Betreutes Wohnen: "Diktatur"-Vorwürfe in Kottingbrunn
Zoff im Gemeinderat: Opposition geschlossen gegen Umwidmung eines Grundstückes neben der Bahn. Hier soll ein Haus für Betreutes Wohnen errichtet werden. Im Gemeinderat war man mit der Wortwahl nicht zimperlich, sprach von Packelei, Umfallern und gar von Diktatur.
„I wü nua amoi seh'n, wia do packelt wird“. Mit bekannt deftigen Worten eröffnete Gemeinderat Helmuth Himmer (FPÖ) am 8. Jänner die Debatte im Kottingbrunner Ortsparlament. Es ging um die Umwidmung des Ex-Höllrigl-Golfplatzes an der Südbahn von Grünland-Sport auf Bauland-Kerngebiet. Auf dem Grund will die Firma Aura ein "Betreutes Wohnen" mit 29 Wohnungen errichten.
Seit gut zwei Jahren läuft die Opposition im Gemeinderat geschlossen Sturm gegen das Projekt – vor allem wegen der zu erwartenden Lärmbelastung durch die Bahn und wegen möglicher hoher Folgekosten für Gemeinde und zukünftige Mieter. Der Wortführer der Opposition, Gemeinderat Christian Macho (ÖVP), sprach sich für die Prüfung zweier weiterer Standorte (nahe Schlosspark oder neben Kindergarten I) aus. Die SPÖ-Gemeindeführung steht jedoch hinter dem Projekt, das die Gemeinde angeblich kaum etwas koste. Im dritten Anlauf wurde die Umwidmung durchgeboxt, Bürgermeister Kieslich (SP) musste sich - etwa von Helmuth Himmer (FPÖ) Diktatur-Vorwürfe anhören. "Wie in Nordkorea!", rief auch Wolfgang Machain (Pro Kottingbrunn). Der oppositionelle Ernst Riegler (ÖVP) enthielt sich der Stimme und begünstigte so die SPÖ/FPÖ-Koalition (wobei Teile der FPÖ zur Opposition wechselten). Vom Publikum erntete Riegler „Umfaller“-Rufe. Eine oppositionelle Gemeinderätin lag zudem krank im Spital. Alle Abstimmungen gingen also mit 13 zu 15 Stimmen (inklusive der Enthaltung) für die umstrittene Umwidmung aus.
Der Weg zum Bau des betreuten Wohnhauses ist geebnet, das Grundstück selbst zum Bauland aufgewertet. Da nutzte es auch nichts, dass Christian Macho die Gemeindeordnung zitierte. Derzufolge müssten „befangene Personen“ (Verwandte, Beschäftigte) bei Umwidmungsabstimmungen den Sitzungssaal verlassen. Ernst Riegler als Cousin von Grundstückseignerin Hermine Höllrigl wäre demnach „befangen“ gewesen, ebenso wie SPÖ-Gemeinderat Ernst Nemec, dessen Brötchengeber der Eigentümer der Firma Aura, Anton Bosch, ist. Hätten beide nicht mitgestimmt, wäre die Umwidmung nicht zustande gekommen. Im Raum steht nun eine Aufsichtsbeschwerde zur Prüfung, ob die Abstimmung rechtens war. Ob dieses Rechtsmittel auch bauaufschiebende Wirkung hat, ist noch fraglich.
Ebenfalls abgeschmettert wurde der Antrag von Michael Lackner (Grüne) auf Abhaltung einer Volksbefragung. Fazit eines von 50 Zuhörern am Ende: "Ein Kasperltheater!"
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