Bücherflohmarkt öffnete sein "Archäquaria":
Was man in alten Büchern so findet...

- Eva Ullreich blättert in alten Büchern - und da findet man immer wieder außergewöhnliche Zeitdokumente.
Vor ihr liegt außerdem ein Telefonbuch "Amtliches Teilnehmerverzeichnis" aus 1930 - Foto: Stockmann
- hochgeladen von Gabriela Stockmann
LEOBERSDORF. Wer viel mit alten und gebrauchten Büchern zu tun hat, der kann viel erzählen. Deshalb erfand die Antiquarin Doris Korn den Ausdruck "Archäquaria". Es handelt sich dabei um eine Schatulle, in der Fundstücke aus alten Büchern gesammelt werden: Postkarten, Liebesbriefe, Einkaufszettel, alte Schillingscheine, gepresstes Edelweiß und Vergissmeinnicht und vieles mehr.
Originelle Fundstücke
Die rund 15 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen (inklusive einiger Quotenmänner) des Bücherflohmarkts Leobersdorf erheitern sich am "Archäquaria" ihres Vereines. "Ich hab einmal 5000 Schillinge in Büchern, die uns aus Verlassenschaften oder nach Wohnungsräumungen gespendet wurden, gefunden!" erzählt Magdalena. Sie hat das Geld dann auf der Nationalbank umgetauscht. Und Irene Schmid sucht nach einem Einkaufszettel, auf dem feinsäuberlich notiert stand: "Kondome nicht vergessen!" Das "Archäquaria" ist voll von Postkarten und Liebesbriefen, teils noch in Kurrentschrift geschrieben.
Originelle alte Bücher
Doch nicht nur die Fundstücke in den Büchern sind faszinierend, auch manche Bücher selbst. "So haben wir zum Beispiel einmal ein Telefonbuch aus dem Jahr 1930 bekommen", erzählt Eva Ullreich, Obfrau des Vereines. "Oder jemand brachte ein handschriftliches Buch aus dem Jahr 1803. Es enthielt irgendwo abgeschriebene naturheilkundliche Rezepte, allerdings mit teilweise extremen Grauslichkeiten."
Für alle Branchen - besonders gefragt ist heimatnahe Literatur, Regionalkrimis oder Fantasy - gibt es im Verein Experten. Irene Schmid kommuniziert zum Beispiel gut mit Tieren und ist auch sonst esoterisch sehr bewandert. Während Quotenmann und Kassier John Stapleton auf seine "tragende Funktion" verweist, was beim Bücherflohmarkt heißt: Mit Büchern voll gefüllte Bananenschachteln schleppen.
Öffnungszeiten
Der Leobersdorfer Bücherflohmarkt hat jeden ersten Freitag und Samstag geöffnet und befindet sich in der Südbahnstraße 8. Über 30.000 Bücher warten fein sortiert auf neue Leser. Verkauft wird nach Gewicht - 2,70 Euro pro Kilo. An zwei Öffnungstagen wandert nicht selten eine Tonne Bücher über den Ladentisch - und der Erlös wird gespendet. "Es gibt uns seit eineinhalb Jahren, und in dieser Zeit haben wir schon über 50.000 Euro gespendet", berichtet Eva Ullreich. Der Verein achtet darauf, die Spendengelder gleichmäßig zu verteilen, an inländische und internationale Hilfsprojekte und karitative Organisationen. Eva Ullreich: "Wir haben zum Beispiel den Bau eines Brunnens in Afrika mitfinanziert oder einen Kinderfreunde-Urlaub für zwei syrische Flüchtlingskinder. Und wir sind auch zu Stelle, wenn akute Not ist, wie etwa im Ukraine-Krieg oder nach einem Erdbeben."
Und was, wenn ein Buch einmal zum "Ladenhüter" wird? "Da haben wir einen Partner, der unverkäufliche Bücher abholt und bei Flohmärkten noch einmal anbietet. Wenn das auch nicht hilft, bringt er sie in die Papierverwertung."
Aber fast jedes Buch findet seinen neuen Leser, Kindle und Internet hin oder her. "In Zeiten der Teuerung hat der Zuspruch noch einmal zugenommen. Und wir kennen auch Leute, die durch unseren Flohmarkt erst auf den Geschmack des Lesens gekommen sind."
Offen ist immer jeden ersten Freitag und Samstag im Monat.
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