Ein Blick hinter die Kulissen

BADEN/TRAISKIRCHEN. In einer riesigen Halle sind Stoffe ausgebreitet, an den Wänden stehen Nähmaschinen. Pierre Pfeffer fertigt hier gerade einen Vorhang für das Bühnenbild von „Der fidele Bauer“. Das Stück hat in der Sommerarena Baden am 10. Juli Premiere. Wir stehen in der Tapeziererei, einem Teil der neuen Werkstätten der Bühne Baden – auf geschichtsträchtigem Boden.

Einst Reifenhalle, heute Bühnenwerkstätte

Am 19. Juli 2002, vor ziemlich genau 13 Jahren, wurde hier der letzte Semperit-Reifen hergestellt, ehe die Produktion von Traiskirchen nach Tschechien verlegt wurde. In die einstige Industriehalle ist nun neues Leben eingekehrt. Im November 2014 übersiedelten die Werkstätten der Bühne Baden aus der Wienerstraße in Baden nach Traiskirchen.

Mehr Anspruch braucht mehr Platz

„Wir hatten einfach keinen Platz mehr“, erklärt Werkstättenleiter Franz Brendinger. „Die Produktionen der Bühne Baden sind über die Jahrzehnte immer aufwändiger und technisch anspruchsvoller geworden, der Spielplan immer dichter. Wir müssen oft die Vorarbeiten für drei Produktionen gleichzeitig machen.“ So wie jetzt gerade: Die „Fledermaus“ hatte am 19. Juni Premiere, am 10. Juli folgt „Der fidele Bauer“ und auch für das Musical Hairspray (ab 31. Juli im Stadttheater) wird schon gemalt, geschweißt, gehämmert und – maskengebildnert, wenn man so sagen kann. Maskenbildnerin Gini Wyhlidal ist gerade mit der Herstellung einer Heißschaummaske beschäftigt, die René Rumpold in seiner Rolle als Edna tragen wird. „Heißschaummasken sind komplizierter herzustellen, aber dafür elastischer“, erklärt Gini, die jedoch weiß, dass René Rumpold unter ihrem Meisterwerk auf jeden Fall ordentlich schwitzen wird müssen.

Vom Modell zur Realität

In einer anderen Ecke der 800 Quadratmeter-Malereihalle steht noch ein Bühnenmodell für „Die Fledermaus“. Franz Brendinger, ein gelernter Tischler, erklärt: „Zu Beginn jeder Produktion besprechen der Regisseur und der Bühnenbildner das Bühnenbild. Davon wird dann ein detailgetreues Modell hergestellt – die Basis für das tatsächlichen Bühnenbild, das innerhalb von maximal 4 Stunden aufgebaut sein muss."
Ein paar Schritte weiter, in der 280 Quadratmeter großen Schlosserei, schmiedet Vladimir Simko einen spektakulären Sessel für „Hairspray“, ein krebsartiges Fantasiegebilde mit beweglichen Armen und Augen. 

Spannend wird es für die Handwerker der Bühne Baden bei der ersten Hauptprobe im Theater. Da erfolgt nämlich die technische Abnahme – der „ewige Kampf der Kunst mit Technik und Vorschriften“, schmunzelt Brendinger. Schließlich gilt auch auf der Bühne strikter Arbeitnehmerschutz, Gefahr muss ausgeschlossen werden können, auch wenn Regisseur und Bühnenbildner so manche ausgefallene Idee verwirklicht sehen möchten.

Werkstätten selbst adaptiert

Statt früher 2100 engen und verwinkelten Quadratmetern verfügt die Bühne Baden also nun über 3380 Quadratmeter Werkstättenfläche, 7m hoch und fast säulenfrei. „Wir haben fast alles selber hergerichtet – die einstige Reifenvulkanisier-Halle wurde für die einzelnen Werkstätten abgeteilt, 380 Meter Druckluftleitungen verlegt, 1000 Quadratmeter Holzfußboden selbst gelegt, ca. 150lfm bis zu 6m hohe Regale installiert, und viele andere Sachen mehr“, sagt der Technische Leiter, Christof Lerchenmüller, der nun viel mehr Platz hat, dafür sind die Arbeitswege natürlich auch länger geworden. Dafür können wir Transporte etc. endlich mit einem Hubstapler machen.

Was danach passiert...

Und was passiert eigentlich mit all den Dingen, die hier für die Produktionen hergestellt werden? „Das meiste wird entsorgt, da wir ja fast nie ein Stück neu aufnehmen“, erläutert Eva Morineau, Pressesprecherin der Bühne Baden. „Aber ein paar Besonderheiten haben dann doch in unserem Lager Platz – etwa das geflügelte Pferd aus dem Musical Xanadu, an das sich vielleicht einige noch erinnern.“ Und weil fast jede Produktion ein „besonderes“ Teil hatte, ist das neue Lager mit seinen doch beachtlichen 650 Quadratmetern und 7m Höhe schon fast wieder zu klein geworden.

Zur Sache:

Die Tapeziererei hat nun 230 Quadratmeter statt früher 50.
Die Schlosserei hat 280 Quadratmeter statt früher 70. 
Die Malerei hat 800 Quadratmeter statt früher 300.
Die Tischlerei hat einen Montageraum mit 700 Quadratmeter statt früher 220. Und der Maschinenraum ist 400qm groß.
Das Lager ist 650 Quadratmeter groß. Zum Vergleich: Die großen Wiener Theater, die ihre Stücke oft über Jahrzehnte immer wieder spielen, haben mit dem Arsenal ein gigantisches Lager über rund 30.000qm
In den Werkstätten der Bühne Baden sind neun Personen beschäftigt - vier Tischler (inklusive Leiter), drei Maler, 1 Schlosser und ein Tapezierer.