Femizid am Alsergrund
Ein neuer Platzname soll an Nadine W. erinnern
"Ni una menos" heißt zu Deutsch "Keine Einzige weniger". Nun soll ein Platz so benannt werden. Weshalb?
WIEN/ALSERGRUND. Aktuell ist der Platz vor dem Café Nuss in der Nussdorfer Straße 9 ein namenloser Ort. Das soll sich ändern: Im Kulturausschuss der Alsergrunder Bezirksvertretung hat sich eine Mehrheit darauf geeinigt, dass er künftig Ni-Una-Menos-Platz heißen soll.
Den Antrag dazu hatten die Grünen in der Bezirksvertretungssitzung im März eingebracht, seither wurde er diskutiert. Mit dem Ni-Una-Menos-Platz wollten die Grünen an Nadine W. erinnern, die 2021 in ihrer Trafik von ihrem Ex-Partner ermordet wurde. "Die zur Benennung beantragte Grünfläche befindet sich unmittelbar gegenüber dem Tatort zwischen der Nussdorfer Straße und der Fluchtgasse (...)", heißt es in dem Antrag.
Eine internationale Frauenbewegung
"Ni Una Menos" ist der Slogan einer internationalen Frauenbewegung, die aus Südamerika stammt. Auch in Österreich gibt es einen Ableger davon. Er widmet sich vor allem dem Kampf gegen Femizide. "Uns geht es um Bewusstseinsbildung", sagt Grünen-Chefin Josefa Molitor-Ruckenbauer. "Femizide sind ein globales Problem."
Die Grünen wollen an Nadine W. erinnern und gleichzeitig diese Bewegung bekannter machen. Unterstützung bekommen sie von der SPÖ Alsergrund, wie Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Christian Sapetschnig erklärt: "In der Nussdorfer Straße entsteht ein ganzes Areal, das als Ort des Empowerments und der Prävention der Solidarität und dem Gedenken aller Femizide gewidmet ist."
Denn gegenüber des Platzes in der Trafik, in der Nadine W. ermordet wurde, entsteht auf SPÖ-Initiative hin ein feministischer Kunstraum – siehe dazu auch den Artikel unten. Zufrieden zeigt sich auch Links-Bezirksrätin Katarzyna Winiecka: "Die Platzbenennung ist ein starkes Bekenntnis."
ÖVP, Neos, FPÖ dagegen
Unzufrieden sind hingegen ÖVP, Neos und FPÖ. Zwar sind sie prinzipiell für eine Platzbenennung, die an Nadine erinnern soll. Aber, so ÖVP-Klubobfrau Lisa Fuchs: "Die Initiative kommt aus Argentinien und ist hier zu wenig bekannt. Auch wegen der Sprachbarriere wird ‚Ni una menos’ im Vorbeigehen kein Bewusstsein bilden." Zwar soll es eine Zusatztafel zur Erklärung geben, doch das reiche nicht aus.
Ein weiterer Punkt sorgt für Unmut, wie etwa Neos-Chef Rudolf Mayrhofer-Grünbühel betont: "Hier wird ein Mordopfer instrumentalisiert. So wird eine Organisation unterstützt, die sich zwar auch für Frauen, aber ebenso für die Abschaffung des Kapitalismus einsetzt." ÖVP und Neos würden einen Namen wie "Platz gegen Gewalt an Frauen" bevorzugen.
Auch die FPÖ ist gegen den geplanten Namen und will laut FPÖ-Bezirksrat Nikolaus Amhof einen "Gedenkplatz für die Opfer der illegalen Masseinwanderung", weil die Gewalt nur von Migranten ausgehe. Daher wird er bei der kommenden Bezirksvertretungssitzung, wo nun über die Benennung abgestimmt wird, einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen. Einen solchen Antrag planen übrigens auch die Neos, allerdings eben mit dem alternativen Namen "Platz gegen Gewalt an Frauen".
Wie es nun weitergeht
Abgestimmt werden soll über diese Neubenennung übrigens bereits am Mittwoch, 14. Dezember – an dem Tag findet die nächste Sitzung des Bezirksparlaments statt. Diese kann man auch im Livestream verfolgen (Details im Artikel unten).
Mit den Stimmen von Grün, Rot, Links und allfälligen weiteren Mandatarinnen und Mandataren zeichnet sich bereits eine stabile Mehrheit für den "Ni-Una-Menos-Platz" dafür ab. Das Anliegen wird dann ins Wiener Rathaus weitergeleitet, zuständig ist dort die MA 7 – Kulturabteilung der Stadt Wien. Diese leitet dann ein Prüfverfahren ein.
Danach erfolgt eine Vorberatung in dem eigens vom Wiener Gemeinderat eingesetzten Unterausschuss für Verkehrsflächenbenennungen. Die endgültige Benennung beschließt schließlich der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft. Bis die Umbenennung also erfolgt, wird es wohl noch etwas dauern.
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