leben im Einklang mit der Natur; zu tun war das, was je nach Jahreszeit zu erledigen war, und es gab das zu essen, was je nach Saison vorhanden war.

Wenn Sie ihre Heimat heute besuchen, was machen Sie dann gerne? Was darf nicht fehlen?
Vor einigen Wochen waren mein Mann und ich mit Gästen aus Amerika auf der Burg. Ich habe mich sehr gefreut, Ihnen die schöne Aussicht zeigen zu können. Ganz besonders gefreut hat mich auch, dass wir in einem wirklich guten Restaurant essen konnten, mit sehr freundlichen Serviererinnen, die unsere Gäste ganz selbstverständlich auf Englisch anredeten, als sie merkten, dass wir Englisch sprachen.

Sie sind von Ihrer Heimat aus ja sehr weit herumgekommen, haben u.a. in Harvard studiert. Was hat Sie daran fasziniert?
Ich wollte immer im Ausland studieren, und es war für mich ein großes Glück, dass ich ein Stipendium für die Harvard Law School erhalten habe. Besonders beeindruckt hat mich dort, wie unterrichtet wurde, nämlich indem gemeinsam über Probleme nachgedacht und nach Lösungen gesucht wurde. Und es war auch ein ganz besonderes Erlebnis, mit Studenten und Studentinnen aus praktisch der ganzen Welt zusammen zu sein.

Einer breiten Öffentlichkeit in Österreich sind Sie 2014 durch den Abschlussbericht der Hypo-Alpe-Adria-Untersuchungskommission bekannt geworden. Als der damalige Finanzminister Michael Spindelegger Sie gefragt hat – haben Sie gleich ja gesagt?
Ich musste natürlich erst nachdenken, unter welchen Voraussetzungen ich einen solchen Auftrag übernehmen könnte. Denn zusagen konnte ich nur, wenn eine realistische Chance bestand, dass ich den Auftrag auch erfüllen konnte.

Das Fazit des Berichts war sehr kritisch, auch den Behörden gegenüber. War es schwierig, so deutlich Stellung zu nehmen? Gab es negative Reaktionen?
Für die ganze Kommission war von Anfang an klar, dass wir das hineinschreiben würden, was die Untersuchung ergab. Da außer mir nur Ausländer in der Kommission waren – zwei Deutsche und zwei Schweizer –, gab es von vornherein keine Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten. Über den Inhalt des Berichts hat sich niemand bei mir beschwert; im Gegenteil, es haben sich auch Personen bedankt, die nicht gerade gut weggekommen sind.

Eigentlich sind Sie schon in Pension. Eine Kandidatur als Bundespräsidentin nächstes Jahr haben Sie mittlerweile ausgeschlossen – bleibt es dabei?
Ich beschäftige mich immer mit den Fragen, die sich stellen, und mit den Aufgaben, die ich zu erfüllen habe. Eine Kandidatur ist jedenfalls keine Frage, mit der ich mich jetzt zu beschäftigen hätte.

Wie geht es jetzt für Sie persönlich weiter?
Ich arbeite nach wie vor in der Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte und befasse mich dort in Schlichtungsverhandlungen vor allem mit Fällen, in denen es um Fremdwährungskredite geht.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

4 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.