Feuerhölle in Mati: "Ich dachte, ich komm hier nicht lebend raus"
Umzingelt von Flammen und Meer. Ausweglosigkeit und Todesangst. Das durchlebte Verena Straßhofer im griechischen Ferienort Mati.
RANSHOFEN, MATI (höll). "Zuerst dachte ich, der Rauchgeruch und die Ascheflocken kämen vom Kamin neben meinem Fenster", erzählt Verena Straßhofer mit leiser Stimme. Ein Wetterumschwung war nach der anhaltenden brütenden Hitze in Griechenland angesagt. "Darum hab ich mir nicht viel gedacht, als gelblich-diesige Wolken aufzogen."
Waldbrand: "Es hieß Kofferpacken"
Die 20-jährige Ranshofnerin war seit einer Woche als Au pair im Ferienort Mati. Ihre Gastgeber, eine griechische Familie mit einem 4-jährigen Kind, hatte sie in ihr Ferienhaus eingeladen. "Kurz vor 17 Uhr kam meine Gastmutter in mein Zimmer und berichtete mir von dem Feuer. Ich solle einen Koffer packen für den Fall der Fälle", so die 20-Jährige.
Mati: Flucht vor den Flammen
"Angst hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine." Straßhofer hinterließ ihrer Mutter eine Nachricht und betonte, dass sie in Sicherheit sei und nun nach Athen fahren würden. "Drei Minuten später hieß es, wir müssen sofort weg. Wir seien bereits eingekreist von den Flammen und müssten sofort zum Hafen." Zusammen mit hunderten Flüchtenden kamen sie am kleinen Hafen Matis an.
Nasse Shirts als Schutz vor dem giftigen Rauch
"Das Feuer war nun direkt vor uns. Es gab kein Entkommen mehr. Hinter uns war nur das Meer. Ich hatte Todesangst." Um sich vor dem giftigen Rauch zu schützen wurden nasse T-Shirts vor Mund und Augen gehalten. "Wir haben unsere Haare nass gemacht, um uns zu schützen. Es gab ja keine Informationen, keine Rettungskräfte, keine Polizei, niemanden."
Keine Rettung in Sicht
Die 20-Jährige hat Tränen in den Augen als sie von den Menschen um sich herum berichtet, die entweder Panisch waren, weinten oder apathisch aufs Meer starrten. Sieben Stunden lang saß die Ranshofnerin mit ihrer Gastfamilie auf den Felsen vor dem Hafen und bangten um ihr Leben: "Immer wieder fuhren Boote vorbei, retteten aber die hilferufenden Menschen nicht – nicht einmal die kleinen Kinder. Ich fühlte mich so gefangen, ausweglos. Ich dachte, ich überlebe das hier nicht."
Todesangst im Flammenmeer von Mati
Als es dunkel wurde, wurde das ganze Ausmaß des Feuers erst sichtbar. "Immer wieder hörten wir Autos explodieren." Ein Panikanfall überkam die junge Österreicherin. "Ich versuchte sofort mich zu beruhigen. Ich wollte meine Kräfte sparen. Wir haben ständig damit gerechnet ins Meer gehen zu müssen, falls die Flammen noch näher kommen würden. Weinen bringt mich nicht weiter." Sie packte ihr Handy und ihre Pass in ein wasserdichtes Täschchen und hängte es sich um den Hals.
Rafina: Rettung nach sieben Stunden
Informationen kamen nur spärlich durch. Erst gegen ein Uhr nachts drehte der Wind: "Endlich kam die Polizei zu uns durch. Wir rannten zu einem Boot am anderen Ende des Hafens und wurden nach Rafina gebracht." Straßhofer und ihre Gastfamilie überlebten das Inferno ohne körperliche Schäden.
88 Menschen starben im Flammenmeer in Mati. Die Ranshofnerin hat die Geschehnisse noch nicht verarbeitet: "Ich träume davon. Es geht mir nicht gut."
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