Über Angeschraubte und Ausgelassene

Präzise, temporeich und ausgelassen: Screenager
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Ich wollte eigentlich nur einen kühlen Drink an einem milden Abend, zu dem sich dieser Freitag nach dem Regen noch aufgerafft hatte.
Michi, die Wirtin, war gut gelaunt und gewappnet, es werde eine lebhafte Nacht werden; das wußte sie schon. Wir saßen an einem der Tische am Straßenrand.

Am Nebentisch ließ ein Mann seine Finger auf dem Griffbrett einer E-Gitarre warmlaufen. Somit war klar, hier beginnt gleich der Ernst des Lebens. Wollte ich das haben? Auf dem Weg durch das Stadtzentrum hatte ich an anderer Stelle schon ein paar berückende Klänge gehört, da fleht man zu seinem Schicksal, daß jetzt nicht noch jemand zu singen beginnt.

Gut, auch Kampftrinker haben ein Recht auf Kultur und wenn man etwa seinen Weltschmerz bis Unterkante Oberlippe im Alk stehen hat, muß Live-Musik vielleicht schaurig gespielt werden, damit sie Leuten in solchen Zuständen gut klingt.

Aber Hand aufs Herz, diese Art zermürbendes Geschrumpel ergibt sich eben fast zwangsläufig, wo sich Gagengeiz mit mäßigem Talent trifft. Ganz anders im Gleisdorfer Wahnsinnsbeisel.

Da hatten die „Screenager“ ihr Equipment in Minimalfassung aufgestellt. Der Bandname könnte einen ins Grübeln bringen. Junge Leute, die dauernd ihren Blick auf Benutzeroberflächen ihrer Mobilgeräte gerichtet haben, um jemandem in drei Metern Entfernung Botschaften zu schicken?

Keineswegs! Ein Grazer Rockformation mit hartem Zugriff und dem Zeug zu feinen Nuancen. Frontman David Lipp ist natürlich ein besonderer Glücksfall.

Das aktuelle Projekt „Screenager Rock Tribute“, ein Spaziergang durch rund ein halbes Jahrhundert Rockgeschichte, verlangt nämlich eine erhebliche Bandbreite und deutliche Wandlungsfähigkeit einer Stimme, mit der die Töne nicht nur ungefähr, sondern genau getroffen werden.

Das Publikum des Wahnsinnsbeisl konnte in dieser Nacht ebenfalls über ein halbes Jahrhundert darstellen, wobei die Teenies uns am deutlichsten zeigten, wie unbändig und fröhlich man eigentlich zur Welt kommt, um sich diesen Zustand nach Möglichkeit zu erhalten.

Dem gegenüber ist mir dort erstmals eine menschliche Untergruppe aufgefallen, welche man „Die Angeschraubten“ nennen könnte. Sitzt einer mitten im Trubel auf seinem Hocker, trinkt kaum etwas, schaut ernst, wippt mit keinem Körperteil irgendwie erkennbar zu einem Teil der Musik.

Man möchte so einem zurufen: Geh nachhause und leg dich wieder in deinen Sarg! Aber das wäre erstens ungerecht und zweitens ist es egal, denn was „Screenager“ quer durch die Epochen des Rock & Roll abgeliefert hat, ließ auch ältere Jahrgänge merklich an gutem Benehmen verlieren und in der Gleisdorfer Kompressionskammer unbändiger Lebensfreude am eigenen guten Ruf rütteln.

Bleibt ein spezielles Mirakel ungeklärt: Wie schaffen es Michi und Karin in solchen Stunden, alle Leute mit den gewünschten Drinks zu versorgen und auch nur halbwegs den Überblick zu bewahren? Ein Rätsel, das die Behörden neuerdings mit einer Registrierkassenpflicht vertieft haben.

Das ist unter anderem ein kulturelles Problem, denn wie paßt eine Registrierkasse zu Rock & Roll? Gar nicht. Und überhaupt! Was das alles soll? Ich kann es Ihnen erklären, die Rolling Stones können es besser: „Would it satisfy ya, would it slide on by ya? Would ya think the boy's insane? He's insane! I said I know it's only rock 'n' roll but I like it!”

+) Kleine Reportagen [link]

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