Leerstände in der Innenstadt
"Die Brucker Kirchengasse stirbt aus"
Kaum Passantinnen und Passanten, Schließungen und leerstehende Geschäftsräumlichkeiten prägen die Kirchengasse in der Brucker Innenstadt. Diese Wünsche hat die Bevölkerung - diese Maßnahmen setzt die Stadt.
BRUCK/LEITHA. "Die Brucker Kirchengasse stirbt aus" hört man Bewohnerinnen und Bewohner sowie Unternehmerinnen und Unternehmer klagen. Wer durch die Straßen der Innenstadt schlendert, sieht geschlossene oder leerstehende Geschäfte und wenige Passantinnen und Passanten. Doch was könnte die Menschen wieder in die Innenstadt ziehen? Was wünschen sich die Bruckerinnen und Brucker?
Besseres Angebot erwünscht
Frau Hofer aus Bruck (Name von der Redaktion geändert) meint, dass sich das Shopping immer weiter in den Eco-Plus Park verlagert. Zu den Leerständen sagt sie: "
Es ist schade, denn Bruck ist eine schöne Stadt. Ich würde mir mehr Mode- und Lebensmittelgeschäfte wünschen. Zum Beispiel in der Kremser Innenstadt gibt es alle Geschäfte."
Ein Modegeschäft, das demnächst in Bruck räumt, ist "Palmers". Der österreichische Textilhersteller schließt nach über 40 Jahren in der Kirchengasse mit Ende Februar 2024 seine Türen. "Corona, eine höhere Miete, teurere Ware und weniger Frequenz bringen mich zum Schließen", so Shop-Inhaberin Christina Maria Benda.
Auch "Orientteppiche Zarif" wird es nur mehr ein bis zwei Jahre in der Kirchengasse geben, ehe auch dieses Geschäft schließt.
"Es gibt keine Nachfolger, niemand will das Geschäft übernehmen. Es gibt überall Parkplatzprobleme und wir sind durch die Teppich-Abholung und -Lieferung abhängig von Parkplätzen",
erklärt Inhaber Behrooz Zarif. "Viele Shops stehen seit langem leer und sind renovierungsbedürftig", so der Teppichverkäufer über die Kirchengasse.
Eine ältere Passantin aus Bruckneudorf wünscht sich mehr Lebensmittelgeschäfte in der Innenstadt: "Billa und Pennymarkt haben zugesperrt. Zu Fuß kann man viele Geschäfte nicht erreichen."
Maßnahmenpaket der Stadt
Um dem Leerstand entgegenzuwirken, hat die Stadtgemeinde Bruck drei wichtige Maßnahmen ins Leben gerufen, wie Finanzstadtrat Josef Newertal (SPÖ) erläutert:
1. Gestaltungsbeirat
Beim Gestaltungsbeirat können sich Eigentümerinnen und Eigentümer von Expertinnen und Experten (z.B. Architektenbüro oder Bauamt) beraten lassen. Umbauarbeiten der Räumlichkeiten werden von der Stadt gefördert.
2. Einzelhandelsbeirat
Beim Einzelhandelsbeirat können Unternehmerinnen und Unternehmer Förderungen für Investitionen (z.B. für neues Geschäftsinventar) bei der Stadt beantragen.
3. Grünraumgestaltung
Die Stadt setzt auf die Grünraumgestaltung durch den Bauhof und hat die Weihnachtsbeleuchtung erweitert, um ein attraktiveres Stadtbild im Advent zu erzeugen.
"Die persönlichen Beratungen beim Gestaltungs- und Einzelhandelsbeirat werden gut angenommen. Probleme sehen wir durch Änderungen im Handel bzw. im verstärkten Online-Handel",
erläutert Josef Newertal.
Bürgermeister Gerhard Weil (SPÖ) ergänzt: "
Ziel ist es, dass Eigentümerinnen und Eigentümer in die Häuser investieren – z.B. ein Umbau für Wohnungen, um den Wohnraum in der Innenstadt zu verdichten."
Er verweist jedoch darauf, dass viele Häuser in der Innenstadt unter Denkmalschutz stehen.
