Der Preis von Lebensmitteln
Kulturschaffende Helen Wieser eröffnete im Literaturcafé der Stadtbücherei Gleisdorf das dritte Arbeitstreffen der Initiative „Transition Oststeiermark“. Das Thema dieses Abends lautete „Ernährungssouveränität“.
Dieser Begriff meint eine Situation, welche allen Menschen die Verfügbarkeit von erschwinglichen Lebensmitteln in angemessener Qualität sichert. Das klingt für uns ganz selbstverständlich. Doch weder in unserem wohlhabenden Land ist diese Möglichkeit mit einer in Stein gehauenen Garantie versehen, noch ist das überall in Europa Standard, geschweige denn in der Welt.
Der Abend zeigte: Wer diesem Thema, das uns alle tagtäglich betrifft, nicht völlig ahnungslos gegenüberstehen will, sollte sich wenigstens grundlegendste Kenntnisse über den Zusammenhang von Landwirtschaft, Transportwesen und Marktsituation aneignen.
Was das bedeutet? Neil Bird, der bei „Joanneum Research“ in der Energieforschung tätig ist, macht aufmerksam, daß die Preise von Erdöl und Lebensmitteln eng verbunden sind. Das heißt, Lebensmittelsysteme und Energiebedarf sind gekoppelt.
Anders ausgedrückt: Die industrielle Landwirtschaft hat einen enormen Energiebedarf. Das meiste davon kommt vom Sprit-Verbrauch. Neben der hohen Nachfrage bezüglich Dünger und Pestiziden verursachen Transport, Lagerung und Verpackung erhebliche Kosten.
Martin Dorfner vom „Weltladen Gleisdorf“ wies auf eine bemerkenswerten Aspekt der Automobilbranche hin, den wir auch im Lebensmittelbereich zu bedenken hätten: „Der billigste Lagerplatz ist der rollende LKW.“
Einige der Gäste wiesen darauf hin, daß die Massenproduktion von Lebensmitteln überhaupt nur deshalb zu attraktiven Preisen führe, weil in Europa die Transportkosten enorm subventioniert würden. Das zahlen wir alle demnach auf Umwegen, wodurch die Preise in den Supermärkten praktisch verfälscht werden.
Apropos Supermärkte! Drei Konzerne kontrollieren da den österreichischen Markt. Rewe, Spar und Hofer. Selbstverständlich müssen wir davon ausgehen, daß große Companies primär zum eigenen Vorteil agieren.
Bird betonte, daß allerdings der Lebensstil der Menschen „wahrscheinlich wichtiger ist als alles andere“, wenn es darum geht, welche Produkte bevorzugt werden, worauf also die Companies mit ihren Angeboten reagieren. Das heißt, jede und jeder von uns entscheidet mit ddem Griff ins Regal jeden Tag mit, wohin die Reise geht.
Dabei ist allein schon viel getan, wenn man beim Einkaufen einen Blick auf die Verpackung wirft, um zu erfahren WOHER eine Ware kommt. Wer begreift, daß sich viel Positives für die eigenen Lebensbedingungen tun läßt, wenn man Lebensmittel mit Herkunft aus der nächsten Umgebung bevorzugt, hat schon einiges für stabilere Verhältnisse getan.
Es gibt bei all dem eine grundlegende Frage: Was ist gut für den Boden?
Je radikaler die Erde bewirtschaftet wird, ohne dabei Kriterien der Nachhaltigkeit zu beachten, desto größer wird von Mal zu Mal der Bedarf an zusätzlicher Energie, an Dünger und anderen Stoffen, um noch einen Ertrag zu erzielen. Bis der Boden biologisch tot ist.
Klingt sehr simpel, ist es auch.
Heute gilt als Status quo, daß Kleinbauern rund 70 Prozent der Nahrungsmittel für die Welt produzieren. Insgesamt gilt, daß die gesamte Nahrungsmittelproduktion rund 2.800 Kalorien pro Tag und Mensch verfügbar macht, obwohl viel davon an Tiere verfüttert und mancher Überschuß weggeworfen wird.
So gesehen fällt auf, daß es wohl an den Regelwerken des Marktes liegen muß, wenn dennoch Menschen verhungern. Diese nachteiligen Mechanismen können früher oder später auch uns betreffen. Wir sollten sie also nicht ignorieren.
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