Wohlfühlen in der Innenstadt
Gemeinderat Roman Kral (Grüne) schlägt eine bessere Parkraumbewirtschaftung, eine geänderte Verkehrsführung und mehr Bäume am Hauptplatz vor, um das Stadtzentrum attraktiver zu gestalten. Zufahrtsmöglichkeiten zur Kirchengasse beim Liefern und Abholen und Parkmöglichkeiten in der Tiefgarage gebe es laut Kral genug. Er sehe den "Autofriedhof" am historischen Hauptplatz als kritisch.
"Zeitgemäße, funktionelle Sitzmöglichkeiten und mehr Spielgeräte - die 'soften Faktoren' - würden zum Wohlfühlen und Verweilen einladen. Man könnte sich z.B. ein Eis holen und in die Innenstadt setzen",
erläutert Kral und ergänzt:
"Das Motto 'Bruck, lebenswert von A bis Z muss mit Leben befüllt werden."
Als positives Beispiel für die Gestaltung der Stadt hebt er die neue Inszenierung der Stadtmauer bei der "Pechnase" hervor.
Immobilien-Eigentümer in FuZo aktiv
Stadtrat Ronald Altmann (ÖVP) bewirtschaftet mit seiner Gattin seit 16 Jahren Immobilien in der Innenstadt und ist der Meinung, dass sich die Rahmenbedingungen kontinuierlich verschlechtert haben. Dennoch sind die beiden stolz, immer wieder Mieterinnen und Mieter für die Gewerbeimmobilien zu gewinnen. Leerstand geben es hier kaum zum beklagen. Zur generellen Lage in der Innenstadt erläutert Altmann:
"Während viele Wohnungsnutzerinnen und -nutzer die Ruhe in der Fußgängerzone sehr schätzen, auch die geringe Entfernungen z.B. zum Bahnhof, zu Schulen, so zeigt, was Geschäfte betrifft, die Trendkurve schon viele Jahre nach unten. Auf der positiven Seite ist zu begrüßen, dass immer mehr Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und auch in der Kirchengasse Lokale anmieten, z.B. Musty's Gemüsekebap (2023), Noribox (seit kurzem), City Backshop, alle im Hauptplatz-nahen Bereich der FUZO."
Ronald Altmann meint, dass die Politik in die Fußgängerzone investieren müsste, damit sich junge Unternehmen, aber auch traditionelle Betriebe etwas leichter täten.
"Ich bin immer unterwegs und versuche die Geschäfte zu unterstützen, wo es geht. Es müsste sich wieder eine Gruppe Unternehmer finden, die sich zu einem Netzwerk zusammenschließt, nur so kann man beliebte Veranstaltungen wie 1001 Nacht wieder auf die Beine stellen. Die ÖVP veranstaltet übrigens auch heuer wieder den Kinderflohmarkt am Schulschlusswochenende", so Altmann.
Unterstützung der WKNÖ
Die Bezirksstelle Bruck der WKNÖ wirkt am Einzelhandelsprojekt „Innenstadt Bruck an der Leitha“ mit. Dieses fördert die Betriebsansiedlungen in der Innenstadt. Die neue Bezirksstellenobfrau Gabriele Pipal verweist auch auf die Aktion #ichkauflokal und betont die Wichtigkeit regionaler Betriebe. Durch den lokalen Einkauf werden Arbeitsplätze und die lokale Vielfalt gesichert. Zu den leeren Geschäften meint WKNÖ Bezirksstellenobfrau Gabriele Pipal:
"Jede Leerstehung, die potenziell zur Verfügung steht, schmerzt, da mangels eines entsprechenden Branchenmixes die Attraktivität des Standortes leidet. Gründe für das kurze Bestehen neu gegründeter Betriebe sind unter anderem das Flächenwachstum einzelner Branchen, Änderungen im Konsumverhalten wie etwa weg vom Kauf beim stationären Handel, hin zu vermehrtem Kauf im Online-Handel und nicht vorhandene Parkmöglichkeiten."
In Bezug auf die Kirchengasse hält Pipal fest, dass die leerstehenden Geschäftelokale nicht vermietet werden bzw. zum Teil auch nicht vermietbar sind. Dies beruht auf einer Vielzahl von Gründen wie z.B. die fehlende Trennung von privatem und Geschäftszugang, geänderte sozialrechtliche Vorschriften oder den Größen der Objekte.
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